Die Seelenlicht Chroniken. Katrin Gindele. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katrin Gindele
Издательство: Автор
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783946843788
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sie so viel besser ausgesehen. »Hast du Hunger, Mom?«

      Als sie den Kopf schüttelte, presste ich die Lippen zusammen. Seit Tagen schon hatte sie keinen richtigen Appetit mehr, was meine Sorge um sie nur noch verschlimmerte.

      »Ich möchte nichts essen«, sagte sie kaum hörbar. »Ich möchte einfach nur schlafen. Ich bin so schrecklich müde.«

      Mein Herz schlug etwas schneller. »Mom, du machst mir Angst.«

      Ihre Lider hoben sich, sie lächelte. »Du musst keine Angst um mich haben. Ich muss mich nur etwas ausruhen, dann komme ich schon wieder zu Kräften.«

      Sollte ich ihr das wirklich glauben?

      »Aber ich könnte einen Schluck Wasser vertragen.«

      Ich half ihr dabei, sich aufzurichten, und führte das Glas an ihre spröden Lippen.

      Sie nippte nur kurz daran. »Danke«, hauchte sie, dann fiel sie erschöpft in das Kissen zurück, als hätte ihr dieser kleine Akt der Anstrengung alles abverlangt.

      »Soll ich nicht doch lieber den Doktor holen?«, flehte ich sie an. »Er kann dir bestimmt etwas verschreiben, damit du schneller zu Kräften kommst. Vitamine oder so.« Meine Stimme klang panisch.

      Doch Mom schüttelte den Kopf, so wie immer, wenn ich das Wort Doktor in den Mund nahm. »Lass mich einfach ein bisschen schlafen«, bat sie.

      Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also ließ ich ihr ihren Willen. »Patrizia kommt mich heute besuchen«, sagte ich beim Hinausgehen.

      »Das ist schön«, murmelte sie schläfrig. »Richte ihr liebe Grüße von mir aus.«

      »Mache ich.« Innerlich zerrissen zog ich die Tür hinter mir zu.

      Was sollte ich nur tun? Konnte ich tatsächlich nur danebenstehen und zusehen, wie Mom von Tag zu Tag immer schwächer wurde?

      Mein Puls hatte sich noch immer nicht beruhigt, als ich, mit den Gedanken immer noch bei Mom, mit den Vorbereitungen für meine kleine Party begann. Ohne großes Interesse richtete ich die Antipasti auf einem Teller an, holte ein paar Gläser aus dem Schrank und zupfte die Trauben von den Stielen, um sie neben dem Käse auf einer Platte anzurichten.

      Mom würde sich nicht mehr erholen, davon war ich inzwischen überzeugt. Ihr Zustand währte nun schon viel zu lange, und was auch immer dahintersteckte, sie würde nicht mehr zu Kräften kommen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie …

      Der Gedanke erschreckte mich so sehr, dass mir die Weinflasche aus der Hand glitt. Bevor sie jedoch den Boden erreichte, hatte Mickal sie aufgefangen. Wie in Zeitlupe stellte er sie auf den kleinen Tisch, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.

      »Du machst dir große Sorgen um deine Mutter«, kam er sogleich zur Sache.

      Am liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen, um mich an seiner Schulter auszuheulen. Er würde mich sicher in den Arm nehmen, mich trösten und mir versichern, dass doch noch alles gut werden würde. Oder?

      Langsam hob ich den Kopf und schaute ihn an. Dabei versuchte ich, meine aufgewühlten Gefühle außen vor zu lassen und mich stattdessen nur auf sein Gesicht zu konzentrieren. Auf seine Augen, die so tröstlich wirkten in diesem kummervollen Augenblick.

      Mickal stand so dicht vor mir, dass ich die Hitze zwischen uns förmlich spüren konnte, und der Drang, sein Gesicht zu berühren, wurde mit einem Mal überwältigend.

      Wie hypnotisiert hob ich langsam den Arm und bemerkte, wie er die Lippen zusammenpresste. Dann kam er noch einen Schritt näher und mein Herz setzte beinahe aus. Ich wich nicht zurück, ließ aber meinen Arm sinken, fühlte mich plötzlich hilflos und verletzlich.

      »Du musst keine Angst vor mir haben«, sagte er mit rauer Stimme. »Ich bin einer von den Guten.«

      Ich schluckte hart, als er seine Finger um eine meiner langen Haarsträhnen schloss und sie aufmerksam betrachtete.

      »So rot wie das Herbstlaub in Gredonjen«, flüsterte er voller Ehrfurcht. Dann hob er den Blick und schaute mich wieder an. »Du bist wunderschön, Hannah. Das schönste Wesen, das ich je gesehen habe.«

      Mir wurde beinahe schwindlig. »Ich dachte, du hältst mich für irgendeine dumme Tussi«, brachte ich mühsam hervor.

      Mickal grinste schief. »Jemand hat mal zu mir gesagt, dass der erste Eindruck nicht immer automatisch der richtige ist.« Dann wurde er todernst. »Du hast mich schon in dem Augenblick umgehauen, als ich dich zum ersten Mal sah.« Er war mir gefährlich nah. »Du kannst mir vertrauen«, flüsterte er mir ins Ohr.

      Ich schauderte. »Kann ich das?«

      Behutsam zog er seine Finger aus meinen Haaren und war gerade dabei, seine Hand an mein Gesicht zu schmiegen, da hupte ein Auto in unmittelbarer Entfernung.

      Erschrocken wich ich vor ihm zurück. Mein Herz schlug so laut, dass ich Angst hatte, er würde es hören. Meine Wange, obwohl er sie nicht einmal berührt hatte, fühlte sich nun seltsam kalt an.

      »Das wird Patrizia sein.« Meine Kehle war staubtrocken, ich hatte Mühe zu sprechen.

      Mickal nickte wortlos, als ich mich an ihm vorbeidrängte, um meine Freundin zu begrüßen. Doch sein intensiver Blick folgte mir bis in den Flur. Die kleinen Härchen in meinem Nacken stellten sich auf, und der heftige Wunsch, einfach nur in seiner Nähe zu sein, wurde von Minute zu Minute stärker.

      Ich musste mich unbedingt zusammenreißen!

      Mit einem Blick in den Spiegel überprüfte ich mein Aussehen. Die kleinen roten Flecken in meinem Gesicht, die langsam verblassten, erschienen immer dann auf meiner Haut, wenn ich nervös oder aufgeregt war. Wie in der Sekunde, als mir bewusst geworden war, dass er vorhatte, mich zu berühren.

      Noch einmal betrachtete ich mein Gesicht, die cremeweiße Haut, überzogen mit unzähligen Sommersprossen, meine grünen Augen, meine Haare.

      So rot wie das Herbstlaub in Gredonjen? Bei Gelegenheit musste ich ihn fragen, was dieses Gredonjen sein sollte.

      Patrizia begrüßte mich überschwänglich, als ich die Haustür öffnete. Sie verteilte Küsschen auf meinen Wangen, eines links und eines rechts, und schloss mich in die Arme.

      »Wo ist er?«, flüsterte sie mir dabei ins Ohr.

      »In der Wohnküche«, antwortete ich genauso leise.

      Francesco und Silvio begrüßten mich mindestens ebenso überschwänglich, als hätten wir uns schon Jahre nicht mehr gesehen. Scheinbar hatte Patrizia bereits geplaudert.

      Carlotta kam unmittelbar hinter den beiden Jungs herein. Mit genervtem Blick durchforstete sie ihre Handtasche. »Ciao bella«, sagte sie und küsste mich ebenfalls auf beide Wangen. »Verdammt, ich habe mein Handy vergessen«, fluchte sie kurz darauf, noch immer im Flur stehend, die rechte Hand schon wieder tief in ihrer Handtasche vergraben. »Dabei warte ich auf einen sehr wichtigen Anruf.«

      »Lass mich raten«, neckte ich sie. »Ein Anruf von einem deiner Verehrer?«

      Carlotta hob den Kopf und grinste ertappt. »Ich habe mich noch nicht entschieden, wer mich am Samstag ausführen darf.« Mit einer gut einstudierten Handbewegung warf sie ihr langes braunes Haar über die Schulter und klimperte mit den braunen, dick geschminkten Augen. »›Genieße dein Leben, solange du jung bist‹, hat meine Nonna immer gesagt.«

      Carlotta war weder oberflächlich noch arrogant, auch wenn sie auf den ersten Blick so wirkte. Sie verstand es nur sehr gut, sich in Szene zu setzen, wofür ich sie beneidete, da sie es ohne Probleme schaffte, ihre Vorzüge zu betonen. Meine Vorzüge musste ich erst noch finden.

      »Patrizia erzählte etwas von einem fremden Mann in deinem Haus«, kam Carlotta auf den Punkt und spähte neugierig um die Ecke. »Ist er Single?«

      Ich warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Wie wäre es, wenn du ihn selbst fragst?«

      Ich schlug den Weg zur Wohnküche ein, Carlotta folgte mir. Zu meinem Leidwesen hatte Patrizia