Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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nicht bemerkt hatte, die ich so eben gemacht, er richtete keine Ermahnung an mich und begnügte sich damit, meiner Mutter zu sagen:

      – Hurtig! Frau, es handelt sich darum, sich mit dieser Reise zu beschäftigen.

      Wir hatten indessen drei Tage vor uns und nur zwölf Meilen zurückzulegen.

      Aber das Ereigniß war so unerwartet, der Zweck so herrlich, daß während dieser drei Tage in dem Hause von nichts Anderem mehr die Rede war.

      Die ganze Toilette meines Vaters wurde durchgesehen. Man machte ein Packet aus seinem schönen Fracke und aus seinen schönen kurzen Hosen von schwarzem Sammet; man hütete sich wohl, seine seidenen Strümpfe und seine Atlasweste zu vergessen; man putzte die silbernen Schnallen seiner Schuhe, bis daß sie wie Spiegel glänzten, und meine Mutter, welche sich für die Ehre ihres Gatten opferte, machte ihm einen Busenstreif und Manschetten aus einem herrlichen Kragen von englischen Spitzen, den sie von ihrer Mutter, und den ihre Mutter von ihrer Großmutter geerbt hatte.

      Was mich anbetrifft, so wurde ich ganz neu in ein Costüm gekleidet, das aus einem kastanienbraunen Rocke gemacht war, den mein Vater erst drei Jahre getragen hatte; – eine Verschwendung, die noch nicht vorgekommen war, und die keine nachfolgenden in meinem Leben wie in dem seinigen haben sollte.

      Zehn Personen des Dorfes, und sogar der benachbarten Stadt hatten meinem Vater ihren Wagen für diese große Reise angeboten; ein Augenblick der Eitelkeit machte, daß mein Vater nahe daran war, die Kutsche von dem Gutsherrn des Ortes anzunehmen, gegen dessen Stolz er zuweilen auf eine freilich versteckte, aber dennoch so klare Weise gepredigt hatte, daß Niemand, nicht einmal er sich darüber hatte täuschen können; aber sei es nun, daß er durch den Gedanken zurückgehalten wurde, daß das Anerbieten keinen anderen Zweck hätte, als ihn selbst in diesen dem Menschen um so verzeihlicheren Fehler verfallen zu lassen, da der schönste der Engel ihn begangen hatte, oder daß er von selbst in sich ging, mein Vater schlug das Anerbieten des Gutsherrn aus, und nahm das seines Pächters an. Am Morgen des wichtigen Tages fanden wir daher die bescheidene Carriole vor der Thür, die uns von Beeston nach Southwell fahren sollte.

      Ich werde mich dieser Reise immer erinnern, mein lieber Petrus; wenn ich nach diesem, von dem großen Gesetzgeber den Hebräern gelobten Lande aufgebrochen wäre, so wäre ich nicht vergnügter und stolzer gewesen.

      Das kam daher, weil auch die ganze Natur, – und zum ersten Male achtete ich auf sie, da ich sie so glänzend geschmückt sah, – weil auch die ganze Natur gleichfalls vergnügt und stolz schien; wie wir, hatte sie ihr Festtagskleid angelegt: das grüne Gewand des Mai-Monats und seine wohlriechende Blumenkrone. Man sah auf der ganzen Länge des Weges nur vom Winde geschüttelte Zweige mit jungem Laube, nur Schlüsselblumen und Veilchen, die den Boden schmückten, und fliegende und singende kleine Vögel, die sich nur ausruhten um Gott zu preisen, der ihnen erlaubte, mit dem Menschen, seinem erstgebornen Sohne, diese Welt zu theilen, welche mit jedem Jahre so schön, so frisch, so duftig wieder aufersteht, daß der Mensch, da er die Welt nicht alt werden sieht, nicht bemerkt, daß er alt wird.

      In der Carriole neben meinem Vater sitzend, den ich nicht anzureden wagte, und der, obgleich weit freundlicher als gewöhnlich, mir kein Wort sagte, wohnte ich glücklich, aber still, diesem Feste der Natur bei, indem ich auf dem Grunde meines Geistes den Keim aller der Ideen sich regen fühlte, die ihn seitdem beschäftigt haben, und den diese Maisonne zu erwecken und zum Leben zu rufen schien, wie sie es mit dem grünen Grase, den weißen Gänseblümchen und den himmelblauen Veilchen machte.

      Der Vergleich war um so richtiger, als ich glaubte, in meinen Augen eine Thräne rollen zu fühlen, wie ich in dem Kelche der Blumen einen Thautropfen zittern sah.

      In jedem Dorfe hielt die Carriole vor der Thür des Pastors; mein Vater stieg aus, ließ mich aussteigen, und indem er vielleicht geräuschvoller bei seinem Amtsbruder eintrat, als es unserem bescheidenen Stande geziemt, sagte er:

      – Mein lieber Freund, wünschen Sie mir Glück. . .

      – Und wozu? fragte der Amtsbruder. Sendet Ihnen Gott eine Bischofsmütze, oder ist Ihre Frau zum zweiten Male schwanger?

      – Mein Freund, ich werde mit dem großen Pope, dem ersten Dichter Englands, der Welt und selbst des Jahrhunderts zu Mittag essen!

      Dann erhob der, an de n er sich wandte, die Arme gen Himmel, indem er sagte:

      – Mein Freund. Sie sind ein glücklicher Mann!

      Und die Frauen sagten zu ihren Kindern, indem sie ihnen meinen Vater zeigten:

      – Meine Tochter, – oder, – mein Sohn, blicke den Pastor Bemrode an, er wird heute mit dem ersten Dichter des Jahrhunderts, der Welt, Englands, mit dem großen Pope zu Mittag essen!

      Und nun entstand um meinen Vater herum ein Gemurmel neidischer Bewunderung, in welchem er zu wachsen schien, wie der Priester in Mitte einer Weihrauchwolke zu wachsen scheint.

      Und wir stiegen wieder in die Carriole, und die immer schönere, immer lachendere, immer in dem Maße, als die Sonne am Horizonte aufging, an Wohlgerüchen verschwenderische Natur schien dem Reisenden gleichfalls ihren Tribut an Glückwünschen darzubringen.

      Eine Meile weiter hin hielt der Wagen von Neuem; mein Vater stieg nochmals aus, und derselbe Auftritt erneuerte sich.

      Die Folge davon war, daß wir wegen dieser hochmüthigen Stationen, welche sich vielleicht der Feind des Menschengeschlechts in seinen Feuerregistern anmerkte, erst um zwei Uhr Nachmittags bei dem Vetter meines Vaters ankamen, obgleich wir um fünf Uhr Morgens von Beeston aufgebrochen waren, und obgleich uns der Pächter sein bestes Pferd gegeben hatte.

      Glücklicher Weise war der große Pope noch nicht da.

      Aber gerade deshalb, weil er ein wenig auf sich warten ließ, war Alles bei dem Vetter durcheinander. Dieser Vetter, von dem ich wie von einem einfachen Manne, der keine Umstände macht, hatte sprechen hören, war ganz von Stolz aufgebläht; weiß gepudert wie ein Februar-Morgen, warf er den Kopf zurück, schob den Fuß vor, hustete, spie aus, und nahm von fünf Minuten zu fünf Minuten mit großem Geräusche und großem Gepränge aus einer Tabaksdose von sächsischem Porzellan eine Prise Tabak, von welcher drei Viertel auf seinen gestärkten, und gleich einem Hahnenkamm oder einer Fischgräte steifen Busenstreifen in Cascaden zurückfiel.

      Der Stolz, der sich seiner ganzen Person bemächtigt hatte, verrieth sich in seiner Stimme, wie in seinem Blickt und in seinen Geberden; er sprach langsam und gravitätisch.

      – Hierher, sagte er, indem er um den Tisch herumging, werde ich den großen Pope, den berühmten Verfasser der Dunciade, des Versuches über den Menschen und so vieler anderer erhabener Werke hinsetzen. Zu sein« Rechten werde ich mich setzen; zu seiner Linken werde ich meine Frau setzen; ihm gegenüber meinen Vetter Bemrode, und zur Rechten und zur Linken meines Vetters Bemrode die ehrenwerthen Decane von Newark und von Chesterfield. Wie Sie sehen, meine Herren, ist der Tisch rund, fügte er hinzu, indem er sich an seine Gäste wandte, wodurch, obgleich wir zu vierundzwanzig bei Tische sein sollen, der große Pope von Jedermann wird gesehen und gehört werden können.

      Hierauf kehrte man in den Salon zurück, wo zwei schöne, weiß gekleidete junge Mädchen von sechszehn bis siebzehn Jahren Kränze von mit Rosen untermischten Lorbeeren flochten, die zu verstehen geben sollten, daß es dem großen Pope gleicher Weise in der lyrischen Poesie, wie mit den leichten Gedichten gelungen wäre.

      Bei jedem Geräusche, welches aus dem Vorzimmer erschallte, entstand eine Revolution in dem Salon, Jedermann stand auf, indem er mit einer mit Unruhe gemischten Neugierde seinen Nachbar fragte:

      – Ist es der große Pope?

      Was mich anbetrifft, so war meine Bangigkeit so groß, daß ich die Hausflur nicht verließ, und daß ich, die Augen auf die Thür geheftet, indem ich Alles, selbst meinen kastanienbraunen Rock über den Mann vergaß, dem zu Ehren er gemacht worden war, aufmerksam auf die geringste Bewegung auf der Straße, auf die leichteste Erschütterung der Thür, mit jedem Augenblicke ausrief:

      – Mein Vetter, man schellt! – Oder: – Mein Vetter, man klopft!

      Und indem ich das rief, klopfte mein Herz mehr, als es noch für die wichtigsten Dinge meines kindlichen