Freie Beweiswürdigung
§ 14
Ob Tatsachen als erwiesen festzustellen sind, hat das Gericht auf Grund der Beweise nach freier Überzeugung zu entscheiden; im Zweifel stets zu Gunsten des Angeklagten oder sonst in seinen Rechten Betroffenen.
Vorfragen
§ 15
Vorfragen sind im Strafverfahren selbstständig zu beurteilen. Entscheidungen zuständiger Behörden können jedoch abgewartet werden, wenn mit ihnen in absehbarer Zeit zu rechnen ist. An die rechtsgestaltenden Wirkungen von Entscheidungen der Zivilgerichte und anderer Behörden sind die Strafgerichte jedoch gebunden.
Verbot der Verschlechterung
§ 16
Wenn ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf nur zu Gunsten des Beschuldigten erhoben wurde, darf der Beschuldigte durch den Inhalt einer darüber ergehenden gerichtlichen Entscheidung im Ermittlungsverfahren und in der Straffrage nicht schlechter gestellt werden, als wenn die Entscheidung nicht angefochten worden wäre.
Verbot wiederholter Strafverfolgung
§ 17
(1) Nach rechtswirksamer Beendigung eines Strafverfahrens ist die neuerliche Verfolgung desselben Verdächtigen wegen derselben Tat unzulässig.
(2) Die Bestimmungen über die Fortsetzung, die Fortführung, die Wiederaufnahme und die Erneuerung des Strafverfahrens sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bleiben hievon unberührt.
2. Hauptstück
Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft, Gericht und Rechtsschutzbeauftragter
1. Abschnitt
Kriminalpolizei
Kriminalpolizei
§ 18
(1) Kriminalpolizei besteht in der Wahrnehmung von Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG), insbesondere in der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.
(2) Kriminalpolizei obliegt den Sicherheitsbehörden, deren Organisation und örtliche Zuständigkeit sich nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung richten. Aufgaben und Befugnisse, die den Sicherheitsbehörden in diesem Gesetz übertragen werden, stehen auch den ihnen beigegebenen, zugeteilten oder unterstellten Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu.
(3) Soweit in diesem Gesetz der Begriff Kriminalpolizei verwendet wird, werden damit die Sicherheitsbehörden und — dienststellen sowie ihre Organe (Abs. 2) in Ausübung der Kriminalpolizei bezeichnet.
2. Abschnitt
Staatsanwaltschaften und ihre Zuständigkeiten
Allgemeines
§ 19
(1) Als Staatsanwaltschaften sind im Strafverfahren tätig:
1. die Staatsanwaltschaften am Sitz der Landesgerichte,
2. die Oberstaatsanwaltschaften am Sitz der Oberlandesgerichte
3. die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft — WKStA).
(2) Die Staatsanwaltschaften üben ihre Tätigkeit als Organe der Rechtspflege durch Staatsanwälte aus.
(3) Soweit dieses Gesetz im Einzelnen nichts anderes bestimmt, richten sich Organisation und Aufgaben der Staatsanwaltschaften nach den Vorschriften des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG), BGBl. Nr. 164/1986.
Staatsanwaltschaft
§ 20
(1) Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren; ihr allein steht die Erhebung der öffentlichen Anklage zu. Sie entscheidet, ob gegen eine bestimmte Person Anklage einzubringen, von der Verfolgung zurückzutreten oder das Verfahren einzustellen ist.
(2) Ermittlungen, Anordnungen und andere Verfahrenshandlungen im Verfahren wegen Straftaten, für die im Hauptverfahren das Bezirksgericht zuständig wäre, sowie die Vertretung der Anklage vor den Bezirksgerichten können nach Maßgabe des Staatsanwaltschaftsgesetzes Bezirksanwälten übertragen werden, die unter Aufsicht und Leitung von Staatsanwälten stehen.
(3) Die Staatsanwaltschaft ist auch für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen in- und ausländischer Justizbehörden zuständig, soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird.
Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA)
§ 20a
(1) Der WKStA obliegt für das gesamte Bundesgebiet die Leitung des Ermittlungsverfahrens, dessen Beendigung im Sinne des 10. und 11. Hauptstücks sowie die Einbringung der Anklage und deren Vertretung im Hauptverfahren und im Verfahren vor dem Oberlandesgericht wegen folgender Vergehen oder Verbrechen:
1. Veruntreuung, schwerer oder gewerbsmäßig schwerer Betrug, betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch, Untreue, Förderungsmissbrauch und betrügerische Krida, soweit auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der durch die Tat herbeigeführte Schaden 5 000 000 Euro übersteigt (§§ 133 Abs. 2 2. Fall, 147 Abs. 3, 148 2. Fall, 148a Abs. 2 2. Fall, § 153 Abs. 2 zweiter Fall, 153b Abs. 4 und 156 Abs. 2 StGB);
2. (Anm.: Tritt mit 1.9.2012 in Kraft)
3. (Anm.: Tritt mit 1.9.2012 in Kraft)
4. (Anm.: Tritt mit 1.9.2012 in Kraft)
5. Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB), wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b StGB), Geschenkannahme durch Bedienstete oder Beauftragte (§ 168c Abs. 2 StGB) und soweit auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Tat in Bezug auf einen 3 000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils begangen wurde, Bestechlichkeit (§ 304 StGB), Vorteilsannahme (§ 305 StGB), Vorbereitung der Bestechlichkeit oder der Vorteilsannahme (§ 306 StGB), Bestechung (§ 307 StGB), Vorteilszuwendung (§ 307a StGB), Vorbereitung der Bestechung (§ 307b StGB) und Verbotene Intervention (§ 308 StGB);
6. Vergehen gemäß § 255 Aktiengesetz, BGBl. Nr. 98/1965, § 122 GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906, § 89 Genossenschaftsgesetz, RGBl. Nr. 70/1873 § 37 Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003, § 44 Investmentfondsgesetz, BGBl. Nr. 532/1993, § 15 Kapitalmarktgesetz, BGBl. Nr. 625/1991, § 43 ORF-Gesetz, BGBl. Nr. 379/1984, § 41 PSG, BGBl. Nr. 694/1993, § 64 SE-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2004, § 18 SpaltG, BGBl. Nr. 304/1996, und § 114 VAG, BGBl. Nr. 569/1978, jeweils jedoch nur soweit die betroffene Gesellschaft über ein Stammkapital von zumindest 5 000 000 Euro oder über mehr als 2000 Beschäftigte verfügt, sowie Verfahren gemäß § 48b BörseG, BGBl. Nr. 555/1989;
7. (Anm.: Tritt mit 1.9.2012 in Kraft)
8. Geldwäscherei (§ 165 StGB), soweit die Vermögensbestandteile aus einer in den vorstehenden Ziffern genannten Straftat herrühren;
9. Kriminelle Vereinigung oder kriminelle Organisation (§§ 278 und 278a StGB), soweit die Vereinigung oder Organisation oder die Begehung auf eine der in den vorstehenden Ziffern genannten Straftaten ausgerichtet ist.
(2) Ermittlungsverfahren wegen der in Abs. 1 Z 5 und in § 20b Abs. 3 erwähnten Straftaten und mit diesen in Zusammenhang stehende Straftaten nach Abs. 1