Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
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eingetreten war, und kam nach einem Augenblick mit dem verlangten Anzug zurück.

      Stille und nachdenkend fing nun der Cardinal an, sich den Ceremonien-Gewandes zu entledigen, das er angezogen hatte, um der Parlamentssitzung beizuwohnen und nahm die militärische Kasake, die er, durch seine früheren Feldzüge in Italien geübt, mit einer gewissen Leichtigkeit trug. Als er vollständig angekleidet war, sagte er: »Hole mir Herrn d’Artagnan.«

      Der Kammerdiener entfernte sich dießmal durch die mittlere Thüre, aber gleich schweigsam und stumm. Man hätte glauben sollen, es wäre ein Schatten.

      Als der Cardinal allein war, betrachtete er sich mit einer gewissen Zufriedenheit im Spiegel; er war noch jung, denn er zählte kaum sechsundvierzig Jahre; Mazarin war ein Mann von zierlicher Gestalt, wenn auch etwas unter der mittleren Größe, hatte eine lebhafte schöne Gesichtsfarbe, einen feurigen Blick, eine große, jedoch ziemlich proportionierte Nase, eine breite, majestätische Stirne, kastanienbraune, etwas krause Haare und einen sehr dunkeln Bart. Dann zog er sein Wehrgehänge an, beschaute seine schönen, sorgfältig gepflegten Hände, warf die zu der Uniform gehörigen Handschuhe von Dammhirschleder, die bereits genommen hatte, bei Seite und schlüpfte in einfache seidene Handschuhe.

      In diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre wieder.

      »Herr d’Artagnan,« sprach der Kammerdiener.

      Ein Offizier trat ein.

      Es war ein Mann von neununddreißig bis vierzig Jahren. von kleiner Gestalt, aber gut gebaut, mager,mit lebhaftem, geistreichem Blicke, der Bart schwarz und die Haare mit Grau vermischt, wie dieß immer geschieht, wenn man das Leben zu gut oder zu schlecht gefunden hat, und besonders wenn man sehr brünett ist.

      D’Artagnan machte vier Schritte in das Cabinet, er erkannte in demselben dasjenige, in welchem er einmal während der Zeit den Cardinals Richelieu gewesen war, und da er Niemand in diesem Cabinet erblickte, als einen Musketier von seiner Compagnie, so heftete er seine Augen auf diesen, und bei dem ersten Blicke-war er überzeugt, daß er den Cardinal vor sich hatte.

      Er blieb in einer ehrfurchtsvollen, aber würdigen Haltung stehen, wie es sich für einen Mann von einer gewissen Stellung geziemt, der oft in seinem Leben Gelegenheit gehabt hat, mit großen Herren zusammen zu sein.

      Der Cardinal schaute ihn prüfend mit seinen mehr feinen, als tiefen Augen an und sagte nach kurzem Stillschweigen.

      »Sie sind Herr d’Artagnan?«

      »Ja, Monseigneur.« antwortete der Offizier.

      Der Cardinal betrachtete noch einen Augenblick diesen so, gescheiten Kopf und das Gesicht, dessen übermäßige Beweglichkeit durch die Jahre und die Erfahrung gefesselt worden war; aber d’Artagnan ertrug die Prüfung als ein Mann, der einst die Forschung von Augen ausgehalten hatte, welche bedeutend durchdringer der gewesen waren, als die von Mazarin.

      »Mein Herr,« sagte der Cardinal, »Ihr werdet mit mir gehen, oder vielmehr, ich gehe mit Euch.«

      »Zu Euren Befehlen. Monseigneur,« antwortete d’Artagnan.

      »Ich will die Posten um das Palais Royal der selbst visitieren; glaubt Ihr, daß einige Gefahr dabei ist.«

      »Gefahr, Monseigneur?« fragte d’Artagnan, »und welche?«

      »Den Volk soll äußerst aufgeregt sein.«

      »Die Uniform der Musketiere des Königs ist sehr geachtet, Monseigneur, und wäre sie es nicht, so machte ich mich dennoch anheischig, zu vier hundert von diesen Lumpenkerlen in die Flucht zu schlagen.«

      »Ihr habt gesehen, was Comminges begegnet ist.«

      »Herr von Comminges ist bei den Garden und nicht bei den Musketieren.«

      »Womit ihr sagen wollt,« versetzte der Cardinal lächelnd, »die Musketiere seien bessere Soldaten als die Garden.«

      »Jeder liebt seine Uniform Monseigneur.«

      »Mich ausgenommen,« sprach Mazarin, »denn Ihr seht, daß ich die meinige abgelegt habe, um die Eurige anzuziehen.«

      »Pest, Monseigneur,« sagte d’Artagnan, »den ist Bescheidenheit. Ich meines Theils erkläre, wenn ich die Eurer Eminenz hätte, so würde ich mich damit begnügen.«

      »Ja, aber um diesen Abend auszugehen, wäre sie vielleicht nicht sehr sicher. Bernouin, meinen Hut.«

      Der Kammerdiener brachte einen breitkrämpigen Uniformhut; der Cardinal setzte ihn sehr unternehmend auf und wandte sich dann wieder zu d’Artagnan um.

      »Ihr habt gesattelte Pferde im Stalle, nicht wahr?«

      »Ja, Monseigneur.«

      »So gehen wir.«

      »Wie viel Leute befiehlt Monseigneur?«

      »Ihr sagtet, mit vier Mann würdet Ihr Euch anheischig machen; hundert solche Lumpenkerle in die Flucht zu schlagen, da wir zweihundert begegnen könnten, so nehmt acht.«

      »Wann beliebt Eurer Eminenz?«

      »Ich folge Euch sogleich; leuchte uns, Bernouin.«

      Der Kammerdiener ergriff eine Kerze; der Cardinal nahm einen kleinen Schlüssel von seinem Buerau, öffnete die Thüre einer verborgenen Treppe und befand sich in einem Augenblick im Hofe den Palais Royal.

       II

      Eine Nachtrunde

      Zehn Minuten nachher entfernte sich die kleine Truppe, durch die Rue des Bons-Enfans, hinter dem Schauspielhause, das der Cardinal Richelieu erbaute, um Miraime darin spielen zu lassen, und in welchem der Cardinal Mazarin, mehr ein Liebhaber der Musik als der Literatur, die ersten Opern aufführen ließ, welche in Frankreich zur Darstellung kamen.

      Der Anblick der Stadt bot alle Merkmale einer großen Aufregung; zahlreiche Gruppen durchliefen die Straßen und blieben, was auch d’Artagnan gesagt hatte, stille stehen, um die Militäre mit einer Miene drohenden Spottes vorüberziehen zu sehen, welche andeutete, daß die Bürger für den Augenblick ihre gewöhnliche Zahmheit gegen kriegerische Absichten vertauscht hatten. Von Zeit zu Zeit vernahm man einen Lärmen aus dem Quartiere der Hallen. Flintenschüsse knallten in der Richtung der Rue Saint-Denis und zuweilen fing plötzlich, ohne daß man wußte warum, von der Volkslaune in Bewegung gesetzt, eine Glocke an zu ertönen.

      D’Artagnan verfolgte feinen Weg mit der Sorglosigkeit eines Mannes, auf welchen dergleichen Lappereien keinen Eindruck machen. Hielt sich eine Gruppe mitten in der Straße, so spornte er sein Pferd gegen sie, ohne Achtung zu rufen, und als ob, Rebellen oder nicht Rebellen, diejenigen, welche dieselbe bildeten, wüßten, mit wem sie es zu thun hätten, öffneten sie sich und ließen die Patrouille durchziehen. Der Cardinal beneidete ihn um diese Ruhe, die er der Gewohnheit der Gefahr zuschrieb, aber er faßte darum nicht minder für den Offizier, unter dessen Befehle er sich für den Augenblick gestellt hatte, jene Achtung, welche selbst die Klugheit dem sorglosen Muthe zugesteht.

      Als man sich dem Posten der Barrière des Sergens näherte, rief die Wache: Wer da? D’Artagnan antwortete, und rückte, nachdem er den Cardinal um das Losungswort gefragt hatte, vor; das Losungswort war Louis um

      Nachdem die Zeichen der Erkennung ausgetauscht waren, fragte d’Artagnan, ob nicht Herr von Comminges den Posten befehligte. Die Wache zeigte ihm einen Offizier, der zu Fuß, die Hand auf den Hals des Pferdes seines Gegenredners gestützt, plauderte. Es war derjenige, nach welchem d’Artagnan fragte.

      »Dort ist Herr von Comminges,« sagte d’Artagnan, zu dem Cardinal zurückkehrend.

      Der Cardinal lenkte sein Pferd gegen ihn, während d’Artagnan aus Discretion zurückwicht eben aus der Art und Weise, wie der Offizier zu Fuß und der Offizier zu Pferde ihre Hüte abnahmen, ersah er, daß sie eine Eminenz erkannt hatten.

      »Bravo, Guitaut,« sprach der Cardinal zu dem Reiter. »ich sehe, daß Ihr trotz Eurer vierundsechzig Jahre immer noch derselbe seid, immer munter, immer rüstig; was sagtet Ihr zu diesem jungen Manne?«

      »Monseigneur, ich sagte ihm, daß der heutige Tag sehr einem von den Tagen der Ligue gleiche, die ich in meinen Jugendjahren