Waldröschen I. Die Tochter des Granden. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Als sie das Tuch um seinen Arm erblickte, fragte sie sogleich:

      »Señor, was sehe ich! Ihr tragt ein Tuch um den Arm, und Eure Kleidung ist blutig! Um Gott, was ist geschehen?«

      Sternau wunderte sich ein wenig, daß die Dame, die von ihm nicht die geringste Notiz genommen hatte und stets an ihm vorübergerauscht war, ohne ihn bemerken zu wollen, ihn jetzt anredete. Doch antwortete er in höflichem Ton:

      »Ich bin verwundet, Señora.« – »Verwundet? Mein Gott! Ist das möglich? Wer ist es, der Euch verwundet hat, Señor?« – »Man kennt die Leute nicht Es war ein Mordanfall.« – »Heilige Lauretta, ist man seines Lebens hier auf Rodriganda nicht mehr sicher? Aber«, fügte sie mit einem forschenden Seitenblick hinzu, »Ihr sagtet daß man sie nicht kenne. So sind also diese Mörder auch außer Euch von jemand gesehen worden?« – »Von dem Kastellan und zwei Gärtnern.« – »Und dann sind sie geflohen?« – »Einer oder einige sind entkommen, drei habe ich getötet, und der vierte ist unser Gefangener. Der Kastellan wird ihn sogleich bringen.«

      Das Gesicht der frommen Dame wurde leichenblaß. Sie konnte sich vor Schreck kaum halten und sagte mit zitternder Stimme:

      »Verzeiht, Señor, diese Nachricht erschreckt mit so, daß mir ganz schwach und übel wird! Ein Mordanfall! Möge Gott die Tat an das Tageslicht ziehen und die Anstifter derselben bestrafen! Ich fühle mich so angegriffen, daß ich meinen Spaziergang, den ich beabsichtigte, gar nicht unternehmen kann.« – »Darf ich Ihnen meinen Arm anbieten, Señora, um Sie nach Ihren Gemächern zu geleiten?« fragte er.

      Sie nickte und stützte sich auf ihn, was sie unter anderen Umständen sicherlich nicht getan hätte. Aber die Angst, entdeckt zu werden, raubte ihr wirklich alle Kräfte, so daß sie schwer am Arm des Arztes hing.

      Dieser geleitete sie bis an ihre Tür und verabschiedete sich von ihr durch eine tiefe Verneigung. Er war froh, von ihr fort zu können, denn es gab in ihm etwas, was sich gegen diese alte, fromme Dame sträubte. Schwester Clarissa trat in ihr Zimmer und sank dort ganz kraftlos in einen Diwan. Bald aber klingelte sie nach ihrem Mädchen und befahl demselben, Señor Gasparino Cortejo sofort zu ihr zu bescheiden.

      Es dauerte nicht lange, so trat derselbe ein, außerordentlich verwundert über die Eile, die seine Verbündete hatte, ihn bei sich zu sehen.

      »Ihr schickt nach mir, Clarissa. Was gibt es so Eiliges?« fragte er. – »Ein Unglück, ein sehr großes Unglück, Señor!« rief sie. – »Welches Unglück?« – »Oh, ich bin so schwach, daß ich es kaum erzählen kann!« jammerte sie. – »Bah!« meinte er ruhig. »Ihr könnt sprechen, und folglich wird es Euch auch möglich sein, zu erzählen, was Euch so außerordentlich übermannt.« – »Aber, es ist zu schrecklich! Es kann um uns geschehen sein, Señor!« – »Alle Teufel, jammert nicht, sondern redet! Ihr erschreckt mich ganz unnütz mit Eurer Fassungslosigkeit. Ist ein Unglück geschehen, nun, heraus damit!« – »So hört! Dieser Doktor Sternau ist im Park überfallen worden.«

      Über die raubvogelartigen Züge des Notars glitt ein befriedigtes Lächeln. Er wähnte, daß sein Anschlag glücklich ausgeführt worden sei, und sagte daher in einem verweisenden Ton:

      »Nun, was ist da weiter? Ich sehe darin kein Unglück! Wer hat zu Euch von diesem Überfall gesprochen?« – »Das ist es ja eben! Hätte ich es von einer anderen Person erfahren, so hätte ich in aller Ruhe meine Hände gefaltet und Gottes Gerechtigkeit gepriesen, so aber…« – »Nun, was denn aber? Redet doch, zum Teufel!« – »Er, dieser Doktor Sternau, hat es mir selbst erzählt.«

      Der Notar fuhr erschrocken zurück.

      »Doktor Sternau? Nicht möglich!« meinte er mit unsicherer Stimme. – »Nicht möglich, sagt Ihr? Oh, es ist nicht nur möglich, sondern sogar wirklich, Señor. Ich war von der Nachricht so erschrocken und betroffen, daß ich es mir gefallen lassen mußte, von diesem verhaßten Menschen nach meinem Zimmer geführt zu werden.« – »Alle Teufel«, knirschte der Notar. »So ist er entkommen?« – »Er war nur leicht am Arm verwundet.« – »O diese Schufte! Ich werde sie lehren müssen, ein Messer richtig zu führen.« – »Ihr werdet es leider nicht lehren können, denn drei von ihnen hat er getötet, und der vierte ist gefangen.« – »Teufel!« fluchte der Advokat durch die Zähne. »Das ist schlimm! Die Toten können nicht reden, aber dieser Gefangene, der kann gefährlich werden.« – »Kann er etwas verraten?« – »Das versteht sich! Diese Burschen haben mich ja gesehen, sie kennen mich, denn ich habe mit ihnen sprechen müssen.« – »O wehe! Señor, Ihr seid unvorsichtig gewesen.« – »Laßt das Schreien und Klagen! Ich habe keine Lust, in dieser fatalen Lage noch Vorwürfe anzuhören. Es muß ein Ausweg gefunden werden.« – »Ja, ja! Es gibt einen solchen, aber auch nur einen einzigen!« rief sie schnell und von neuem belebt. »Man muß diesen Gefangenen befreien.« – »Das geht. Aber man wird da bis zur geeigneten Stunde warten müssen, und es fragt sich, ob der Mann bis dahin schweigen kann. Da die gerichtliche Kommission, die zur Aufnahme des Sachverhalts eintreffen muß, erst morgen hier sein kann und auch erst dann den Gefangenen mitnehmen wird, so bleibt er für die Nacht jedenfalls im Schloß eingesperrt. Da wird es leicht sein, ihm die Freiheit zu geben. Aber bis dahin kann er bereits alles verraten haben.« – »So muß ihm ein Wink gegeben werden.« – »Ja, richtig! Diese Geschichte hat mich ganz kopflos gemacht. Es ist ja gar nichts Gewagtes dabei, wenn ich in den Park gehe, um mir den Ort des Überfalls anzusehen. Beim Teufel! Dieser Deutsche ist mir heute entkommen, zum zweiten Mal jedoch soll es ihm nicht gelingen. Er gegen so viele! Der Kerl muß eine wahre Elefantenstärke besitzen. Aber daraus lernt man, daß ihm nur mit List beizukommen ist.« – »Und wie wollt Ihr es beginnen, um den verhaßten Deutschen endlich zu beseitigen?« fragte die fromme Dame eifrig. – »Über das ›Wie?‹ bin ich mit mir noch nicht zu Rate gegangen«, erwiderte der Bundesgenosse Clarissas. – »Sterben muß dieser Doktor Sternau, wenn wir unseren Plan nicht aufgeben wollen«, bemerkte die Dame entschieden. – »In keinem Fall dürfen wir unser Vorhaben außer acht lassen«, pflichtete der Notar bei, »darum werde ich jedes Mittel für recht halten, das uns zum Ziel führt.«

      Clarissa nickte zustimmend, und der Notar fuhr fort:

      »Ich gehe jetzt, um den Platz zu besichtigen, wo das Treffen stattgefunden hat.«

      Damit eilte er nach dem Park, wo sich bereits ein großer Teil der Schloßbewohner versammelt hatte, herbeigeführt von einem Ereignis, wie es in Rodriganda noch nicht vorgekommen war.

      7. Kapitel

      Es geschah ganz so, wie Señor Gasparino Cortejo zu seiner Verbündeten gesagt hatte. Während die drei Leichen im Park unter Bewachung liegenblieben, wurde der Gefangene in das Schloß geschafft. Es war derselbe, dem der Notar seine Verhaltungsmaßregeln erteilt hatte. Sie begegneten einander kurz vor dem Schloß. Es gelang Cortejo, unbeobachtet von anderen, seine Finger auf den Mund zu legen, so daß der Brigant es bemerkte. Dieser nickte als Antwort leicht vor sich hin, während ein Lächeln der Freude über sein finsteres Gesicht huschte. Dieser Mann konnte es sich denken, daß Cortejo ihn nicht verlassen werde, wenn nur er selbst sich der Hilfe würdig erweise.

      Der Graf geriet bei der Kunde, daß sein Gast und Arzt hatte ermordet werden sollen, in eine ganz ungewöhnliche Aufregung, und es gelang Rosa nur schwer, ihn zu beruhigen, doch befahl er, daß die Untersuchung mit aller Strenge geführt werden solle.

      Die drei Ärzte reisten noch am Abend ab. Sie ahnten, wer der Auftraggeber der Mörder sei, und glaubten nach dem Mißerfolg nun für die erste Zeit keine Chancen mehr zu haben.

      Sternau hatte seine Vermutung, daß seine Wunde nicht bedeutend sei, bestätigt gefunden. Er sah sich von ihr nicht im mindesten behindert und konnte sich also ohne Unterbrechung dem Grafen widmen. Er war bei allen Bediensteten des Grafen trotz der Kürze seiner Anwesenheit im Schloß bereits außerordentlich beliebt, und darum war man gespannt, zu hören, wer ihm nach dem Leben getrachtet habe. Leider verweigerte der Gefangene jedwede Auskunft. Er verschwieg hartnäckig, wer er sei und wer ihn veranlaßt habe, Sternau zu überfallen. Man mußte sich also auf den späteren Verlauf der Untersuchung vertrösten.

      Am eingehendsten wurde das Ereignis in der Wohnung des Kastellans besprochen. Es dürfte gewiß ein ungewöhnlicher Genuß sein, den beiden braven Eheleuten zuzuhören.

      »Also,