Mann und Weib. Уилки Коллинз. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Sie doch etwas mich zu ermuntern, ehe ich fortgehe«, bat er, »ein einziges Wort genügt.«

      Blanche schüttelte mit dem Kopf. Jetzt war sie seiner sicher und konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn zu quälen.

      »Ganz unmöglich«, rief sie, »wenn Sie noch mehr Aufmunterung haben wollen, müssen Sie mit meinem Onkel reden.«

      »Ich will mit ihm reden. Sagen Sie ja.«

      Blanche versuchte zum zweiten Mal, ihn hinauszuschieben.

      »Gehen Sie jetzt und geben Sie sich Mühe, den Ball durch die Ringe zu bringen.«

      Sie hatte beide Hände auf seine Schultern gelegt; ihre Wangen waren den seinigen ganz nahe, sie war unwiderstehlich. Arnold faßte sie um den Leib und küßte sie. – Jetzt war es nicht nöthig, ihn gewaltsam zu entfernen, damit er seinen Ball durch die Ringe bringe, er hatte ihn schon durchgebracht! Blanche stand sprachlos da. Arnold’s letzter Versuch in der Kunst, Liebeserklärungen zu machen, hatte ihr den Athem benommen und bevor sie sich noch wieder erholte, wurden herankommende Fußtritte deutlich vernehmbar. Arnold drückte sie noch einmal an sich und lief hinaus.

      Sie sank auf den nächsten Stuhl und schloß die Augen im Gefühl einer glückseligen Verwirrung – —

      Die Fußtritte kamen näher. Blanche öffnete die Augen und sah Anne Silvester Vor sich stehen und sie ansehen. Sie sprang auf und Anne um den Hals.

      »Du weißt nicht, was geschehen ist«, flüsterte sie; »wünsche mir Glück, er hat sich erklärt, er ist auf ewig mein.« – Alle schwesterliche Liebe und alles schwesterliche Vertrauen langer Jahre gaben sich in ihrer Umarmung und dem Ton ihrer Worte kund. Die Herzen der Mütter konnten sich jemals nicht näher gestanden haben, als es die Herzen der Töchter allem Anschein nach thaten, und doch, wenn Blanche in diesem Augenblick Anne angesehen hätte, würde es ihr nicht entgangen sein, daß Anne’s Gedanken sich mit etwas ganz Anderem als mit ihrer kleinen Liebesgeschichte beschäftigten.

      »Du weißt doch, von wem ich rede«, fuhr sie fort, nachdem sie einen Augenblick auf eine Antwort gewartet hatte.

      »Mr. Brinkworth?«

      »Natürlich, wer sollte es sonst sein!«

      »Und Du bist wirklich glücklich, mein Engel?«

      »Glücklich«, wiederholte Blanche »Im strengsten Vertrauen, ich könnte vor Freuden Purzelbäume schlagen! Ich liebe ihn, ich liebe ihn, ich liebe ihn!« rief sie, mit kindischer Freude die Worte wiederholend Sie wurden mit einem tiefen Seufzer erwidert. Blanche sah Anne scharf in’s Gesicht und fragte mit plötzlich veränderter Stimme: »Was hast Du?«

      »Nichts!«

      Blanche hatte aber zu gut beobachtet, um sich mit dieser Antwort abfertigen zu lassen.

      »Du hast allerdings etwas«, sagte sie, »fehlt Dir Geld«, fügte sie nach einer kurzen Ueberlegung hinzu, »Rechnungen zu bezahlen? Ich habe reichlich Geld, Anne, ich kann Dir leihen, was Du brauchst!«

      »Nein, liebes Kind.«

      Blanche war empfindlich Zum ersten Mal, so Lange sie denken konnte, war Anne etwas zurückhaltend gegen sie gewesen.

      »Ich sage Dir alle meine Geheimnisse, warum verbirgst Du mir etwas? Weißt Du wohl, daß Du nun schon seit einiger Zeit besorgt und unglücklich aussiehst? Vielleicht magst Du Mr. Brinkworth nicht leiden! —" Nein, Du magst ihn? Ist es denn meine Heirath? – Das wird es sein! Du denkst, wir müssen uns trennen? – als ob ich ohne Dich leben könnte! – Natürlich mußt Du, wenn ich mit Arnold verheirathet bin, bei uns leben, das versteht sich ja ganz von selbst, nicht wahr?«

      Anne trat plötzlich zurück und wies auf die Treppe hin: »Da kommt Jemand, sieh’ nur!«

      Die ankommende Person war Arnold.

      Blanche war an der Reihe zu spielen und er hatte sich erboten, sie zu holen.

      Blanche’s Aufmerksamkeit, die bei andern Gelegenheiten leicht abzulenken war, blieb dieses Mal fest an Anne haften. »Du bist ja gar nicht Du selbst? Und ich muß den Grund wissen«, sagte sie, »ich will bis heute Abend warten, dann mußt Du auf mein Zimmer kommen und mir erzählen, was Dich quält! Sieh doch nicht so aus, Du mußt es mir erzählen und da hast Du einen Kuß.«

      Sie ging mit Arnold und fand ihre ganze Munterkeit wieder, sobald sie ihn ansah.

      »Nun, haben Sie Ihren Ball durchgebracht?«

      »Ach! was kümmern mich die Bälle! Ich habe das Eis zwischen mir und Sir Patrick gebrochen.«

      »Was? Vor der ganzen Gesellschaft!

      »Natürlich! Ich habe mit ihm verabredet, ihn hier zu sprechen.«

      Lachend gingen sie die Treppe hinunter zu den Spielenden.

      Anne, die im Garten Pavillon allein blieb, ging langsam nach dem Hintergrunde desselben. An einem der Seitenwände hing ein Spiegel mit einem geschnitzten Holzrahmen Sie blieb stehen, sah hinein und schauderte bei dem Anblick ihres Spiegelbildes. »Ist der Augenblick gekommen«, sagte sie, »wo selbst Blanche in meinem Gesicht liest, was mit mir ist?« – Dann aber wandte sie sich plötzlich von dem Spiegel ab und rang mit einem Verzweiflungsschrei die Hände und lehnte den Kopf gegen die Wand.

      In diesem Augenblick erschien an der Schwelle der Thür eine männliche Gestalt. Es war Geoffrey Delamayn!

       Viertes Kapitel.

      Die Beiden

      Er trat einen Schritt vor und blieb dann stehen,

      Ganz in Gedanken versunken hörte Anne ihn nicht und rührte sich nicht.

      »Ich bin gekommen, weil Du darauf bestanden hast«, sagte er von ihrer Erscheinung betroffen, »aber bedenke wohl, daß wir hier nicht sicher sind.«

      Bei dem Klange seiner Stimme drehte sich Anne nach ihm um. Als sie langsam aus dem Hintergrunde des Garten-Pavillons herkam, trat in ihrem Gesicht eine plötzliche Veränderung des Ausdrucks hervor, welche eine sonst nicht bemerkbare Aehnlichkeit mit ihrer Mutter erkennen ließ. Wie die Mutter in vergangenen Tagen den Mann, der sie verleugnete, angeblickt hatte, so blickte jetzt die Tochter Geoffrey Delamayn an: mit derselben furchtbaren Ruhe und demselben furchtbaren Ausdruck der Verachtung!«

      »Nun«, begann er, »was hast Du mir zu sagen?«

      »Geoffrey Delamayn«, sagte sie, »Du gehörst zu den Großen dieser Welt, Du bist der Sohn eines Edelmannes, Du bist schön, Du bist beliebt in Deinen Clubs; Du hast Zutritt zu den besten Häusern in England, aber bist Du nicht bei alledem noch etwas Anderes? Bist Du nicht auch ein Feigling und ein Schurke dazu?«

      »Er fuhr zusammen, öffnete die Lippen um zu sprechen, hielt aber ein und machte einen nicht sehr glücklichen Versuch die Sache wegzulachen »Komm, komm«, erwiderte er, »bleibe ruhig!«

      Ihre bis jetzt zurückgehaltene Leidenschaft fing an hervorzubrechen »Ruhig bleiben soll ich?« wiederholte sie; »von allen Menschen bist Du wohl der letzte, der ein Recht hätte mich zur Selbstbeherrschung zu ermahnen. Wie schwach muß Dein Gedächtniß sein; hast Du die Zeit vergessen, wo ich thöricht genug war zu glauben, daß Du mich liebtest? Und war ich nicht wahnsinnig genug zu glauben, daß Du Dein Versprechen halten könntest?«

      Er wiederholte den Versuch über die Sache zu lachen.

      »Wahnsinnig ist nicht der richtige Ausdruck, Anne.«

      »Wenn ich an meine Verblendung zurückdenke, so kann ich sie mir nicht erklären, ich verstehe mich selbst nicht! Was konnte ich an Dir finden, das auf mich eine solche Anziehungskraft ausübte?« fragte sie im Tone geringschätziger Verwunderung.

      Sein unerschütterlicher Gleichmuth war selbst gegen diese Angriffe stichfest. Er steckte die Hände in die Tasche und sagte: »Ich weiß es wahrhaftig nicht!«

      Sie wandte sich von ihm weg; diese offene brutale Antwort hatte sie nicht beleidigt, aber diese Antwort drängte ihr das grausame Bewußtsein auf, daß sie Niemanden als sich selbst für die Lage zu tadeln habe, in der sie sich in diesem Augenblick befand. Sie wollte ihn nicht merken lassen, wie schwer dieses Bewußtsein