Ein Kampf um Rom. Felix Dahn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Felix Dahn
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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offen: ich bin nicht für euch, ich halte die Regentin.«

      »Wohlan«, rief Gothelindis grimmig, sich zur Tür wendend, »also Kampf zwischen uns, komm, Petros.«

      »Gemach, ihr Freunde«, sprach der Byzantiner.

      »Vielleicht ändert Cethegus seinen Sinn, wenn er dies Blatt gelesen.«

      Und er reichte dem Präfekten jenen Brief, den Alexandros von Amalaswintha an Justinian überbracht.

      Cethegus las: seine Züge verfinsterten sich.

      »Nun«, meinte Petros höhnisch, »willst du noch die Königin stützen, die dich dem Untergang geweiht? Wo warst du, wenn sie ihren Plan durchführte und deine Freunde nicht für dich wachten.«

      Cethegus hörte ihn kaum an. »Armseliger«, dachte er, »als ob es das wäre! Als ob die Regentin daran nicht ganz recht hätte. Als ob ich ihr das verargen könnte! Aber die Unvorsichtige hat bereits getan, was ich von Theodahad erst fürchtete: sie hat sich selbst vernichtet und all meine Pläne bedroht: sie hat die Byzantiner schon ins Land gerufen, und sie werden jetzt kommen, ob sie noch will oder nicht. Solange Amalaswintha Königin, wird Justinian ihren Beschützer spielen.« Und nun wandte er sich scheinbar in großer Bestürzung an den Gesandten, den Brief zurückgebend: »Und wenn sie ihren Entschluß durchführte, wenn sie auf dem Thron bliebe — bis wann können eure Heere landen?«

      »Belisar ist schon auf dem Wege nach Sizilien«, sagte Petros, stolz darauf, den Hochmütigen eingeschüchtert zu haben, »In einer Woche kann er vor Rom liegen.«

      »Unerhört«, rief Cethegus in unverstellter Bewegung.

      »Du siehst«, sprach Gothelindis, welcher Petros inzwischen den Brief gereicht, »die du halten wolltest, will dich verderben. Komm ihr zuvor.«

      »Und im Namen des Kaisers, meines Herrn, fordre ich dich auf, mir beizustehn, dies Gotenreich zu vernichten und Italien seine Freiheit wiederzugeben. Man weiß am Kaiserhof dich und deinen Geist zu schätzen, und nach dem Siege verheißt dir Justinian — die Würde eines Senators zu Byzanz.«

      »Ist’s möglich!« rief Cethegus. »Aber nicht einmal diese höchste Ehre treibt mich dringender in euren Bund als die Entrüstung über die Undankbare, die zum Lohn für meine Dienste mein Leben bedroht. — Du bist doch gewiß«, fragte er ängstlich, »daß Belisar noch nicht sobald landen wird?«

      »Beruhige dich«, lächelte Petros, »diese meine Hand ist’s, die ihn herbeiwinkt, wenn es Zeit. Erst muß Amalaswintha durch Theodahad ersetzt sein.«

      »Gut«, dachte Cethegus, »Zeit gewonnen, alles gewonnen. Und nicht eher soll der Byzantiner landen, bis ich ihn an der Spitze des bewaffneten Italiens empfangen kann.« — »Ich bin der Eure«, sprach er, »und ich denke, ich werde die Regentin dahin bringen, deinem Gatten mit eigner Hand die Krone aufs Haupt zu setzen. Amalaswintha soll dem Zepter entsagen.«

      »Nie tut sie das!« rief Gothelindis.

      »Vielleicht doch! Ihr Edelmut ist noch größer als ihr Herrscherstolz. Man kann seine Feinde auch durch ihre Tugenden verderben«, sagte Cethegus nachsinnend. »Ich bin meiner Sache gewiß, und ich grüße dich, Königin der Goten!« schloß er mit leichter Verbeugung.

      FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL

      Die Regentin Amalaswintha stand in der Zeit nach der Beseitigung der drei Herzoge in einer abwartenden Haltung.

      Hatte sie durch den Fall der Häupter des ihr feindlichen Adels etwas mehr freie Hand gewonnen, so stand doch die Volksversammlung zu Regeta bei Rom in naher Aussicht, in der sie sich von dem Verdacht des Mordes völlig reinigen oder die Krone, vielleicht das Leben, lassen mußte. Nur bis dahin hatten ihr Witichis und die Seinen ihren Schutz zugesagt. Sie spannte deshalb ihre Kräfte an, ihre Stellung bis zu jener Entscheidung nach allen Kräften zu befestigen.

      Von Cethegus hoffte sie nichts mehr: sie hatte seine kalte Selbstsucht durchschaut; doch vertraute sie, daß die Italier und die Verschworenen in den Katakomben, an deren Spitze ja ihr Name stand, ihre römerfreundliche Herrschaft einem aus der rauhen Gotenpartei hervorgegangenen König vorziehen würden. Sehnlich wünschte sie das Eintreffen der vom Kaiser erbetenen Leibwache herbei, um für den ersten Augenblick der Gefahr eine Stütze zu haben: und eifrig war sie bemüht, unter den Goten selbst die Zahl ihrer Freunde zu vermehren.

      Sie berief mehrere der alten Gefolgsleute ihres Vaters, eifrige Anhänger des Hauses der Amaler, greise Helden von großem Namen im Volk, Waffenbrüder und beinahe Jugendgenossen des alten Hildebrand, zu sich nach Ravenna, besonders den weißbärtigen Grippa, den Mundschenk Theoderichs, der dem Waffenmeister an Ruhm und Ansehn kaum nachstand: sie überhäufte ihn und die andern Gefolgen mit Ehren, übertrug Grippa und seinen Freunden das Kastell von Ravenna und ließ sie schwören, diese Feste dem Geschlecht der Amaler sicher zu erhalten.

      Wenn die Verbindung mit diesen im Volk beliebten Namen eine Art von Gegengewicht wider Hildebrand, Witichis und ihre Freunde schaffen sollte — und Witichis konnte die Auszeichnung der Freunde Theoderichs nicht als staatsgefährlich verhindern —, so sah sich die Königin auch gegen die Adelspartei der Balten und ihrer Bluträcher nach einer Stütze um. Sie erkannte diese mit scharfem Blick in dem edlen Hause der Wölsungen, nach den Amalern und Balten der dritthöchsten Adelssippe unter den Goten, reich begütert und einflußreich in dem mittleren Italien, deren Häupter dermalen zwei Brüder, Herzog Guntharis und Graf Arahad, waren. Diese zu gewinnen, hatte sie ein besonders wirksames Mittel ersonnen: sie bot für die Freundschaft der Wölsungen keinen geringeren Preis als die Hand ihrer schönen Tochter. —

      Zu Ravenna in einem reich geschmückten Gemach standen Mutter und Tochter in ernstem, aber nicht vertraulichem Gespräch hierüber.

      Mit hastigen Schritten, fremd ihrer sonstigen Ruhe, durchmaß die junonische Gestalt der Regentin den schmalen Raum, manchmal mit einem zornigen Blick das herrliche Geschöpf messend, welches ruhig und gesenkten Auges vor ihr stand, die linke Hand in die Hüfte, die Rechte auf die Platte des Marmortisches gestützt.

      »Besinne dich wohl«, rief Amalaswintha heftig, plötzlich stehen bleibend, »besinne dich anders. Ich gebe dir noch drei Tage Bedenkzeit.«

      »Das ist umsonst: ich werde immer sprechen wie heute«, sagte Mataswintha, die Augen nicht erhebend.

      »So sage nur, was du an Graf Arahad auszusetzen hast.«

      »Nichts, als daß ich ihn nicht liebe.«

      Die Königin schien das gar nicht zu hören. »Es ist doch in diesem Fall ganz anders als damals, da du mit Cyprianus vermählt werden solltest. Er war alt und — was in deinen Augen vielleicht ein Nachteil« — fügte sie bitter hinzu — »ein Römer!«

      »Und doch ward ich um meiner Weigerung willen nach Tarentum verbannt.«

      »Ich hoffte, Strenge würde dich heilen. Mondelang halt’ ich dich ferne von meinem Hof, von meinem Mutterherzen« —

      Mataswintha verzog die schöne Lippe zu einem herben Lächeln.

      »Umsonst! Ich rufe dich zurück« —

      »Du irrst. Mein Bruder Athalarich hat mich zurückgerufen.«

      »Ein andrer Freier wird dir vorgeschlagen. Jung, blühend schön, ein Gote von edelstem Adel, sein Haus jetzt das zweite im Reich. Du weißt, du ahnst wenigstens, wie sehr mein rings bedrängter Thron der Stütze bedarf: er und sein kriegsgewalt’ger Bruder verheißen uns die Hilfe ihrer ganzen Macht: Graf Arahad liebt dich, und du — du schlägst ihn aus! Warum? Sage, warum?«

      »Weil ich ihn nicht liebe.«

      »Albernes Mädchengerede. Du bist eine Königstochter — du hast dich deinem Hause, deinem Reiche zu opfern.«

      »Ich bin ein Weib«, sagte Mataswintha, die blitzenden Augen aufschlagend, »und opfre mein Herz keiner Macht im Himmel und auf Erden.«

      »Und so spricht meine Tochter! Sieh auf mich, törichtes Kind. Großes hab’ ich erstrebt und erreicht. Solange Menschen das Hohe bewundern, werden