Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Friedrich von Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich von Schiller
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Драматургия
Год издания: 0
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(nimmt die Maske ab). Fiesco findet seine Freunde geschwinder in ihren Masken, als sie ihn in der seinigen.

      Fiesco. Ich verstehe das nicht. Aber was soll der Trauerflor an deinem Arm? Sollte Verrina Jemand begraben haben und Fiesco nichts darum wissen?

      Verrina. Trauerpost taugt nicht für Fiescos lustige Feste.

      Fiesco. Doch, wenn ein Freund ihn auffordert. (Drückt seine Hand mit Wärme.) Freund meiner Seele! wer ist uns Beiden gestorben?

      Verrina. Beiden! Beiden! O allzuwahr! – Aber nicht alle Söhne trauern um ihre Mutter.

      Fiesco. Deine Mutter ist lange vermodert.

      Verrina (bedeutend). Ich besinne mich, daß Fiesco mich Bruder nannte, weil ich der Sohn seines Vaterlands war.

      Fiesco (scherzhaft). Ah! ist es das? Also auf einen Spaß war es abgezielt? Trauerkleider um Genua! und es ist wahr, Genua liegt wirklich in letzten Zügen. Der Gedanke ist einzig und neu. Unser Vetter fängt an, ein witziger Kopf zu werden!

      Calcagno. Er hat es ernsthaft gesagt, Fiesco!

      Fiesco. Freilich! freilich! Das war's eben. So trocken weg und so weinerlich. Der Spaß verliert Alles, wenn der Spaßmacher selber lacht. Mit einer wahren Leichenbittersmiene! Hätt' ich's je gedacht, daß der finstre Verrina in seinen alten Tagen noch ein so lustiger Vogel würde!

      Sacco. Verrina, komm! Er ist nimmermehr unser.

      Fiesco. Aber lustig weg, Landsmann. Laß uns aussehen wie listige Erben, die heulend hinter der Bahre gehen und desto lauter ins Schnupftuch lachen. Doch dürften wir dafür eine harte Stiefmutter kriegen. Sei's drum, wir lassen sie keifen, und schmausen.

      Verrina (heftig bewegt). Himmel und Erde! und thun nichts? – Wo bist du hingekommen, Fiesco? Wo soll ich den großen Tyrannenhasser erfragen? Ich weiß eine Zeit, wo du beim Anblick einer Krone Gichter bekommen hättest. – Gesunkener Sohn der Republik! du wirst's verantworten, daß ich keinen Heller um meine Unsterblichkeit gebe, wenn die Zeit auch Geister abnützen kann.

      Fiesco. Du bist der ewige Grillenfänger. Mag er Genua in die Tasche stecken und einem Kaper von Tunis verschachern, was kümmert's uns? Wir trinken Cyprier und küssen schöne Mädchen.

      Verrina (blickt ihn ernst an). Ist das deine wahre, ernstliche Meinung?

      Fiesco. Warum nicht, Freund? Ist es denn eine Wollust, der Fuß des trägen, vielbeinigen Thiers Republik zu sein? Dank' es Dem, der ihm Flügel gibt und die Füße ihrer Ämter entsetzt. Gianettino Doria wird Herzog. Staatsgeschäfte werden uns keine grauen Haare mehr machen.

      Verrina. Fiesco? – ist das deine wahre, ernstliche Meinung?

      Fiesco. Andreas erklärt seinen Neffen zum Sohn und Erben seiner Güter, wer wird der Thor sein, ihm das Erbe seiner Macht abzustreiten?

      Verrina (mit äußerstem Unmut). So kommt, Genueser! (Er verläßt den Fiesco schnell, die Andern folgen.)

      Fiesco. Verrina! – Verrina! – dieser Republikaner ist hart wie Stahl! —

      Achter Auftritt

      Fiesco. Eine unbekannte Maske.

      Maske. Haben Sie eine Minute übrig, Lavagna?

      Fiesco (zuvorkommend). Für Sie eine Stunde!

      Maske. So haben Sie die Gnade, einen Gang mit mir vor die Stadt zu thun.

      Fiesco. Es ist funfzig Minuten auf Mitternacht.

      Maske. Sie haben die Gnade, Graf.

      Fiesco. Ich werde anspannen lassen.

      Maske. Das ist nicht nöthig. Ich schicke ein Pferd voraus. Mehr braucht es nicht, denn ich hoffe, es soll nur Einer zurückkommen.

      Fiesco (betreten). Und?

      Maske. Man wird Ihnen auf eine gewisse Thräne eine blutige Antwort abfordern.

      Fiesco. Diese Thräne?

      Maske. Einer gewissen Gräfin von Lavagna. Ich kenne diese Dame sehr gut und will wissen, womit sie verdient hat, das Opfer einer Närrin zu werden?

      Fiesco. Jetzt verstehe ich Sie. Darf ich den Namen dieses seltsamen Aufforderers wissen?

      Maske. Es ist der nämliche, der das Fräulein von Zibo einst anbetete und vor dem Bräutigam Fiesco zurück trat.

      Fiesco. Scipio Bourgognino!

      Bourgognino (nimmt die Maske ab). Und der jetzt da ist, seine Ehre zu lösen, die einem Nebenbuhler wich, der klein genug denkt, die Sanftmuth zu quälen.

      Fiesco (umarmt ihn mit Feuer). Edler junger Mann! Gedankt sei's dem Leiden meiner Gemahlin, das mir eine so werthe Bekanntschaft macht.

      Ich fühle die Schönheit Ihres Unwillens, aber ich schlage mich nicht.

      Bourgognino (einen Schritt zurück). Der Graf von Lavagna wäre zu feig, sich gegen die Erstlinge meines Schwertes zu wagen?

      Fiesco. Bourgognino! gegen die ganze Macht Frankreichs, aber nicht gegen Sie! Ich ehre dieses liebe Feuer für einen lieberen Gegenstand. Einen Lorbeer verdient der Wille, aber die That wäre kindisch.

      Bourgognino (erregt). Kindisch! Graf? Das Frauenzimmer kann über Mißhandlung nur weinen – wofür ist der Mann da?

      Fiesco. Ungemein gut gesagt, aber ich schlage mich nicht.

      Bourgognino (dreht ihm den Rücken, will gehen). Ich werde Sie verachten.

      Fiesco (lebhaft). Bei Gott, Jüngling! das wirst du nie, und wenn die Tugend im Preis fallen sollte. (Faßt ihn bedächtlich bei der Hand.) haben Sie jemals etwas gegen mich gefühlt, das man – wie soll ich sagen? – Ehrfurcht nennt?

      Bourgognino. Wär' ich einem Mann gewichen, den ich nicht für den ersten der Menschen erklärte?

      Fiesco. Also, mein Freund! einen Mann, der einst meine Ehrfurcht verdiente, würde ich – etwas langsam verachten lernen. Ich dächte doch, das Gewebe eines Meisters sollte künstlicher sein, als dem flüchtigen Anfänger so geradezu in die Augen zu springen – Gehen Sie heim, Bourgognino, und nehmen Sie sich Zeit, zu überlegen, warum Fiesco so und nicht anders handelt. (Bourgognino geht stillschweigend ab.) Fahr hin, edler Jüngling! Wenn diese Flammen ins Vaterland schlagen, mögen die Doria fest stehen.

      Neunter Auftritt

      Fiesco. Der Mohr tritt schüchtern herein und sieht sich überall sorgfältig um.

      Fiesco (faßt ihn scharf und lang ins Auge). Was willst du, und wer bist du?

      Mohr (wie oben). Ein Sklave der Republik.

      Fiesco. Sklaverei ist ein elendes Handwerk. (Immer ein scharfes Aug auf ihn.) Was suchst du?

      Mohr. Herr, ich bin ein ehrlicher Mann.

      Fiesco. Häng' immer diesen Schild vor dein Gesicht hinaus, das wird nicht überflüssig sein – aber was suchst du?

      Mohr (sucht ihm näher zu kommen, Fiesco weicht aus). Herr, ich bin kein Spitzbube.

      Fiesco. Es ist gut, daß du das beifügst, und – doch wieder nicht gut.

      (Ungeduldig.) Aber was suchst du?

      Mohr (rückt wieder näher). Seid Ihr der Graf Lavagna?

      Fiesco (stolz). Die Blinden in Genua kennen meinen Tritt. – Was soll dir der Graf?

      Mohr. Seid auf Eurer Hut, Lavagna. (Hart an ihn.)

      Fiesco (springt auf die andere Seite). Das bin ich wirklich.

      Mohr (wie oben). Man hat nichts Guts gegen Euch vor, Lavagna.

      Fiesco (retiriert sich wieder). Das seh' ich.

      Mohr. Hütet Euch vor dem Doria.

      Fiesco (tritt ihm vertraut näher). Freund! sollt' ich dir doch wohl Unrecht getan haben? Diesen Namen fürchte ich wirklich.

      Mohr. So flieht vor dem Mann. Könnt Ihr lesen?

      Fiesco. Eine kurzweilige Frage. Du bist bei manchem Cavalier