Три товарища / Drei Kameraden. Эрих Мария Ремарк. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Эрих Мария Ремарк
Издательство: АСТ
Серия: Легко читаем по-немецки
Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 2018
isbn: 978-5-17-108503-2
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alter Ford.

      »Der Cadillac?« Überrascht sah sie mich an. »Gehört der Ihnen?«

      »Heute abend, ja. Sonst gehört er unserer Werkstatt.«

      Ich öffnete die Tür. »Wollen wir zuerst in die ›Traube‹ fahren und essen? Was meinen Sie dazu?«

      »Essen schon, aber wozu gerade in der ›Traube‹?«

      »Dann müssen Sie schon etwas vorschlagen«, sagte ich. »Die Lokale, die ich nämlich sonst noch kenne, sind etwas handfest. Ich glaube, das ist nichts für Sie.«

      »Gut.« Ich warf entschlossen mein ganzes Programm um. »Dann gehen wir zu Alfons.«

      »Alfons klingt schon sehr gut«, erwiderte sie.«

      »Alfons ist ein Bierwirt«, sagte ich, »ein guter Freund von Lenz.«

      Sie lachte. »Lenz hat wohl überall Freunde?«

      Ich nickte. »Er findet sie auch leicht.«

      Wir fuhren los.

      Alfons war ein schwerer, ruhiger Mann. Kleine Augen. Arme wie ein Gorilla. Er warf jeden, der ihm in seiner Kneipe nicht paßte, selbst‚ raus. Für sehr schwierige Gäste hatte er einen Hammer unter der Theke bereit. Das Lokal lag praktisch; dicht beim Krankenhaus. Alfons sparte so die Transportkosten.

      »Bier?« fragte er.

      »Korn und was zu essen«, sagte ich.

      »Und die Dame?« fragte Alfons.

      »Die Dame will auch einen Korn«, sagte Patrice Hollmann.

      »Heftig, heftig«, meinte Alfons. »Es gibt Schweinerippchen mit Sauerkraut.Also zwei Portionen?« Sie nickte. »Schön! Werde mal selbst aussuchen.«

      Er ging in die Küche. »Ich nehme meine Zweifel wegen des Lokals zurück«, sagte ich. »Sie haben Alfons im Sturm erobert.«

      Alfons kam zurück. Der Korn kam. Drei Gläser. Eins für Alfons mit.

      »Na, denn Prost«, sagte er. »Auf daß unsere Kinder reiche Eltern kriegen.«

      Wir kippten die Gläser.

      »Schmeckt Ihnen der Korn?« fragte ich.

      Sie schüttelte sich. »Etwas kräftig. Aber ich kann mich doch vor Alfons nicht blamieren.«

      Patrice Hollmann aß bedeutend mehr, als ich ihr zugetraut hatte. Ich fand es großartig. Sie trank auch ohne Ziererei noch einen zweiten Korn mit Alfons. Der zwinkerte mir heimlich zu, er fände die Sache richtig. Und Alfons war ein Kenner. Nicht gerade in bezug auf Schönheit und Kultur – wohl aber in bezug auf Kern und Gehalt.

      »Wenn Sie Glück haben, lernen Sie Alfons in seiner menschlichen Schwäche kennen« Ich zeigte auf einen Tisch neben der Theke. »Da…«

      »Was? Das Grammophon?«

      »Nicht das Grammophon. Chorgesang! Alfons hat eine Schwäche für Chorgesang. Alles, was da an Platten liegt, sind Chöre. Da sehen Sie, er kommt.«

      »Geschmeckt?« fragte Alfons.

      »Wie bei Muttern«, erwiderte ich.

      »Die Dame auch?«

      »Die besten Schweinerippchen meines Lebens«, erklärte die Dame.

      Alfons nickte befriedigt. »Spiele euch jetzt mal meine neue Platte vor. Werdet staunen.«

      Er ging zum Grammophon. Es sang »Schweigen im Walde«. Es war ein verflucht lautes Schweigen. Vom ersten Takt an wurde alles im Lokal still. Alfons Gesicht veränderte sich unter der Macht der Musik. Es wurde träumerisch – so träumerisch, wie eben ein Gorilla werden kann. Die Platte lief aus. Alfons kam heran.

      »Wunderbar«, sagte ich.

      »Besonders der erste Tenor«, ergänzte Patrice Hollmann.

      »Richtig«, meinte Alfons und wurde zum erstenmal lebhafter, »Sie verstehen was davon! Der erste Tenor ist ganz große Klasse.«

      Wir verabschiedeten uns von ihm.

      »Grüßt Gottfried«, sagte er.

      Wir standen auf der Straße. Patrice Hollmann schauerte ein wenig.

      »Ist Ihnen kalt?« fragte ich.

      Sie zog die Schultern hoch und steckte die Hände in die Ärmel ihrer Pelzjacke.

      »Nur einen Augenblick. Es war drinnen ziemlich warm.«

      »Sie sind zu leicht angezogen«, sagte ich. »Es ist abends noch kalt.« Sie schüttelte den Kopf.

      »Ich trage nicht gern schwere Sachen. Und ich möchte, daß es endlich einmal warm wird. Ich mag keine Kälte. Wenigstens nicht in der Stadt.«

      »Im Cadillac ist es warm«, sagte ich. »Zur Vorsicht habe ich auch eine Decke mitgebracht.«

      Ich half ihr in den Wagen und legte ihr die Decke über die Knie. Sie zog sie höher hinauf.

      »Herrlich! So ist es wunderbar. Kälte macht traurig.«

      »Nicht nur Kälte.« Ich setzte mich ans Steuer. »Wollen wir jetzt etwas spazierenfahren?«

      Sie nickte. »Gern.«

      »Wohin?«

      »Einfach so langsam durch die Straßen.«

      »Gut.«

      Wir fuhren langsam durch die Stadt. Das Mädchen saß schweigend neben mir; Helligkeit und Schatten glitten durch das Fenster über ihr Gesicht. Ich sah manchmal zu ihr hinüber; sie erinnerte mich jetzt wieder an den Abend, wo ich sie zum erstenmal gesehen hatte..

      Wir kamen in die ruhigen Straßen der Vororte. Der Wind wurde stärker. Ich hielt den Wagen an. Patrice Hollmann machte eine Bewegung, als erwache sie.

      »Schön ist das«, sagte sie nach einer Weile.

      »Wenn ich einen Wagen hätte, würde ich jeden Abend so langsam herumfahren. Man ist wach und träumt zur selben Zeit.«

      Ich zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und riß das Päckchen auf.

      »Es sind amerikanische Zigaretten. Mögen Sie die?«

      »Ja. Lieber als andere sogar.«

      Ich gab ihr Feuer. Ich hatte plötzlich den verrückten Gedanken, als gehörten wir seit langem zusammen.

      »Wollen Sie jetzt etwas fahren?« fragte ich.

      »Ich möchte schon; aber ich kann es nicht.«

      »Wirklich nicht? Kommen Sie.«

      Ich stieg aus, um sie ans Steuer zu lassen. Sie wurde aufgeregt.

      »Aber ich kann wirklich nicht fahren.«

      »Doch«, erwiderte ich. »Sie können es. Sie wissen es nur noch nicht.«

      Ich zeigte ihr, wie man schaltet und kuppelt. Sie hielt das Steuerrad fest und sah angespannt über die Straße.

      »Mein Gott, wir fahren ja viel zu schnell!«

      Ich blickte auf den Tachometer. »Sie fahren jetzt genau fünfundzwanzig Kilometer. Das sind in Wirklichkeit zwanzig.«

      »Mir kommt‘s vor wie achtzig.«

      Nach ein paar Minuten war die erste Angst überwunden. Wir fuhren eine breite, gerade Straße hinunter. Ich bekam Übergewicht, weil wir plötzlich Lehrer und Schüler geworden waren, und das nutzte ich aus.

      »Achtung«, sagte ich, »drüben steht ein Polizist!«

      »Soll ich anhalten?«

      »Dazu ist es jetzt zu spät.«

      »Und was passiert, wenn er mich erwischt? Ich habe doch keinen Führerschein.«

      »Dann kommen wir beide ins Gefängnis.«

      »Um Gottes willen!« Sie suchte erschreckt mit dem Fuß die Bremse.

      »Gas!« rief ich. »Gas! Wir müssen stolz und schnell vorbei. Das beste Mittel gegen das Gesetz ist Frechheit.«

      Der