Elim. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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      Elim Abenteuer eines russischen Seeofficiers

       I

      Der Sturm

      Zu der Zeit als das Heer Napoleon’s gegen Moskau vorrückte, blockirte die vereinigte russisch-brittische Flotte unter dem Befehl des englischen Admirale die im Hafen von Vliessingen eingeschlossene französische Flotte.

      In der ungünstigsten Jahreszeit, auf einem allen Winden offenen Meere, in unermeßlichen Tiefen ihre Anker werfend, hatten die vereinigten Flotten den doppelten Kampf mit den Elementen und mit dem Feinde zu bestehen. Hinter sich hatten sie den Oecan mit den brausenden Wogen, vor sich die Feuer und Eisen speienden Batterien.

      Im October waren die Stürme furchtbar und anhaltend. Um sich einen Begriff von den Drangsalen einer in solchem Wetter vor Anker liegenden Flotte zu machen, muß man einen Sturm auf offener See erlebt haben. Das Kriegsschiff bleibt dann unbeweglich, aber es erbebt an allen Gliedern, wie ein gefesselter Riese, der vor den gegen ihn andringenden gewaltigen Wellen nicht zu fliehen vermag.

      Der Orkan, der in der Nacht vom 16. zum 17. October wüthete, vernichtete mehre Schiffe an den Küsten Hollands und Englands. Die ganze Nacht hindurch hörte man mitten in der Finsternis und mitten in dem tobenden Sturm von Zeit zu Zeit Nothschüsse, welche der Schöpfung zuriefen: Wir sind verloren! Es waren die letzten Lebenszeichen, welche ihren Wiederhall im Grabe finden.

      In der Morgendämmerung eines trüben Tages, der jener Schreckensnacht folgte, sah man die furchtbare Lage der Flotte. Die Linie war durchbrochen, die Taue waren zerrissen, die Maste zertrümmert. Einige von ihren Ankern losgerissene Schiffe waren, dem noch immer tobenden Sturm preisgegeben, die sich wie Berge aufthürmenden Wellen schienen sie verschlingen zu wollen. Selbst die Seeleute gaben alle Hoffnung auf.

      Das russische Linienschiff »Wladimir« war an mehren Stellen leck geworden. Es war das letzte am linken Flügel der Linie und lag sehr nahe an den Felsen, die sich beinahe eine halbe Seemeile parallel mit der Küste ins Meer erstrecken. Die Matrosen arbeiteten mit allen Kräften theils an den Pumpen, theils am Takelwerk: sie wußten wohl, daß ihr Leben von der Kraft ihrer Arme abhing; aber alle Arbeit wäre fruchtlos, der Untergang der gesamten Mannschaft unvermeidlich gewesen, wenn sich nicht bald nach Sonnenaufgang der Sturm gelegt hätte. Die Hoffnung der Rettung wurde bald zur Gewißheit. Jeder Matrose erhielt ein Glas Branntwein, die Ordnung wurde am Bord wieder hergestellt und die Hälfte der Mannschaft konnte sich ausruhen.

      Es war vier Uhr Nachmittags. Der Lieutenant, dem es ebenfalls vergönnt war zurasten, begab sich auf das Verdeck und sagte, seine Mütze lüftend, zu dem auf- und abgehenden Capitän:

      »Ich habe Alles in Ordnung gebracht. Der Wind bläst Nordostwest. Wir liegen mit einhunderteinundsiebzig Faden Kabel in einer Tiefe von achtundsiebzig Faden vor Anker.«

      »Aber der untere Schiffsraum? Wie sieht’s da aus, Nicolai Alexiewitsch ?« fragte der Capitän.

      »Alles geht gut, wir haben das Wasser ausgepumpt. Haben Sie noch etwas zu befehlen?«

      »Nein, Nicolai, Sie haben ja für Alles gesorgt. Empfangen Sie meinen Dank und geben Sie der Mannschaft für die Arbeit dieser Nacht meine Zufriedenheit zu erkennen. Ohne diese übermenschliche Arbeit würden wir jetzt wie ein Fetzen an einem Felsen hängen.«

      Der Lieutenant war ein alter »Seebär«. Sein Gesicht war von der Sonne aller Klimate gebrannt; die Mütze trug er nachlässig auf einem Ohr und seine rechte Schulter war, vermuthlich ebenfalls aus Nachlässigkeit, auffallend höher geworden als die linke. Seinen vom Regen durchweichten Mantel hatte er noch nicht abgelegt. In der Hand hielt er sein Sprachrohr.

      Er lächelte über die Worte des Capitäns.

      »Es ist nicht der Rede werth,« sagte er. »Als wir mit dem »Wladimir« im adriatischen Meere waren, ging’s noch heißer her. Es ist noch ein Glück.« setzte Nikolai Alexiewitsch hinzu, »daß es im brittischen Canal keine Wasserhosen gibt, obschon es sehr merkwürdig ist, sie entstehen und verschwinden zu sehen.«

      »Ja wirklich, das muß sehr merkwürdig sein,« antwortete Elim Belosor, ein schöner junger Mann von vier- bis fünfundzwanzig Jahren, der die goldene Achselschnur trug; denn er war Adjutant des russischen Admirals, hatte aber für die Dauer des Krieges auf einem Linienschiff Dienste genommen. »Eure Wasserhosen in der Ostsee sind den mit Punsch gefüllten Gläsern gewiß gefährlicher als den Schiffen.«

      »Allerdings, Freundchen,« erwiederte der alte Seemann. »Das Wasser ist für die Fische und Krebse, die Milch für die Kinder und Lungensüchtigen, der Wein für die jungen Leute und die hübschen Weiber, der Madeira für die Männer und Soldaten geschaffen; aber Rum und Schnaps ist das natürliche Getränk der Helden.«

      »Wenn das ist,« antwortete der junge Adjutant lächelnd, »so bin ich nicht für die Unsterblichkeit bestimmt. Es ist mir unmöglich, einer Rumflasche gerade ins Gesicht zu sehen, ich habe einen unüberwindlichen Widerwillen gegen das abscheuliche Getränk.«

      »Auf mich, lieber Elim, macht es gerade den entgegengesetzten Eindruck: mein Herz pocht ungestüm, sobald es einer Rumflasche nahe kommt. Wenn Du dreißig Jahre auf dem Gebiete des alten Neptun umhergesegelt bist und Dir den Wind hast um die Nase wehen lassen, so wirst Du einsehen, das; ein gutes Glas Grog besser ist als alle Mäntel der Welt, als alle Fuchs- und Zobelpelze. Beim zweiten Glase wird Dir ein Liebt im Kopfe aufgehen, beim dritten wirst Du einen Vogel in deinem Herzen singen hören. Dann wirst Du Dich über die Schiffswand lehnen und die Wellen so ruhig vorüber ziehen sehen, als ob’s Schafheerden wären, und die Maste mögen immerhin über deinem Kopfe ächzen und krachen, Du wirst Dich nicht so viel darum kümmern.«

      Der alte Seemann schlug ein Schnippchen.

      »Und trotzdem,« entgegnete der Adjutant, »hätten wir in der vorigen Nacht zuweilen deine Wangen erbleichen sehen, wenn’s nicht so dunkel gewesen wäre.«

      »Der Teufel soll mich holen, wenn ein wahres Wort daran ist,« betheuerte Nicolai Alexiewitsch. »Der Sturm ist mein Element. Gott gebe uns oft solche Nächte! Der Dienst wird dann nicht vernachlässigt, wie in ruhigen Zeiten. Wenn der Wind weht, haben Hände und Geist vollauf zu thun und ich fühle mich erhoben, denn es scheint mir, als ob ich den Befehl über die ganze Natur führte.«

      »Ich danke für eine solche Sturmnacht, Lieutenant,« sagte der junge Offizier: »ich bin bis auf die Haut naß geworden, ich war hungrig wie ein Seehund und mußte mich ohne Nachtessen niederlegen, und um das Maß meiner Leiden voll zu machen, bin ich zweimal aus dem Bett gefallen.«

      »Du bist ja ein wahres Zuckerpüppchen, lieber Elim,« sagte der alte Seemann. »Du möchtest wohl, daß dein Schiff in Rosenwasser segelte, daß der Wind nur geschaffen wäre, um deine Segel zu säuseln und daß die Schiffslieutenants nur mit Damen tanzen.«

      »Scherzen Sie so viel Sie wollen, Nicolai Alexiewitsch. Ich gestehe, daß ich mich gern bei einer schönen Lady in Plymouth wärmen oder nach einem guten Mittagessen ein Schläfchen machen möchte. Die Musik in der Pariser Oper würde mir angenehmer sein, als das Heulen des Windes, wobei man überdies noch die angenehme Aussicht hat, mit den Haifischen aus einer Tasse zu trinken.«

      »Ich behaupte, daß zu Lande mehr Gefahren sind, als zur See. Zu Lande ist man beständig in Gefahr, Börse und Herz zu verlieren. Als Du mich zum Beispiel in Stephen’s Haus führtest, Du weißt doch noch? Ich wußte nicht, wie ich zwischen den Sophas und Sesseln, mit denen der Salon angefüllt war, hindurchsegeln sollte. Ich hätte lieber in einer stockfinstern Nacht am Steuer gesessen und das Schiff durch den Devilspaß geführt. Und diese verwünschte Miß Jane! Sie sah mich so scharf an, daß ich im Begriff war den Anker zu lichten und fünfzehn Knoten in der Stunde zu fahren, um mich von ihr zu entfernen. – Aber Du hörst mir nicht zu.«

      Elim war wirklich ganz zerstreut; er hatte sich an eine Kanone gelehnt und seine Augen waren auf die holländische Küste gerichtet. Das ferne Gestade schien ihm ein Paradies. Dort gab es brave Leute, geistreiche Männer, schöne Mädchen; dort schlugen Herzen, die sich nach Liebe sehnten und der Liebe werth waren. Ein quälender Gedanke für einen jungen Mann von fünfundzwanzig Jahren, der in einem schwimmenden Kloster sitzt und noch nicht voraussieht, wann der Augenblick der Erlösung kommen wird. Die Worte seines alten Cameraden weckten die nur leise schlummernde Sehnsucht in seiner Brust und er warf so zärtliche Blicke nach Holland hinüber, als ob er dort einen Schatz vergraben hätte. Die