Elim. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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glauben wir die Aufmerksamkeit des Lesers lenken zu müssen.

      Der Tag sing an sich zu neigen, der Wind wurde wieder stärker und ging allmälig in Sturm über; aber man hatte umfassende Vorkehrungen getroffen und erwartete die Nacht ohne große Besorgniß.

      Bei Sonnenuntergang erschien am Horizont ein Schiff, welches mit aufgespannten Segeln auf die Flotte zufuhr. Durch den beginnenden Sturm getrieben, schien es schneller als dieser fahren zu wollen. Man erkannte es bald für ein englisches Kriegsschiff. Die rothe Flagge schimmerte wie ein Blitz mitten unter den Wolken. Alle Augen waren auf den Engländer gerichtet.

      »Wir wollen doch sehen,« sagte Elim, »wie unser Gentleman in diesem schönen Wetter den Anker werfen wird.«

      »Er ist wahrhaftig toll,« sagte ein junger Schiffslieutenant, »er fährt mit vollen Segeln in die Linie. Sieh nur, seine Maste biegen sich wie Rohr, man glaubt sie hier krachen zu hören. Der Capitän muß Dämonen statt der Matrosen unter seinem Befehl haben.«

      Das Admiralschiff zog die Signalflagge auf; aber das Fahrzeug schien nicht darauf zu achten, oder es wurde durch eine unwiderstehliche Gewalt fortgetrieben.

      »Es antwortet nicht!« riefen mehre Stimmen erstaunt.

      »Es fährt gerade auf die Felsen zu,« sagte Elim.

      Auf dem Admiralschiffe wurden drei Flaggen zugleich aufgezogen.

      »Nummer hundertdreiundvierzig!« rief ein Matrose.

      Der Schiffslieutenant schlug das Signalbuch auf.

      »Das von der offenen See kommende Schiff,« sagte er, »muß in die Linie rücken und links den Anker werfen.«

      »Hat es geantwortet?« fragte der Lieutenant.

      »Es scheint nicht einmal zu merken, daß das Signal ihm gilt,« sagte der Matrose.

      Ungewißheit, Besorgniß und Erstaunen zeigten sich auf allen Gesichtern.

      Dasselbe Signal wurde wiederholt und als Verweis ein Kanonenschuß dazu abgefeuert.

      Das ankommende Schiff nahm gar keine Notiz davon und segelte immer auf die Klippen zu.

      Vergebens verdoppelte der Admiral seine Signale, das Schiff segelte immer mit der gleichen Schnelligkeit.

      Alle Seeleute sahen das Schiff mit Schrecken an, es fuhr offenbar seinem Verderben entgegen.

      »Es versteht unsere Signale nicht,« rief der Lieutenant; »es kommt nicht von England, sondern aus dem Ocean. Aber es sollte doch die auf allen Karten angezeigten Felsen sehen.«

      »Es hat nur eine Secunde zum Wenden,« sagte Elim, »sonst ist es verloren.«

      Es war ein entscheidender Moment. Der junge Offizier stieg auf die Verschanzung und hielt sich nur mit einer Hand; mit der andern schwenkte er seine Mütze und rief, als ob man es auf dem Schiffe hören könnte:

      »Das Steuer zum Backbord!«

      Das Schiss war schon so nahe, daß man die Mannschaft auf dem Verdeck sehen konnte. Man versuchte das Focksegel einzuziehen; aber als die Matrosen mit diesem Manöver beschäftigt waren, hörte man ein furchtbares Krachen, der Mast brach.

      »Es hat kein Steuer!« rief der Lieutenant, »es ist l verloren!«

      Der alte Seemann wandte sich ab.

      Er hatte Recht. Das dem Untergange geweihte Schiff schien seinem sichern Verderben entgegenzueilen. Durch den Wind getrieben, durch die Strömung fortgerissen, flog es pfeilschnell auf die Felsen zu.

      Man sah die Verzweiflung des Schiffsvolkes. Es war kein Commando, keine Ordnung, keine Mannszucht mehr am Bord. Die Matrosen liefen hin und her, streckten die Hände gegen die andern Schiffe aus und baten instinktmäßig um Hilfe, die ihnen nicht mehr geleistet werden konnte.

      Ihre letzte Stunde schlug. Mit Blitzesschnelle, mit der Gewalt und dem Krachen des Donners wurde das Schiff gegen den Felsen geschleudert. Man sah, wie es mitten in der schäumenden Brandung in Stücke zerbrach. Die Segel zerstreuten sich; eines derselben flog wie ein Adler durch die vom Sturm bewegte Luft – eine gewaltige Welle hob die Trümmer noch einmal empor und warf sie dann wieder auf die Felsen.

      »Es ist aus,« sagte Elim, wieder auf das Verdeck springend.

      Auf der Stelle, wo noch vor wenigen Minuten das Schiff zu sehen war, thürmten sich nur noch Wogen auf, schäumte nur noch die Brandung.

      »Ein Signal!« rief der Matrose. »Nummer hundert sieben! Eilet den Schiffbrüchigen zu Hilfe!«

      »Ein menschenfreundlicher Befehl,« sagte der Lieutenant Nicolai Alexiewitsch, »aber leichter zu geben als zu vollziehen.«

      In diesem Augenblicke erschienen drei Männer, die allein von der Schiffsmannschaft übrig geblieben waren, mitten in den schäumenden Wogen. Sie hielten sich alle drei an einem Brett.

      Elim faßte den alten Seemann beim Arm.

      »Sehen Sie?« fragte er hastig. »Sehen Sie die Unglücklichen?«

      »Endlich sehe ich sie,« antwortete Nicolai Alexiewitsch; »aber was kann ich thun?«

      »Sie halten es also für unmöglich, ihnen beizustehen?« fragte Elim.

      »Ja, ich halte es für unmöglich,« antwortete der Schiffslieutenant.

      »Und ich,« erwiederte Elim, »ich würde es für eine Schmach halten, wenn ein Russe einen von einem Engländer gegebenen Befehl als unausführbar betrachtete. – Capitän,« setzte er, sich zu dem Commandanten des »Wladimir« wendend, hinzu, »erlauben Sie mir eine Schaluppe auszusetzen.«

      »Ich kann Sie nicht hindern, Elim, eine Pflicht zu erfüllen,« sagte der Capitän traurig; »aber Sie gehen zwecklos Ihrem Untergange entgegen, die Rettung der Schiffbrüchigen wird Ihnen nicht gelingen.«

      »Capitän, ich habe keine Mutter und keine Frau, die meinen Tod beweinen würden, und mein Vater ist ein alter Soldat, der mit Freude erfahren wird, daß sein Sohn in der Erfüllung seiner Pflicht das Leben gelassen.«

      »Aber Sie haben nicht Zeit, das große Boot auszusetzen und die Schaluppen halten in dem Sturme nicht aus.«

      »Ich werde, wenn es sein muß, in einer Badewanne hinüberfahren; ich finde, daß es leichter ist, selbst zu sterben, als Andere sterben zu sehen.«

      »Heda! die Möwe ausgesetzt!« rief er, »und fünf entschlossene Leute!«

      Es meldeten sich dreißig. Elim wählte fünf und sprang in seine Schaluppe, die wegen ihres schlanken Baues und ihrer Schnelligkeit den Namen eines Vogels erhalten hatte. Einer der fünf Matrosen setzte sich an das Steuer, die andern ergriffen die Ruder, Elim nahm vorn in der Schaluppe Platz.

      »Glückliche Reise!« riefen ihm die Cameraden nach.

      Die Taue, welche die Schaluppe hielten, wurden gekappt, und das leichte Fahrzeug verschwand mitten in der schäumenden Brandung, als wäre es von den Wellen verschlungen worden.

       II

      Der Schiffbruch

      Die Schaluppe tauchte zwanzig Schritte von dem Kriegsschiffe, welches sie ausgesetzt hatte, wieder auf.

      Das Wasser stand drei Zoll hoch in der Barke. Zwei Matrosen fuhren fort zu rudern; Elim und zwei andere schöpften das Wasser mit ihren Hüten aus.

      Dann legten die vier Ruderer wieder eifrig Hand ans Werk. Unterdessen setzte Elim den Mast ein und hißte das kleine Segel auf.

      Als er diese Arbeit beendet hatte und sich umsah, war die Flotte schon weit entfernt.

      Er sah sich nun nach den Schiffbrüchigen um.

      Das Brett, an welchem sich die drei Unglücklichen festhielten, sank jeden Augenblick unter; sie hatten kaum Zeit zu athmen, wenn sie wieder auftauchten, denn sie verschwanden immer schnell wieder.

      »Herr Lieutenant,« sagte der Matrose am Steuer, »ich glaube, es sind nur noch Zwei.«

      Elim schlug ein Kreuz, wie die Russen bei dem Abscheiden einer Seele von der Erde zu thun pflegen.

      »Dann