Der Vaquero. Balduin Mollhausen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Balduin Mollhausen
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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der letzte Ausweg, und dazwischen liegen solche Bedingungen, wie sie Ihnen nur willkommen sein können.«

      Da Howitt unbeweglich über den Hof hinsah und kein Verlangen verriet, die gepriesenen Bedingungen kennen zu lernen, fuhr er nach einer Pause zuvorkommend fort:

      »Zunächst sollen Ihnen also, in gewissenhafter Berücksichtigung der Lage dieses Gehöftes, zweimal sechzig Morgen Land, jeden zu fünf Dollars berechnet, als freies Eigentum verschrieben werden. Dafür verpflichten Sie sich, meinen Grundsätzen Rechnung zu tragen und nicht nur selbst für die segensreiche Institution der Sklaverei zu stimmen, sondern auch Ihre Nachbarn, die zu Ihnen aufblicken wie zu einem Gouverneur, dazu zu bewegen. Dadurch sichern Sie sich und den Ihrigen den ungestörten Besitz der mit so viel Fleiß und Mühe emporgebrachten Farm; außerdem aber ziehen Sie Ihren Vorteil aus dem mit der schnelleren Besiedelung wachsenden Verkehr, zumal es mit dem Kaufgelde nicht eilt, und Sie es nach Bequemlichkeit abtragen mögen.«

      »Fein ausgeklügelt,« meinte Howitt mit einem bösen Lächeln, »so fein, daß ein Einfältigerer darauf anbeißen könnte. Ich rechne indessen, nachdem Sie Ihre Bedingungen stellten, hören Sie auch gern die meinigen. Ich besitze sieben Kinder, sechs Söhne und eine Tochter. Auf Grund dieser Zahl fordere ich also, daß Sie siebenmal sechzig Morgen aus Ihren sechs Quadratmeilen für mich herausschneiden, und zwar so, daß dieser komfortable Winkel der Mittelpunkt bleibt. Ferner berechnen wir den Morgen mit drei und dreiviertel Dollars, also zum Regierungspreise, eine Summe, die ich beim Abschluß berichtige, und drittens verpflichten Sie sich, auf dem von Ihnen angekauften Lande keine Sklaverei zu dulden.«

      »Auch Ihre Bedingungen erscheinen nicht übel,« versetzte Baxter, sein Mißvergnügen hinter sorgloses Lachen verbergend, »Sie übersehen nur eines dabei, nämlich daß wir uns hier auf meinem Grund und Boden befinden, Sie also gewissermaßen mein Gast sind, es daher in meiner Gewalt liegt, Käufer und Pächter heranzuziehen, wie sie mir am meisten zusagen.«

      »Bell,« riet Howitt vollständig leidenschaftslos ins Haus hinein, »rücke Speck und Maiskuchen vom Feuer fort und stelle den Whisky für bessere Leute zur Seite!« Und über den Hof: »Jungens, führt den Fremden die Pferde zu! Sie haben große Eile, fortzukommen!« Er kehrte sich seinen Gästen zu, die erstaunt auf sein hartes Gesicht sahen: »Das ist meine Antwort auf eure Zumutung. Noch stelltet ihr die Füße nicht unter meinen Tisch; da hindert mich nichts, dringend zu raten, mein Gehöft so bald und so weit wie möglich hinter euch zu legen. Was ihr euer Recht nennt, wurde mir hinterrücks entzogen, also gestohlen, rechne ich. Mein Recht aber ist geheiligt durch achtzehnjährigen Besitz, das kann kein spekulativer Gauner, sogar der Onkel Sam selber mit seinem großen Gewissen nicht aus der Welt schaffen; und mein Recht verteidige ich in Gemeinschaft mit den Meinigen bis zum letzten Blutstropfen. Zweifeln Sie noch, so versuchen Sie doch, wie viele von Ihren feilen Schurken sich die verruchten Schädel an meinem Palissadenzaun einrennen. Denn ich bin, bei Gott, nicht der einzige hier herum, der sich dagegen auflehnt, wenn das ursprüngliche Gesetz, das uns allen bekannt ist, umgeworfen und unser freies Territorium in einem Zuchtstall für Farbige umgewandelt werden soll.«

      Die Pferde wurden vorgeführt. Die beiden Herren hatten sich erhoben. Ihre Gesichter schwammen in Wut und Hohn.

      »Sie selbst sind verantwortlich dafür, wenn ein schweres Verhängnis auf Sie hereinbricht,« bemerkte Baxter schneidend, »zählen Sie aber auf den Beistand vogelfreier halbwilder Viehtreiber, wie wir nicht weit von hier einem begegneten, so möchten Sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht haben –«

      Bei den letzten Worten trat Bell, beunruhigt durch die erregten Stimmen, auf die Thürschwelle. Ihre Erscheinung machte Baxter verstummen. Wie er, sah auch Margin verstört auf sie hin. Denn kein gewöhnliches Farmermädchen war es, welches da vor ihnen stand, sondern mit dem hohen, kräftigen, tadellosen Wuchs und der herausfordernden Haltung, trotz des ländlich aufgeschürzten einfachen Anzugs, das Bild einer erzürnten waffenkundigen Amazone, die im Begriff, sich zu Kampfe zu rüsten. Derselbe Ausdruck wiederholte sich in dem regelmäßig geformten Antlitz mit den weich abgerundeten, wettergebräunten Wangen, den unerschrocken blickenden Augen und den schwellenden Lippen des feingeschnittenen Mundes. Das starke blonde Haar hatte sie hinter die Ohren zurückgestrichen und dicht am Kopf zusammengeschnürt, von wo es wie ein Roßschweif tief über den Rücken niederwallte. Obwohl der Jahre höchstens zwanzig über das selbstbewußt getragene Haupt hingegangen waren, ruhte doch der tiefe, beinahe düstere Ernst eines weit höheren Alters auf dem jugendfrischen Antlitz. Nicht die leiseste Spur schlummernden Frohsinns war darauf zu entdecken. Es machte sich sogar ein eigentümlich herber Zug zu beiden Seiten des festgeschlossenen Mundes bemerklich. Hatte der Zufall gefügt, daß sie Baxters letzte Bemerkunge hörte, so war die nächste Wirkung, daß sie die Farbe wechselte. Dann aber sprach sie mit der vollen Feindseligkeit, welche durch das Auftreten der Fremden dem Vater gegenüber geweckt worden war:

      »Reden Sie verächtlich von Rinderhirten und trauen Sie dem Vater zu, mit ruchlosen Gesellen Gemeinschaft zu pflegen, so können Sie mit solchen sich nur selbst gemeint haben.«

      »Gut gegeben, Bell,« versetzte Howitt billigend, fügte aber streng hinzu: »Hast nur vergessen, daß dein Vater Manns genug ist, mit jedem, auch mit diesen beiden zweifelhaften Gentlemen, selber fertig zu werden.«

      Bell, weniger durch den Vorwurf des Vaters eingeschüchtert, als erbittert über Margin, der seine Bewunderung unverhohlen an den Tag legte und sie mit frechen Blicken betrachtete, kehrte sich kurz um und trat in die Hütte zurück.

      »Ein schönes Kind,« erklärte Margin unter dem vollen Eindruck des eigentümlichen Zaubers, der die charakteristische Erscheinung auszeichnete, und formlos fiel Howitt ein:

      »Darum befragte ich Sie nicht. Wähnen Sie, daß Anstand und gute Sitte hier im wilden Westen weniger zu Hause sind, als in euren vergoldeten Parlours, so irren Sie mächtig. Lassen eure Weiber sich unziemliches Anstarren von jedem elenden Laffen gerne gefallen, so folgt daraus nicht, daß man dergleichen hier duldet. Und jetzt beeilt euch, wenn ihr nicht vorzieht, daß meine Söhne euch in den Sattel helfen und euren Mähren die Peitschen um die Ohren knallen, um zu prüfen, wie fest ihr auf 'nem Pferderücken klebt.«

      »Nur aufrichtige Bewunderung –« hob Margin, bis zur Verwirrung scheu, entschuldigend an, allein des alten Squatters Geduld war erschöpft.

      »Aufrichtiger Tod und Teufel!« fiel er drohend ein. »Geschah euch, wie's euch nicht behagt, so wolltet ihr's nicht anders, und wenn ihr nach Hause kommt, rühmt euch, für eure niederträchtigen Ränke wie schlechte Hunde von dem Hofe eines ehrlichen Mannes fortgejagt zu sein.«

      »Noch ein Wort in Güte,« hob Baxter nunmehr besänftigend an, »nicht in gereizter Stimmung möchte ich von Ihnen scheiden. Walteten Mißverständnisse –«

      »Keine Mißverständnisse,« schnitt Howitt das weitere ab, »das liest ein Blinder durch 'ne dreizöllige Planke. Mein letztes Wort habt ihr gehört, und das eurige brauch' ich nicht zu wissen,« und seinen Gästen den Rücken kehrend, schritt er ebenfalls ins Haus hinein.

      Baxter und Margin säumten nicht länger und bestiegen ihre Pferde. Im Davonreiten rief Baxter, auf dem Gipfel seiner Wut, über die Schulter in die offene Thür hinein: »Auf Wiedersehen zu geeigneterer Zeit. Vielleicht halten Sie für ratsam, vorher meinen Grund und Boden zu verlassen!«

      Eine Antwort erfolgte nicht. Baxter knirschte mit den Zähnen.

      »Vom eigenen Besitztum heruntergewiesen zu werden – bei Gott, das soll nicht vergessen sein,« sprach er zu dem Gefährten, »verdammt! Noch giebt es Mittel, das kollerigste Stück Vieh ins Joch zu spannen.«

      »Ich für meine Person möchte mich nicht vor die Mündungen ihrer Büchsen stellen,« versetzte Margin spöttisch, »weit lieber schlösse ich Blutsbruderschaft mit dem Alten um seiner Tochter willen. Bei Gott, ein schöneres Mädchen sah ich nie, selbst nicht in den Staaten. Stand sie nicht auf den kleinen nackten Füßen wie eine Heldin des Altertums?«

      »Ich vermute, ein zweiter zärtlicher Blick in die funkelnden Augen des wilden Dinges würde Ihnen gefährlicher werden, als ein halbes Dutzend Gewehrmündungen.«

      »Wenn kein warmes Blut in ihren Adern kreiste,« höhnte Margin, »und das zum Sieden zu bringen kann nicht schwer werden bei einer, die bisher