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Umschlaggestaltung und Titelbild:
Nuilani – Design und Kommunikation,
Ralf Heller
Lektorat: Stefanie Reimann
ISBN 978-3-939362-10-4
3. Auflage, 2019
1
Anekdoten des Philipp von Mahlenburg
Bea war eine Frau, die genau wusste, was sie wollte. Ich lag neben ihr in ihrem Bett und beobachtete sie beim Schlafen. Ihr schulterlanges braunes Haar verteilte sich zerwuselt über das Kopfkissen und erinnerte mich an einen Wischmob. Bea gab viel Geld bei ihrer Friseuse aus, aber nach einer langen Liebesnacht war von den Bemühungen ihrer Haardesignerin keine Spur mehr zu erkennen. Sie würde gleich nach dem Erwachen viel Zeit im Bad verbringen und das wieder in Ordnung bringen. Ich beobachtete, wie Bea gleichmäßig atmete und zog sachte die Bettdecke ein wenig nach unten, bis ihre Brust entblößt zum Vorschein kam. In zwei Monaten würde sie fünfzig werden. Dafür hatte sie sich gut gehalten. Ich mochte ihre Brust, sie fühlte sich gut an. Bea verbrachte zwei bis drei Tage in der Woche einige Stunden im Fitnessstudio und kämpfte dort tapfer gegen die nicht klein zu kriegenden Speckpölsterchen im Hüftbereich an. Wenn sie sich im Studio auf dem Laufband ausgetobt hatte, war sie abends mit einer schnellen Nummer zufrieden und schlummerte dann friedlich ein. An den fitnessfreien Tagen tobte sie sich dann aber abends beim Matratzensport aus. Letzte Nacht war sie kaum zu bändigen. Es war bereits früher Vormittag und Bea schlief immer noch tief und fest und schien mir einen sehr befriedigten Eindruck zu machen. Ich zog ihr die Decke wieder über die Brust und stieg langsam aus dem Bett. Bea wälzte sich einmal um die eigene Achse, als ich mich ihrer Nähe entzog, und schlummerte dann leicht schnarchend weiter. Ich schlüpfte in den flauschigen weißen Bademantel mit dem Etikett von Joop, den Bea mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Das einzige Kleidungsstück, das bei ihr immer für mich parat lag. Ich betrachtete mich darin in dem großen Spiegel und kam zu dem Entschluss, dass der Bademantel in meiner Wohnung viel besser aufgehoben wäre. Vielleicht würde Bea mir ja noch einen Zweiten kaufen. Nach der letzten Liebesnacht hatte ich mir das redlich verdient. Ich verließ das Schlafzimmer und ging kurz ins Badezimmer. Dort urinierte ich im Stehen. Bea mochte das gar nicht und war in dieser Angelegenheit sehr pingelig. Umso größer war mein Vergnügen, als ich mit meinem Strahl eine verirrte Mücke durch die Kloschüssel jagte. Die Mücke konnte sich gegen meinen Strahl so wenig wehren wie Bea gegen meinen Charme und versank im Strudel der Spülung. Vergnügt ging ich auf leisen Sohlen die Treppe hinunter. In der Küche schenkte ich mir ein Glas mit kaltem Orangensaft ein und ging damit hinaus auf die Terrasse. Dort lagen noch meine Zigaretten und mein goldenes Feuerzeug, das Bea mir bei unserem letzten Einkaufsbummel geschenkt hatte. Ich setzte mich auf einen der wetterbeständigen Rattansessel und zündete mir eine Zigarette an. Die Sonnenstrahlen schimmerten auf der stillen Wasseroberfläche des Pools. Ich genoss den Tag und hoffte, dass Bea noch eine Zeitlang schlief. Zufrieden mit mir und der Welt lehnte ich mich entspannt zurück und lauschte dem Zwitschern der Vögel. Als ich im Hintergrund ein Geräusch hörte, seufzte ich innerlich. Ich nahm noch einen tiefen Zug an meiner Zigarette und machte mich auf das Erscheinen von Bea gefasst. Doch plötzlich stand eine wesentlich jüngere Frau vor mir. Nur mit einem Slip bekleidet kam sie auf die Terrasse und blieb vor mir stehen. Ihre festen runden Brüste sprangen mir förmlich ins Auge. Trotzdem versuchte ich, ihr in die Augen zu schauen, und fragte mich, wer da zu Besuch gekommen war.
»Hast du sie gut gefickt?«, fragte sie ohne Umschweife und setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl.
»Wer bist du denn?«, fragte ich und schenkte ihr mein freundlichstes Lächeln.
»Erst antworten, dann kannst du eigene Fragen stellen«, gab sie selbstbewusst zurück. Mir gefiel die Wendung, die der Tag plötzlich genommen hatte, ausgesprochen gut.
»Du bist aber sehr direkt«, stellte ich fest. »Woher kennst du Bea eigentlich?«
Die junge Frau griff zu meinen Zigaretten und steckte sich eine an. Mein Blick haftete jetzt doch wieder auf ihrem Busen. Ihre kleinen dunkelbraunen Knospen standen leicht aufrecht. Es schien sie nicht zu stören, dass ich mir ihre Brüste eingehend betrachtete. »Hast du sie jetzt gut gefickt oder nicht? Jedenfalls hat es sich so angehört. Das Gestöhne war ja im ganzen Haus zu hören.«
»Was machst du denn hier?«, hörte ich Bea hinter mir fragen.
»Ich rauche eine Zigarette«, antwortete die junge Frau und zwinkerte mir zu. Nun wurde mir die Situation doch etwas unangenehm. Bea konnte sehr eifersüchtig werden. Und wenn das der Fall war, war sie unerträglich.
»Zieh dir was über«, zischte Bea. »Musst du dich immer wie ein Flittchen benehmen?«
»Deinem Lover gefällt mein Anblick ganz gut«, sagte sie unverhohlen, stand dann auf, drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und verließ mit aufreizend wackelnden Hüften die Terrasse.
»Meine süße kleine Stieftochter Nadja«, seufzte Bea und setzte sich zu mir. Ich nickte verständnisvoll und fragte mich, ob Nadja auch im Bett so abgebrüht war.
Montag, 31. Mai 2010
Hauptkommissar Steffen Siebels saß bereits morgens um 7:00 Uhr in seinem Büro im Frankfurter Polizeipräsidium. Vor ihm stand eine dampfende Tasse Kaffee auf dem Schreibtisch, unter dem Tisch standen seine Schuhe. Seine Füße lagen auf dem Schreibtisch. In seinen Händen hielt er die Bild-Zeitung.
»Guten Morgen.«
Siebels schaute kurz auf. Charly Hofmeier stand im Türrahmen. Siebels nickte ihm kurz zu und vertiefte sich wieder in seine Lektüre.
»Störe ich?«, fragte Charly. Charly Hofmeier war der IT-Spezialist im Präsidium und auch sonst für alle möglichen Aufgaben zu gebrauchen.
»Schwarz Rot Lena«, las Siebels die Schlagzeile aus der Bild vor. »Alle lieben Lena und das ganze Land tanzt singend durch die Straßen.«
»Bist du jetzt etwa auch zum Lenastheniker mutiert?«
»Logisch. Das ist jetzt erste Bürgerpflicht.«
»Dann bist du aber bald arbeitslos. Menschen, die singend durch die Straßen tanzen, morden nicht.«
»Ein paar Außenseiter gibt es immer«, brummte Siebels und betrachtete missmutig sein Telefon, das gerade anfing zu klingeln. Behäbig nahm er die Füße vom Tisch, legte stattdessen die Zeitung darauf und griff zum Hörer. Während des Telefonats kritzelte er ein paar Stichworte auf seinen Notizblock und beendete das Gespräch dann, ohne dabei selbst viele Worte verloren zu haben. »Und schon hat so ein Außenseiter wieder zugeschlagen«, klagte Siebels und schlüpfte in seine Schuhe.
»Ein neuer Fall?«
»Tote Frau in einer Villa auf dem Lerchesberg. Fremdeinwirkung scheint sehr wahrscheinlich. Mehr weiß ich auch noch nicht. Möchte nur wissen, wo Till wieder bleibt.«
Till Krüger war der jüngere Kollege von Steffen Siebels. Just in dem Moment, als sein Name fiel, zwängte er sich an Charly vorbei ins Büro.
»Falsche Richtung«, sagte Charly. »Draußen wartet Arbeit auf euch.«
Till legte seinen Motorradhelm ab und schaute auf die Uhr. »Es ist noch nicht mal halb acht. Eigentlich wollte ich erst mal in die Kantine und