Kendrick erinnerte sich daran, wie es ihnen in Silesia ergangen war und wie man sie behandelt hatte und sein Gesicht wurde rot vor Rachelust.
„ANGRIFF!“ schrie Kendrick.
Er riss sein Schwert hoch und hinter ihm erhoben sich die neu gestärkten Schreie von tausenden von Kriegern.
Kendrick gab seinem Pferd die Sporen, und sie ritten den Hügel hinab in Richtung Lucia. Beide Armeen bereiteten sich auf den Zusammenstoß vor, und obwohl sie zahlenmäßig in etwa gleich groß waren, so wusste Kendrick, dass sie im Herzen alles andere als gleich waren. Dieses Überbleibsel von Andronicus Armee waren Invasoren auf dem Rückzug, wohingegen Kendrick und seine Männer bereit waren, ihre Heimat mit ihrem Leben zu verteidigen.
Ihr Kampfgeschrei schallte bis in den Himmel als in Richtung der Tore von Lucia stürmten. Sie kamen so schnell, dass sich die mehreren Dutzend Empire Krieger, die Wache standen, verwirrt ansahen – sie hatten ganz klar nicht mit einem Angriff gerechnet. Sie fuhren herum, rannten durch die Tore ins Innere und kurbelten wie wild, um die Fallgitter zu senken.
Doch sie waren nicht schnell genug. Mehrere von Kendricks Bogenschützen ritten voran und trafen mit tödlicher Genauigkeit ihre Ziele durch die Gelenke der Rüstungen. Kendrick selbst warf genauso wie Reece an seiner Seite einen Speer. Kendrick traf sein Ziel – einen großen Mann, der mit seinem Bogen zielte – und war beeindruckt zu sehen, dass auch Reece scheinbar mühelos einem feindlichen Krieger das Herz durchbohrte.
Das Tor blieb offen und Kendricks Männer zögerten nicht. Mit lautem Schlachtgeschrei stürmten sie ohne zu zögern hindurch ins Herz der Stadt und scheuten nicht vor Konfrontationen zurück. Als Kendrick und seine Männer zu Pferde auf die Krieger des Empire stießen, erhob sich lautes Klirren von Schwertern, Äxten, Speeren und Hellebarden die im Kampf aufeinandertrafen.
Kendrick riss seinen Schild hoch um einen Schlag abzuwehren und schwang gleichzeitig sein Schwert um zwei Angreifer zu töten. Ohne zu zögern fuhr er herum und wehrte einen weiteren Schlag ab und rammte einem Empire Krieger sein Schwert in den Bauch. Kendrick dachte nur noch an Rache: er dachte an Gwendolyn, seine Leute, alle Menschen im Ring, die hatten leiden müssen. Reece neben ihm schwang seine Keule und traf einen Gegner derart am Kopf, dass er ihn vom Pferd schlug; dann hob er seinen Schild und wehrte einen Schlag von der Seite ab. Er fuhr herum und schaltete den Angreifer mit seiner Keule aus. Elden neben ihm brachte seine Kriegsaxt auf einen weiteren Angreifer herunter, der Reece ins Visier genommen hatte, und durchtrennte sauber dessen Schild und Rüstung. O’Connor feuerte mit tödlicher Präzision einige Pfeile ab während sich Conven furchtlos ins Getümmel stürzte. Er stürmte allen anderen voran mitten unter die Männer des Empire, als wollte er sterben. Doch er starb nicht. Stattdessen schaltete er um sich herum einen feindlichen Krieger nach dem anderen aus.
Indra folgte nicht weit hinter ihm. Sie war furchtlos – furchtloser als die meisten der Männer. Sie nutzte ihren Dolch geschickt und wand sich mit tödlicher Präzision durch die Linien der Krieger des Empire. Sie dachte dabei an ihre Heimat und wie sehr ihr eigenes Volk unter der Unterdrückung des Empire litt.
Ein feindlicher Krieger ließ seine Axt in Richtung von Kendricks Kopf herunterfahren bevor er ausweichen konnte, doch sein Freund Atme hielt den Schlag mit seinem Schild auf und rammte in derselben Bewegung dem Angreifer seinen Speer in den Bauch. Wieder einmal schuldete ihm Kendrick sein Leben.
Als ein weiterer Empire Krieger mit Pfeil und Bogen auf Atme zielte sprang Kendrick vor und schlug ihm mit seinem Schwert den Bogen aus den Händen sodass der Pfeil ziellos über Atmes Kopf hinweg taumelte. Dann schlug Kendrick ihm mit dem Knauf seines Schwertes auf die Nase und warf ihn damit vom Pferd, wodurch er von den nachfolgenden Pferden zu Tode getrampelt wurde. Damit hatte Kendrick seine Schuld beglichen.
Und so ging der Kampf weiter, jeder der beiden Armeen landete einen Angriff nach dem anderen, Männer fielen auf beiden Seiten – doch mehr auf Seiten des Empires, denn Kendricks Männer, erzwangen sich voller Rachedurst ihren Weg in die Stadt und ihr Schwung schwappte durch die Stadt wie eine Flutwelle. Die Männer des Empire waren starke Krieger, doch sie waren daran gewöhnt anzugreifen, und waren auf ihre Rolle als Verteidiger unvorbereitet gewesen; Bald konnten sie sich nicht mehr organisieren und die Welle von Kendricks Männern aufhalten. Sie wurden zurückgedrängt und unzählige von ihnen starben.
Nach beinahe einer Stunde intensivem Kämpfens traten die Männer des Empire den Rückzug an. Jemand auf ihrer Seite blies in ein Horn, und einer nach dem anderen begannen die verbliebenen Männer sich umzudrehen und aus der Stadt zu fliehen.
Mit noch lauterem Geschrei folgten ihnen Kendrick und seine Männer und jagten sie durch ganz Lucia hindurch aus den Toren hinaus.
Wer vom Bataillon des Empire noch übrig war – und es waren noch immer hunderte von Männern – ritt in einem wenig organisierten Chaos um sein Leben in Richtung Horizont.
Lauter Jubel brandete von den befreiten Gefangenen in Lucia auf. Kendricks Männer zerschnitten ihre Fesseln und befreiten sie und die Männer zögerten nicht, den gefallenen feindlichen Kriegern die Waffen abzunehmen, auf ihre Pferde zu springen und sich Kendricks Männern anzuschließen.
Kendricks Armee wuchs zu fast doppelter Größe an und die Männer jagten den feindlichen Kriegern über die Hügel hinterher. O’Connor und die anderen Bogenschützen trafen hier und da den ein oder anderen auf der Flucht.
Die Jagd ging weiter und Kendrick fragte sich, wohin sie flohen, bis er uns seinen Männer auf die Spitze eines besonders hohen Hügels kamen und von dort die größte der Städte des MacGil Reiches östlich von Silesia sahen – Vinesia – eingebettet zwischen zwei Berge, schmiegte sich die Stadt in ein malerisches Tal. Es war eine bedeutende Stadt, wesentlich grösser als Lucia mit dicken Steinmauer und verstärkten Eisentoren. Hierhin flüchteten also die verbliebenen Männer des Empire Bataillons – denn die Stadt wurde von zehntausenden von Andronicus Männern beschützt.
Kendrick stand mit seinen Männern auf dem Hügel und nahm die Situation in sich auf. Vinesia war eine große Stadt und sie waren weit in der Unterzahl. Er wusste, dass es töricht gewesen wäre, es zu versuchen, dass es am sichersten war, nach Silesia zurückzukehren und dankbar für den heutigen Sieg zu sein.
Doch Kendrick war nicht in der Stimmung für die sichere Wahl – genauso wenig wie seine Männer. Sie wollten Blut. Sie wollten Rache. Und an einem Tag wie heute war es nicht mehr wichtig, ob sie in der Unterzahl waren oder nicht. Es war an der Zeit, dem Empire zu zeigen, woraus die MacGils geschmiedet waren.
„ANGRIFF!“ schrie Kendrick.
Lautes Geschrei brandete auf und tausende von Männern stürmten voran und stürzten sich tollkühn den Hügel hinunter auf die Stadt zu, bereit alles für Ehre und Tapferkeit zu riskieren und ihr Leben dafür zu geben.
KAPITEL VIER
Gareth hustete und keuchte während er über die öde Landschaft stolperte, seine Lippen waren aufgesprungen vom Durst und seine Augen lagen tief in den Höhlen mit dunklen Ringen darunter. Die letzten Tage waren furchtbar gewesen, und er hatte mehr als einmal geglaubt, sterben zu müssen.
Gareth war haarscharf Andronicus Männern in Silesia entkommen, indem er sich in einem Geheimgang versteckt gehalten und abgewartet hatte. Er hatte wie eine Ratte zusammengerollt in der Dunkelheit auf seine Gelegenheit zur Flucht gewartet. Er hatte das Gefühl gehabt, Tage in dem Loch verbracht zu haben. Er hatte alles mitangesehen, hatte mit Unglauben gesehen, wie Thor auf dem Rücken dieses Drachen angekommen war und all die Männer des Empire getötet hatte. In der allgemeinen Verwirrung und dem Chaos das daraufhin ausgebrochen war, hatte Gareth seine Gelegenheit zur Flucht genutzt. Er war aus einem der Nebentore von Silesia geschlichen als niemand hingesehen hatte und hatte die Straße gen Süden entlang des Canyons genommen,