DAS HAUS DER MONSTER. Danny King. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Danny King
Издательство: Bookwire
Серия: Das Haus der Monster
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958351844
Скачать книгу
Waffe und ich wollte, dass die jugendlichen Gehirne meiner Gäste gut auf das Programm, das ich ihnen darzubieten beabsichtigte, vorbereitet waren. Ich schob den Riegel zur Seite und leuchtete mit einer Taschenlampe ins Dunkel. Farny und Rotschopf hatten sich auf dem Fußboden aneinandergekauert und heulten sich die Augen aus. Sie hatten sozusagen die weiße Flagge gehisst und waren offensichtlich entschlossen, ihrem Schöpfer so wenig würdevoll wie möglich gegenüberzutreten (na gut, sie waren ja auch erst zwölf), während Tommy eine Maurerkelle umklammert hielt und sich schützend vor seinem kleinen Bruder aufbaute. Geblendet vom Licht der Taschenlampe drehten Farny und Rotschopf die Heul-Lautstärke auf. Tommy versuchte währenddessen, mit seiner Kelle Löcher in die Luft zu sensen.

      »Lass uns raus, du Pisser! Lass uns raus oder wir rufen die Bullen!«, drohte er.

      »Warum habt ihr das dann nicht schon getan?«, fragte ich. Die Antwort kannte ich natürlich längst. Ich hatte den Großteil meiner Bleivorräte im Zimmer direkt über dem Keller auf dem Fußboden angehäuft, was bedeutete, dass ihre Handys ungefähr die gleiche Chance auf ein Netz hatten wie mein Haus auf eine Fotostrecke in Schöner Wohnen.

      »Funktionieren die Handys etwa nicht, Jungs?«, kicherte ich.

      »Ich will nach Hause«, schniefte Barry, unfähig sich noch länger zu beherrschen.

      »Das kann ich mir vorstellen«, knurrte ich. »Nur leider bekommt man im Leben nicht immer, was man will.«

      Die Stufen vor mir hatten sich im 45-Grad-Winkel eingeklappt und die Kellertreppe dadurch in eine spiegelglatte Rutschbahn verwandelt. Ich hielt meine alte Automatikpistole in den Lichtkegel der Taschenlampe und dirigierte die Jungen vom Fuß der Treppe weg.

      »An die Wand. Los, Bewegung. Wenn ihr tut, was ich sage, lasse ich euch vielleicht lebend hier raus«, ermunterte ich sie.

      Die Jungs begaben sich zur hinteren Wand, wo ich sie dazu überredete, sich auf ein angeschlagenes, zerfetztes Sofa zu setzen, von dem ich schon vergessen hatte, dass es überhaupt existierte, bis ich das ganze verdammte Blei nach oben geschleppt hatte. Ich legte einen Hebel an der Wand am Kopf der Treppe um und die Stufen vor mir klackten zurück in eine benutzbare Treppenform. Vorsichtig stieg ich hinunter, den Lauf meiner Browning immer auf die Bande gerichtet. Auf dem Boden des Kellers angelangt, tastete ich nach dem Lichtschalter, der hinter einem Regal versteckt war. Eine 40-Watt-Glühbirne in der Ecke flammte auf. Den Lampenschirm für diese Birne bildete ein alter Schafsschädel. Als das Licht durch die Augenhöhlen und das grinsende Maul brach, stöhnten die vier Jungen kollektiv erschrocken auf, also wies ich sie an, still zu sein, sonst würde ich auch aus ihren Schädeln Lampenschirme machen.

      Ich zog ein umgedrehtes Ölfass ans Sofa heran und setzte mich darauf, bevor mein verfluchter Rücken mich noch umbrachte.

      »Na dann«, sagte ich. »Rausziehen!«

      Ihrem Gesichtsausdruck nach mussten sie wohl »ausziehen« verstanden haben, deswegen zeigte ich auf die linke Seite des Sofas, wo Tommy einen langen Ledergurt in der Ritze zwischen Sitzfläche und Lehne fand, dessen eines Ende am Holzrahmen des Möbels festgemacht war. Mit etwas Überzeugungsarbeit brachte ich ihn dazu, das andere Ende weiterzugeben, sodass Rotschopf, der rechts außen saß, den Gurt an einem Haken befestigen konnte, den ich unterhalb der Armlehne eingeschraubt hatte. Es war nicht gerade der Sicherheitsgurt von Hannibal Lecter, aber es würde sie davon abhalten, sich sofort auf mich zu stürzen, sollte ich mich mal kratzen müssen.

      »So, Jungs, dann fangen wir doch am besten mit euren Namen an, okay?«

      Tommy erklärte, von ihm würde ich gar nichts erfahren, was einerseits bewundernswert widerspenstig, andererseits ziemlich sinnlos war, wenn man bedachte, dass er eine Baseballkappe mit dem Schriftzug Tommy trug. Barry dagegen sang wie ein Vögelchen, ebenso Farny und Rotschopf, die sich als Ralph Farnsworth (von seinen Freunden Farny genannt) und Colin Dunlop (von Freund und Feind Ginger genannt) herausstellten.

      »Ich heiße John Coal«, erklärte ich ihnen, wobei ich die Waffe senkte und in meiner Jacke nach der Pfeife suchte. »Und das Haus, in das ihr eingebrochen seid, ist mein Eigentum.«

      »Sie lassen uns jetzt sofort gehen, sonst sag ich's meinem Vater«, drohte Tommy erneut.

      »Dann sag's ihm doch«, entgegnete ich. »Na los, geh und erzähl's ihm.«

      Tommy blieb einen Moment lang stumm, während die Hemmnisse, die der Verwirklichung dieser Drohung entgegenstanden, in seinem Kopf rotierten.

      »Wenn ich euch nicht gehen lasse, kannst du deinem Papa wohl schlecht irgendwas erzählen, oder?«, gab ich zu bedenken.

      Tommy antwortete nicht, stattdessen appellierte sein kleiner Bruder Barry, der den Ernst der Lage anscheinend besser einzuschätzen wusste, an mein Gewissen und bat um Gnade. So ist das mit Kindern; bis sie zehn Jahre alt sind, kann man ihnen mit Gartenschere und Heckentrimmer hinterherlaufen und sie glauben allen Ernstes, dass man ihnen die Beine abschneiden wird, wenn man sie erst gefangen hat. Aber sobald sie in dieses furchtbare Teenager-Alter kommen, entwickeln sie über Nacht ein Gespür für das englische Strafrecht. Tommy wusste in seinem Alter wahrscheinlich – oder glaubte, es wenigstens zu wissen – dass ich ihnen nicht wirklich etwas tun konnte, nicht in echt, jedenfalls nicht, ohne Strafverfolgung, Verurteilung und Gefängnis zu riskieren. Aber dieses Halbwissen ist gefährlich, denn ab und zu kommt es vor, dass so ein großspuriger junger Heißsporn auf einen unberechenbaren alten Sack trifft, der eben nicht nur labert. Und dann hat er seine letzte Geburtstagskerze ausgeblasen, da hilft ihm kein Strafgesetzbuch der Welt mehr. Jetzt war es an mir, meine Gäste zu überzeugen, dass ich genau dieser unberechenbare alte Sack war.

      »Tut mir leid, Jungs, nehmt es nicht persönlich, aber ich kann nun mal nicht dulden, dass irgendwelche kleinen Petzen in meinem Haus und Hof rumschleichen. Ich habe viel zu viele Leichen im Keller, und wenn ihr ihnen nicht Gesellschaft leisten wollt, dann solltet ihr mir besser aus dem Weg gehen, zu eurem eigenen Besten.«

      »Was für Leichen?«, fragte Farny, als ob ich ihm das nach dem ganzen Sermon auf die Nase binden würde.

      »Die dunkelsten Geheimnisse; Mord und Tod, Blut und Dämonen«, zischte ich, mir die sprichwörtliche Taschenlampe unters Kinn haltend. »Deswegen bin ich überhaupt in dieses erbärmliche Kaff gekommen: um all die Schrecken hinter mir zu lassen. Und deswegen lebe ich so zurückgezogen, nicht auf eigenen Wunsch, sondern um die Menschen um mich herum zu schützen. Denn wenn meine Geheimnisse jemals ans Licht kämen, würde es Tod und Verderben für diese ganze gottverlassene Gegend bedeuten.«

      »Sie labern doch nur«, sagte Tommy. »Mein Vater meint, Sie sind bloß ein alter Penner, der zufällig ein Haus hat. Und wenn ich nicht enden will wie Sie, soll ich endlich die Schule schmeißen und mit ihm auf den Bau gehen.«

      So sehr ich es schätzte, an Tommys elterlicher Karriereberatung teilhaben zu dürfen, merkte ich doch, dass meine Redekunst verschwendet war, sollte ich nicht mit ein paar stichhaltigen Einzelheiten aufwarten. Daher steckte ich meine Pfeife an, nahm einen tiefen Zug, vernebelte die abgestandene Kellerluft mit einer blaugrauen Wolke und bedachte die weitere Vorgehensweise.

      »Ist das so?«, überlegte ich dann laut. »Ich dachte immer, gerade Väter erzählen ihren Kindern allen möglichen Blödsinn. Mein eigener Vater war da keine Ausnahme, und ausgesprochen überzeugend. Natürlich ist er längst tot, er starb vor vielen Jahren. Aber als er noch lebte, hätte ich alles für ihn getan. Einfach alles. Oder wenigstens fast alles …

      

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской