»Gewiß,« fügte die Andere bei, »es ist gegenwärtig viel von Dir die Rede, daß wir gern aus Deinem eigenen Munde hörten, wie es denn eigentlich um Dich steht, und Du läßt Dich im Dorfe seit acht Tagen nirgendwo mehr sehn. Du bist Sonntag nicht einmal zur Kirche gewesen.«
»O warum nicht gar, ich habe Cilia in der frühmesse gesehn,« sagte Elisabeth, »aber sie muß rasch nach Hause gegangen sein, denn ich sah mich auf dem Kirchhofe vergebens nach ihr um . . . Und nun laß einmal hören, Cilia, ist es wahr, daß Du Urban Coutermanns Braut bist.«
»Gewiß, gewiß,« bestätigte Cilia, »in fünf Wochen ist die Hochzeit.«
»So bald schon! Da habt sehr gewiß alle Hände voll zu thun, es ist doch keine Kleinigkeit, alles anzuschaffen, und einen neuen Hausstand tu gründen. Und dann der Hochzeitsstaat! Ich weiß noch, wie meine älteste Schwester heirathete, da stand auch unser ganzes Haus auf dem Kopf, zwei Monate lang, es war zum toll werden!«
»Wohin gehst Du eigentlich Cilia?« fragte Elisabeth.
»Nach Plattenstein, auf den Nomaderhof, wo ich bei meiner Base etwas zu thun habe,« war die Antwort.
»Das trifft sich herrlich! Wir müssen nach Kapellenbusch, um Garn zu holen zu einem Stück Leinen, das mein Vater weben will, das ist derselbe Weg und da können wir behaglich mit einander Plaudern,« sagte Clara. »Wie schön das Wetter heute ist, nicht wahr? Laß uns doch nicht so rasch gehn, man kommt ja außer Athem.«
»Hast Du denn auch schon an Dein Brautkleid gedacht, Cilia?« fragte Elisabeth; »es gibt jetzt wieder ganz neue Moden. Zu Hal habe ich am letzten Markttage eine Braut gesehn, die trug ein Unterkleid von schlichtem gelben Stoff und darauf ein langes, vorn offenes Ueberkleid, grün mit rothen Blümchen. Das Mieder war enganschließend, mit rundem Ausschnitt, die Ärmel kurz und mit faltiger Spitze besetzt, das Käppchen war klein und wenig verziert, aber um den Kopf lag ein Kranz von weißen Atlasschleifchen, der wie eine Krone aus weißen Blumen aussah. Dass Ganze war so schön, so prächtig, daß ich mich nicht satt daran sehen konnte.«
»Und nun erzähle uns was Du anziehen wirst, Cilia,« bat Clara, »es wird ja doch kein Geheimniß sein, nicht wahr? Uns darfst Du es jedenfalls sagen.«
»Das war eine wichtige Angelegenheit,« antwortete Cilia, »während der letzten fünf Tage ist in unserm Hause nicht wenig darüber verhandelt worden, aber Gott sei es gedankt, endlich habe ich doch den Sieg davon getragen. Denkt Euch nur, meine Mutter wollte mich in ein schweres, großblumiges Kleid stecken mit Falten auf dem Rücken, als hätte man einen Höcker, und langen Nonnenärmeln, dazu eine Flügelmütze aus dem vorigen Jahrhundert, ich hätte darin ausgesehen wie ein uraltes Mütterchen.«
Die Mädchen brachen in ein lustiges Lachen aus.
»Ja, ja, die alten Leute, sie können nicht leiden, daß Unsereins sich ein wenig hübsch macht,« scherzte Clara; »es fehlte Dir dann nichts mehr als eine große Schnupftabaksdose und allenfalls eine Krücke.«
»Ich weiß, wo der Hase im Pfeffer liegt,« sagte Elisabeth, »Mutter Roosen hält bekanntlich die Sachen zusammen und hat gewiß ihr eigenes Brautkleid noch einmal für ihr Töchterchen benutzen wollen.«
»Nein nein, das nicht,« fiel Cilia ein, »sie sagt im Gegentheil, daß sie keine Kosten scheue, es ist einfach Geschmackssache.«
»Und wie soll es denn nun werden?«
»Mein Anzug wird nach dem meiner Base zu Plattenstein angefertigt, die vor zwei Monaten den Bauer Dalings geheirathet hat; nur die Farben sind verschieden, ich habe noch helleres Grün und kleinere Blumen gewählt: Gestern haben wir zu Hal den Stoff gekauft und heute ist die Näherin bei uns, sie wird mit dein Zuschneiden und Einrichten beginnen, so bald ich mit dem Kleide der Base aus Plattenstein zurück bin. Ihr habt sie doch gesehn, als sie zur Kirche ging; war sie nicht hübsch, und hat man nicht allgemein rühmend von ihrem Hochzeitsstaat gesprochen?«
»Gewiß, gewiß,« bestätigten die Andern, »das Kleid ist zu Brüssel gemacht und hat eine Menge Geld gekostet.«
Der Weg wurde jetzt so schmal, daß die Mädchen einzeln gehn, und darum ihre Unterhaltung unterbrechen mußten.
»Also in fünf Wochen ist Deine Hochzeit? Und Du fürchtest nicht, daß sie verschoben werden könnte.« fragte Clara, als sie wieder nebeneinander gingen.
»Verschoben? Wie so?« fragte Cilia. »Unsere Eltern sind über Alles einig, welches Hinderniß sollte da entstehn?«
»Ja, das weiß ich nicht,« murmelte die Tochter des im Webers, »aber wenn man den Markus Corfs sprechen hört . . . «
»Was sagt er denn?« fragte Cilia.
»Er versichert Jeden, der es hören will, daß Urban Dich nun und nimmermehr haben soll und das; er Mittel und Wege wisse, Euch zu trennen; vorgestern bin ich noch selbst dabei gewesen.«
»Sinnlose Worte, leere Drohungen,« antwortete Cilia. »Unsere Eltern haben bereits einen schriftlichen Contract gemacht. Den Markus fürchten wir nicht, was will er auch machen? Mein Hochzeitstag ist festgesetzt, und nichts kann ihn hindern oder verzögern.«
»Schade ist es doch, dass Du Dich schon so früh dem Urban verlobt hattest und darum den Markus nicht lieb haben konntest;« bemerkte Clara.
»Lieb haben? Den Trunkenbold, der seine Mutter zu Tode quält?« rief Cilia lebhaft.
»Den gottlosen Flucher, den Raufbold, der vor nichts zurückscheut?« setzte Elisabeth hinzu. »Erst kürzlich bat er meinen Bruder geschlagen, als dieser Urban zu gefallen, Euren Knecht Blasius beschützen wollte. Er glaubt ungestraft Alles thun zu dürfen, weil der Amtmann sein Onkel ist.«
»Aber er hätte sich bessern können, denn seine Liebe zu Cilia ist so heiß, so tief, daß sie an Wahnsinn grenzt, ich weist das von der Magd seiner Mutter,« versicherte Clara. »Der Amtmann hatte seinem Neffen die besten Hoffnungen gemacht, der arme Junge versprach auch, ein anderer Mensch zu werden, und ich glaube er hatte Wort gehalten, denn schon jetzt trank er beinah gar nicht mehr, kam zeitig des Abends nach Haus und war gut und freundlich gegen seine Mutter. Seit er nun aber gehört hat, daß Du den Urban heirathen sollst, ist im Goldenen Apfel nichts mehr als Schmerz und Verzweiflung. Markus treibt sich ganze Tage und halbe Nächte in den Schenken herum; und kommt er einmal zu seiner Mutter, so macht er ihr das Leben zur Hölle: er flucht, schlägt um sich, wirft Alles in Stücke, was ihm in die Hand kommt . . . «
»Und ist betrunken von Morgens bis Abends, oder bis in die Nacht,« ergänzte Elisabeth.
»Es ist wirklich ein Jammer,« fuhr Clara fort, »der schmuckste Bursche aus dem Ort und dabei so reich! Herrlich und in Freuden könnte er leben und gebt nun unter um seiner Liebe willen.«
»Unsinn, er ist immer ein Trinker gewesen,« wandte Elisabeth ein.
»O nein, das ist er nicht,« widersprach Clara, »er trank wohl hin und wieder etwas zu viel, wie das dem Sohne aus einem Wirtshause ja leicht passiren kann, aber er war fleißig im Geschäft und seine Mutter konnte nicht über ihn klagen. Seit er aber ein Auge auf Cilia geworfen und erfahren hat, daß sie nichts von ihm wissen will, ist er außer Rand und Band, er weist nicht mehr, was er sagt oder thut. Einmal ruft er, daß er sich todt trinken, dann daß er Soldat werden will, dann wieder daß er ein Unglück anrichten will, ja gestern versicherte er seine Mutter, er würde am Galgen sterben. Mit einem Wort, der arme Schelm ist ganz von Sinnen und es wäre fast ein Glück zu nennen, wenn er ins Irrenhaus käme, denn Gott weiß, wie es sonst noch mit ihm enden mag. Niemand würde sich wundern, wenn man ihn eines schönen Tages todt aus dem Mühlenteich zöge.«
»Das lautet betrübt genug,« sagte Elisabeth, »aber was läßt sich daran ändern.«
»Jedenfalls ist es doch ein hartes Loos, so jung zu sterben oder den Verstand verlieren zu müssen,« fuhr Clara fort. »Wer eine solche Liebe im Herzen trägt ist nicht ganz verdorben und ich gestehe es frei, wenn Markus mich geliebt und meine Hand begehrt hätte, ich würde ihn nicht zurückgewiesen haben, in der Hoffnung, ihn noch retten und einen braven Mann