Scepter und Hammer. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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jetzt keiner aus der Residenz fort?« frug sie.

      »Nein,« lautete die Antwort des Doktors.

      »Dann muß ich einen Boten haben, einen Mann, auf den sich Zarba ganz und gar verlassen kann.«

      »Wohin?«

      »Hinauf in die Berge.«

      »Wie lange braucht er Zeit, um zurückzukommen?«

      »Drei Tage.«

      Max trat zum Fenster und öffnete es. Drunten saßen wie gewöhnlich die Gesellen vor der Thür.

      »Thomas!«

      »Zu Pefehl, Herr Doktor!«

      »Magst Du einmal heraufkommen?«

      »Sofort werde ich mich hinaufbegepen!«

      Einige Augenblicke darauf krachte die Stiege unter den wuchtigen Schritten des ehemaligen Kavalleristen. stellend.

      »Habt Ihr dieser Tage viel zu arbeiten, Thomas?« frug Max »Zu arpeiten gipt es immer pei uns, Herr Doktor.«

      »Aber außerordentlich viel Arbeit – —?«

      »Ist nicht so sehr schlimm!«

      »Willst Du mir einen Gefallen thun?«

      »Zu Pefehl, recht gern, Herr Doktor!«

      »Du sollst einen Brief hinauf in das Gebirge schaffen.«

      »In das Gepirge? Da pin ich in meinem ganzen Lepen noch nicht gewesen. An wen ist der Prief gerichtet?«

      Max sah die Zigeunerin fragend an.

      »An den Waldhüter Tirban,« antwortete diese.

      »Tirpan? Ist mir niemals pekannt gewesen. Wo wohnt er?«

      »Du fährst mit dem Frühzuge nach Süderhafen und gehst von da bis zum Abend auf der Straße fort, welche quer durch das Gebirge führt. Am Abend kommst Du an einen Krug, vor dessen Thür zwei Tannen stehen; dort kehrst Du ein und fragst den Wirth nach dem Waldhüter Tirban. Dieser wohnt auf einer Waldblöße, ihm gibst Du diesen Brief. Das Übrige wirst Du von ihm selbst erfahren.«

      »Gut! Also Süderhafen – Gepirgsstraße – Apend – Krug – zwei Tannen – Waldplöße – Tirpan – gut, ich werde ihn zu finden wissen.«

      »Aber wird Thomas nicht zu spät kommen?« frug Max. »Die Flüchtlinge sind heut früh fort, und er kommt erst morgen Abend zu Tirban.«

      »Dafür laßt mich sorgen, junger Herr! Willst Du mir ein Telegramm aufschreiben, mein Sohn?«

      Der Hauptmann nahm Platz und griff zur Feder, Zarba überlegte einen Augenblick und diktirte dann:

      »Oberschenke Waldenberg – Fuhrmann Beyer und zwei Männer – einen Tag lang aufhalten – mit Gewalt zur Tannenschlucht – Zarba.«

      Max hörte mit Erstaunen dem Diktate zu. Die Worte klangen nach Geheimnissen, welche zu ergründen er wohl begierig gewesen wäre. Die Gitana wurde ihm von Stunde zu Stunde eine immer mysteriösere Persönlichkeit. Er sah wahrhaftig jetzt eine ganze Zahl von Goldstücken in ihrer braunen Hand erglänzen, als sie in die Tasche griff, um den Betrag für die Depesche auf das Papier zu legen. Und dieser Betrag war so genau abgezählt, daß sich vermuthen ließ, dies sei nicht die erste Depesche, welche die Zingaritta expediren ließ.

      »Willst Du diese Depesche noch heute Abend besorgen?« frug Max den Kavalleristen.

      »Zu Pefehl, Herr Doktor!«

      »Hier hast Du Reisegeld für morgen. Den Vater brauchst Du nicht um Erlaubniß zu fragen, ich werde dies für Dich thun.«

      »Zu Pefehl, Herr Doktor und guten Apend die Herrschaften!«

      Damit drehte er sich um und schritt zur Thür hinaus. Unten angekommen, stellte er sich breitspurig vor die beiden andern Gesellen hin.

      »Wißt Ihr etwas Neues?«

      »Nun?« frug Heinrich.

      »Ich pegepe mich morgen auf eine lange Reise.«

      »Wohin?«

      »Geht Euch nichts an, Ihr Gelpschnäpel Ihr. Aper wenn Ihr in einer Stunde zu unserer Parpara Seidenmüller kommt, so will ich Euch einige Seidel zum Abschied gepen, weil das Reisegeld so reichlich ausgefallen ist.«

      »Ich komme, Thomas!« meinte der immer durstige Artillerist. »Das mit den Seideln ist der trefflichste Gedanke, den Du heute haben konntest!«

      »Ja, das ist am Den!« bekräftigte nickend Baldrian, der Grenadier. – — —

      Achtes Kapitel: Almah

      Da, wo der Fluß sich busenartig erweitert, um seine Wasser mit den Wogen des Meeres zu vermählen, liegt Tremona, der Haupthafen von Süderland. Am Fuße der Höhe, an welcher sich die Stadt amphitheatralisch emporzieht, dehnen sich die Außenwerke der Festung aus, während die beiden rechts und links vom Flusse liegenden Forts wie drohende Wächter von dem Berge herunterblicken und weit hinaus in die offene See schauen. Unter ihnen und an ihren Flanken dehnen sich zahlreiche Weinberge und Fruchtgärten hin, zwischen deren Grün verschieden stilisirte Villas, Lustschlösser dienen.

      Unter diesen Gebäuden zeichnet sich besonders eines durch seine prächtige Lage wie unübertreffliche Architektonik aus. Es ist ein im maurischen Stile gehaltenes Schloß, welches sonderbarer Weise keinem Süderländischen Unterthanen, sondern einem Fremden gehört, nämlich dem Fürsten Viktor von Sternburg, General z.D. Sr. Majestät des Königs von Norland. Allerdings ist der General nur selten auf dieser seiner Besitzung anwesend, und auch sein Sohn, der Prinz Arthur, welcher als wirklicher Kapitän zur See in Norländischen Diensten steht, kann den Reiz dieser herrlichen Besitzung nur höchst selten und auf kurze Zeit genießen, da sein Beruf ihn oft Jahre lang vom Lande fern hält und er in der Frist eines etwaigen Urlaubs zu sehr in der Heimath in Anspruch genommen wird, als daß er auf den Gedanken kommen sollte, eine Besitzung zu besuchen, welche im Nachbarstaate liegt, dessen Intentionen zum Vaterlande nie sehr freundliche genannt werden konnten. —

      Auf der Veranda von Sternburg, wie das erwähnte Schloß nach seinem Besitzer genannt wird, saßen mehrere in Civil gekleidete Herren, deren Exterieur die Vermuthung nahe legte, daß sie trotz dieser Kleidung den militärischen Kreisen angehörten. Sie hatten die substanzielleren Theile des Frühstücks überwunden und schauten nun vergnügt auf eine Batterie feurigen Sizilianers, welcher ihnen rothgolden durch das Glas entgegenglänzte.

      »Sagen Sie, Kapitän, auf wie lange werden Sie Ihren gegenwärtigen Aufenthalt ausdehnen?« frug der eine von ihnen. »Sie dürfen erwarten, daß wir wünschen, Sie so lange als möglich hier festhalten zu können.«

      Der Gefragte war ein junger Mann von wohl nicht über zweiundzwanzig Jahren. Sein ernstes, männlich schönes Angesicht war sehr stark von der Sonne gebräunt und trug den Charakter einer milden aber unerschütterlichen Energie, welche durch nichts dahin zu bringen ist, einen einmal für rechtlich erkannten Entschluß wieder aufzugeben. Seine Kameraden waren ausnahmslos älter als er, und dennoch schien er ihnen an Reife und Würde überlegen zu sein, wenigstens bildete ihrer Lebhaftigkeit gegenüber die Ruhe und Gleichmäßigkeit seiner Worte und Bewegungen einen Kontrast, welcher nur zu seinem Vortheile ausfallen konnte.

      »Leider ist die Dauer meines Aufenthaltes hier eine sehr von den Umständen abhängige,« antwortete er. »Sie kann einige Wochen währen, aber auch schon binnen einer Stunde ihr Ende erreicht haben. Allerdings habe ich meine Fregatte dem Werfte übergeben müssen, aber es kann leicht sein, daß man mir während der dadurch entstehenden Vakanz einstweilen das Kommando eines anderen Fahrzeuges anvertraut. In diesem Falle werde ich telegraphisch abberufen und hätte dann nicht einmal Zeit, mich von Ihnen zu verabschieden, meine Herren.«

      »Ein Grund mehr, uns an die Gegenwart zu halten,« meinte ein anderer der Gäste. »Laßt uns den eventuellen Abschiedstrunk gleich jetzt mit schlürfen!«

      Die Gläser erklangen.

      »Wo waren Sie zuletzt stationirt, Kapitän?« tönte dann die Frage.

      »Im indischen Archipel.«

      »Donnerwetter,