Waldröschen III. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 1. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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gebe fünf.« – »Zehn!« – »Gut, so gehen Sie selbst zu ihm. Mich geht das nichts an.« – »Gerard Mason, Sie haben keine Bildung!« rief sie. »Wissen Sie nicht, wie man eine Dame behandelt?« – »Man gibt ihr, was sie verlangt, dennoch handle ich in diesem Fall aber lieber ohne Bildung.« – »Gut, so zahlen Sie fünf.« – »Hier sind sie. Mignon, packe ein.«

      Gerard legte das Fünffrankenstück auf den Tisch, und das Mädchen ging, um ihre Effekten in den Koffer zu legen.

      »Wo werden Sie mit ihr hingehen?« fragte ihn die Wirtin.

      Er zuckte die Schultern.

      »Das werde ich Ihnen nicht sagen«, antwortete er. – »Warum nicht?« – »Mignon geht von hier fort, und mit diesem Schritt hat sie mit der Vergangenheit gebrochen und ein neues Leben begonnen. Es sollen alle Fäden zerrissen sein.« – »So wird man sie niemals wiedersehen, und Sie auch nicht?« – »Nein.« – »Dann sind Sie ein Undankbarer, und ich werde Sie ganz und gar zu vergessen suchen!« – »Tun Sie das; ich bitte darum!«

      Gerard ging, um eine Droschke zu holen. Als diese kam, war Mignon fertig. Sie luden den Koffer auf, stiegen ein und fuhren fort, ohne dem Haus der Sünde nur einen einzigen Blick zuzuwerfen.

      6. Kapitel

      Es war am Nachmittag desselben Tages, als Alfonzo de Rodriganda, der sich hier Marchese d‘Acrozza nannte, in seinem Zimmer saß und in banger Sorge an seine Brieftasche dachte. Da wurde ihm vom Kellner ein Schmied namens Gerard gemeldet.

      »Lassen Sie ihn eintreten!« sagte er schnell.

      Der Garotteur kam herein und verbeugte sich sehr höflich.

      »Ah, endlich!« sagte Alfonzo. »Haben Sie geforscht und gefunden?« – »Das geht nicht so schnell, mein Herr. Diese Art Leute gehen sehr vorsichtig zu Werke.« – »Also noch gar nichts?« – »Ich habe Gelegenheit gehabt, einem der Garotteurs einen kleinen Dienst zu erweisen, und da er sich mir da zum Gegendienst verpflichtet fühlt und diese Leute einander alle kennen, so glaubte ich Hoffnung zu haben …« – »Papperlapapp!« unterbrach ihn der Graf. »Machen Sie mir nichts weis! Ich weiß genau, daß Sie selbst Garotteur sind.« – »Wirklich?« fragte der Schmied. »Von wem wissen Sie es?« – »Von Ihrem Mädchen.« – »Schön, ich gebe es zu, Monsieur. Zugleich aber erkenne ich auch, daß man sich auf Sie nicht verlassen kann, denn Sie sind unvorsichtig und plauderhaft.«

      Der Graf trat stolz einen Schritt zurück.

      »Was wagen Sie!« rief er. »Ich bin ein Marchese!« – »Und ich ein Garotteur!«

      Diese vier Worte waren in einem Ton gesprochen, der dem Grafen Respekt einflößte.

      »Was bezwecken Sie mit Ihren Worten?« fragte er. – »Daß ich jedem die Wahrheit sage, er mag sein, wer er will. Warum mußten Sie mir sagen, daß ich ein Garotteur bin? Warum mußten Sie es mich wissen lassen, daß mein Mädchen so unvorsichtig gewesen ist, mich Ihnen zu verraten? Kein Mensch hat Sie gezwungen, und irgendeinen Nutzen haben Sie auch nicht davon!«

      Alfonzo begann Respekt vor diesem Mann zu bekommen. »Er paßt für dich; er ist kühn, rücksichtslos und verschwiegen!« dachte er, und laut fügte er hinzu:

      »Sie haben recht, Gerard, ich war unvorsichtig. Also, was haben Sie erfahren?« – »Ich will offen gestehen, daß ich alle Garotteurs der Hauptstadt kenne. Ein jeder hat seinen bestimmten Bezirk, in welchen ein anderer nur ausnahmsweise einmal kommt; daher wissen wir stets mit ziemlicher Gewißheit zu sagen, wer diese oder jene Garotte unternommen hat. Ich habe nun heute früh den Inhaber des Bezirks, in dem Sie beraubt wurden, aufgesucht, aber er ist es nicht gewesen, er liegt krank. Ich bin nun weiter forschen gegangen und glaube, den Richtigen gefunden zu haben.« – »Ah, welch ein Glück!« – »Ich sagte, ich glaube, den Richtigen gefunden zu haben. Ich muß mich zunächst überzeugen. Darf ich die Frage aussprechen: Sie waren gestern abend im Theater und besuchten dann ein Weinhaus in der Rue Montorgeuil, vor der Sie durch die Rue de la Tonnellerie gingen?« – »Ja, es ist so, wie Sie sagten.« – »Und bogen von da in die verhängnisvolle Straße de la Poterie ein?« – »Das stimmt! Woher wissen Sie das?« fragte der Graf schnell. – »Derjenige, den ich im Verdacht habe, der Täter zu sein, war auch im Theater, auch in demselben Weinhaus und ist dann denselben Weg gegangen. Er teilte es mir mit, ohne zu ahnen, was ich eigentlich bei ihm wollte.« – »Ah, er ist es, er ist es! Haben Sie ihn gefragt?« – »Nein, das wäre sehr unvorsichtig.« – »Aber was kann mir das übrige nützen?« – »Sorgen Sie sich nicht! Ich habe ihm von dem Überfall erzählt. Er tat natürlich so, als ob er gar nichts davon wisse.« – »Sagten Sie, daß ich keine Anzeige gemacht habe und ihn nicht bestrafen lassen will, vielmehr daß er die Wertsachen behalten darf, da es mir nur auf die Brieftasche ankommt?« – »Ja.« – »Und was antwortete er?« – »Ich erzählte, daß ich Sie getroffen hätte, Monsieur, und daß ich dies alles aus Ihrem eigenen Mund erfahren hätte. Er wußte natürlich sofort, daß ich ihn für den Täter hielt und daß ich die Absicht hatte, ihn zur Herausgabe des Portefeuille zu bewegen; aber er war vorsichtig, er gestand nichts ein, er tat, als wisse er von nichts. So viel aber habe ich ganz gewiß erreicht, daß er das Portefeuille aufbewahrt, wenn er es nicht vielleicht bereits vernichtet hat.« – »Aber was nützt mir das Aufbewahren? Haben muß ich es!« – »Dies Aufbewahren nützt Ihnen sehr viel, Monsieur. Sie können von dem Mann doch nicht verlangen, daß er so mir nichts dir nichts gesteht, daß er es gewesen ist, und mir dann die Brieftasche gibt« – »Nein.« – »Sie können auch nicht verlangen, daß er die Brieftasche umsonst herausgibt da er ja nun weiß, welchen Wert dieselbe für Sie hat« – »Nein. Aber ich will ihn ja bezahlen!« – »Richtig. Sie werden jedoch zugeben, daß er versuchen wird, möglichst viel zu erlangen.« – »Wenn das, was ich geboten habe, noch nicht zureicht so gebe ich mehr.« – »Gut Ich werde ihn heute abermals besuchen.« – »Tun Sie Ihr Möglichstes; ich werde dankbar sein. Vielleicht habe ich dann etwas Lohnenderes für Sie, ich werde noch mit Ihnen darüber sprechen, sobald wir mit dieser Angelegenheit zu Ende sind.« – »Dann wird es vielleicht zu spät sein, weil ich Paris bereits in den nächsten Tagen verlasse.« – »Wirklich?« – »Ja! Ich ziehe in die Provinz.« – »Das ist mir nicht lieb – das ist mir unangenehm«, meinte der Graf sinnend. – »Vielleicht entschließen Sie sich zu einer vorläufigen Mitteilung!« – »Hm, ja, setzen Sie sich.«

      Der Schmied nahm in gespannter Erwartung Platz, der Graf schritt einige Male hin und her und sagte dann:

      »Kann ein Garotteur Blut sehen?« – »Haha!« lachte Gerard statt aller Antwort verächtlich.

      Er wußte, daß das, was der Graf von ihm verlangen würde, nur ein Verbrechen sein könne; er war fest entschlossen, es nicht zu begehen, aber auch ebenso entschlossen, alle sich ihm bietenden Vorteile auszunützen, denn er wollte einen neuen Hausstand gründen, und dazu war vor allen Dingen Geld nötig.

      »Es kann vorkommen, daß ihm eins seiner Opfer unter den Händen stirbt, trotzdem er dies eigentlich gar nicht bezweckt hat?« – »Ja, das kommt wohl vor, Monsieur.« – »Er bebt also vor einem Mord nicht zurück?« – »Fällt ihm nicht ein. Alle Menschen müssen sterben!«

      Der Schmied versuchte, sich ein möglichst gewissenloses Air zu geben.

      »Ist es Ihnen auch schon passiert, daß Ihnen jemand starb?« – »Hm!« machte er schulterzuckend. »Kommen Sie zur Sache, Monsieur! Ich bin kein Freund von unnützen Einleitungen.« – »Nun, die Sache ist die, daß ich eines Mannes bedarf, der Blut sehen kann; nun habe ich geglaubt, daß Sie der Rechte sind.« – »Möglich!«

      Gerard legte dabei die Beine sorglos übereinander und lächelte so verschmitzt wie möglich.

      »Sie sagen ja?« – »Wie kann ich das? Ich weiß ja noch gar nicht, um wen oder was es sich handelt!« – »So hören Sie! Ich habe einen Feind, der mir sehr zu schaden sucht, sowie meine ganze Existenz bedroht …« – »So packen Sie ihn bei seiner Existenz an!« – »Das will ich ja, nur fragt es sich, was Sie unter seiner Existenz verstehen!« – »Sein Leben natürlich!« – »Gut, soweit sind wir eins! Wollen Sie mir behilflich sein?« – »Warum tun Sie es nicht selbst?« – »Das ist mir unmöglich. Sie verstehen die deutsche Sprache, die Sie vollkommen