Spielzeit. Dani Merati. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dani Merati
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847695417
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      Jos Kopf kam so schnell hoch, um seinen Freund anzusehen, dass alles vor seinen Augen verschwamm. Er konnte das nicht allein regeln, aber mit Torstens Hilfe? Aufgeregt versuchte er Worte zu finden, um ihm zu danken, doch Torsten unterbrach ihn.

      „Aber wenn diese Hochzeit das ist, was er wirklich will, musst du ihn gehen lassen. Wir schauen zu, wie er sich an die Kette legen lässt, wir wünschen ihm alles Gute und dann werden wir wieder hierherkommen und eröffnen diese Bar ohne ihn, kapiert?“

      Dankbare Tränen rannen über Jos Wangen. Er nickte schnell, eine Bewegung, die ihm sein pochender Schädel übelnahm. Natürlich verstand er. Er würde sich seinen Mann zurückholen. Er lachte mit neu gewonnenem Enthusiasmus, stolperte vorwärts und griff nach einer offenen Flasche Bier, die noch auf der Theke stand. Bevor er sie jedoch an seine Lippen bringen konnte, nahm Torsten sie ihm aus der Hand.

      „Vergiss das ganz schnell. Du hattest mehr als genug! Sieh dich doch mal um!“ Sein Freund holte mit einem Arm aus, zeigte auf das Chaos, das den gesamten Hauptraum der Bar einnahm. „Na komm‘, lass uns diesen Dreck beseitigen.“

      Torsten gab Jo einen Klaps auf den Rücken und wandte sich dann um. Der Raum drehte sich wieder vor Jos Augen, als er seinem Freund folgte. Nach nur einem Schritt wurde das Schaukeln so schlimm, dass er sein Gleichgewicht verlor. Er taumelte vorwärts und kotzte auf seine Füße und den Boden.

      Sekunden später war Torsten da, hielt ihn fest und rieb ihm übers Rückgrat. Jos Kehle brannte und Tränen rollten ungehemmt über seine Wangen. So hatte er sich noch nie gehen lassen. Als sein Magen nur noch krampfte, nachdem er dessen Inhalt von sich gegeben hatte, führte ihn Torsten zu einem Sofa an einer Wand. Er half ihm sich hinzulegen und schob ein Kissen unter seinen Kopf.

      „Ich sag‘ dir, was wir tun. Du bleibst hier liegen und schläfst deinen Rausch aus, okay? Ich bring‘ dir ein Glas Wasser und dann mach‘ ich sauber.“ Torsten saß auf der Sofakante und strich ihm über die Haare. Jo hatte keine Energie ihm zu antworten, er konnte nicht mal mehr nicken. Stattdessen lag er da, lauschte der tiefen Stimme seines besten Freundes und genoss die sanften Berührungen.

      ***

       Köln, 5. September 2006

      Jo verschloss hinter dem letzten Kunden die Tür. Endlich. Der heutige Tag, oder eher die Nacht war äußerst erfolgreich gewesen, was sich in seinen schmerzenden Füßen, Kopf, ach verdammt in seinem gesamten Körper bemerkbar machte.

      „Das war ganz schön heavy. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin total fertig.“ Jo checkte alle Schlösser und stellte die Außenbeleuchtung ab. Die Party war vorbei, die Bar geschlossen. Er lehnte sich geschafft an die Tür, um Torsten anzusehen. Er war der Letzte seiner Angestellten, der noch da war und arbeitete. Das Meiste hatten sie schon erledigt und es gab nur noch Kleinigkeiten, die getan werden mussten. Gott sei Dank!

      Torsten grinste und entfernte die restlichen Flaschen und Gläser vom Tresen. „Klar, aber es hat sich gelohnt. Ich hab‘ dir doch gesagt, die Leute lieben eine geile Party.“ Er zwinkerte, als er nach hinten eilte, um den Abfall zu entsorgen und die letzten Gläser zu spülen.

      Jo stöhnte und stieß sich von der Tür ab, folgte Torsten in die Küche. „Die Hälfte der Gäste hatte nicht mal eine Ahnung, was gefeiert wurde.“ „Spielt doch keine Rolle. Sie sind gekommen, hatten Spaß und sie haben eine Menge Geld verpulvert!“ Torstens Stimme klang gedämpft über das Rauschen von Wasser. Jo kam durch die Schwingtür und gesellte sich zu ihm.

      „Oh ja. Das haben sie. Vielleicht sollten wir das jedes Jahr so halten? Immer am Eröffnungsdatum?“ Jo lehnte sich an die Spüle, beobachtete seinen besten Freund bei der Arbeit. Seine geschickten Hände machten kurzen Prozess mit den restlichen Gläsern. Bevor Jo sich versah, beugte sich Torsten nach vorne und zog den Stöpsel aus dem Becken, damit das Wasser ablaufen konnte.

      Er hielt ein Stöhnen zurück, drehte sich um und stützte sich auf einer Arbeitsplatte ab. Er schloss seine Augen, um sich davon abzuhalten, Torstens Arsch in der engen Jeans zu bewundern. Verdammt! Sie waren Freunde seit dem Sandkasten. Was war nur los mit ihm? Wie konnte es sein, dass er nie registriert hatte, wie attraktiv sein bester Freund eigentlich war? Das ganze Desaster mit Oliver vor zwei Jahren erschien ihm auf einmal so unwirklich. Die Gefühle die er für dieses Arschloch gehegt hatte, ließen sich nicht im Ansatz mit denen vergleichen, die seit ungefähr einem Jahr für Torsten in ihm schwelten. Und in der Zeit seine Hände bei sich zu behalten war die reinste Folter gewesen.

      „Oh ja, das ist eine gute Idee! Wir führen eine richtige Tradition ein, und bevor du es merkst, wird das „OJ‘s“ eine Legende sein!“ Torstens tiefe Stimme und das fröhliche Lachen vibrierten durch Jos Zellen, setzten sie in Brand. Er schüttelte seinen Kopf, um die unangebrachten Gedanken loszuwerden. Peinlich berührt durch das Anschwellen seiner Erektion stieß er sich von dem Tisch ab und machte sich auf den Weg zum Hinterausgang.

      „Wir sollten uns aber nicht übernehmen!“, meinte er kurz angebunden. Ja, Jo, übernimm dich nicht, indem du deinem bisexuellen besten Freund hinterher hechelst. Das endet nur in einer Katastrophe, siehe Oliver. Sofort schämte er sich seiner Gedanken. Torsten war nicht mal ansatzweise mit diesem Bastard zu vergleichen.

      Er erreichte die Hintertür und drehte sich, um sicherzugehen, dass sein Freund ihm gefolgt war. Zu seiner Überraschung war dieser dicht hinter ihm, drängte ihn regelrecht in eine Ecke. Er konnte den leicht erdigen Geruch riechen, der von ihm ausging und die Hitze, die sein Körper ausstrahlte, versengte ihn. Ohne sich dessen bewusst zu sein, leckte er sich über die Lippen, nicht in der Lage den Blick von Torstens Lächeln abzuwenden. Er konnte nur noch daran denken, wie es wäre, diesen vollen Mund zu küssen, seine Zunge über das weiche Fleisch gleiten zu lassen. Wie er wohl schmeckte. Gott, er wollte es unbedingt herausfinden.

      „Warum nicht? In großen Dimensionen zu träumen ist nichts Schlechtes. Du wolltest aus diesem Ort hier was Tolles machen und verdammt noch mal, das hast du auch! Etwas Besonderes, wo Leute jeglicher Herkunft und sexueller Ausrichtung hinkommen und sich sofort zuhause fühlen. Du wolltest die größte und beste Bar in Köln betreiben, erinnerst du dich?“

      Torsten stützte seine Arme an beiden Seiten von Jos Kopf ab und dieser stöhnte und ließ sich gegen die Wand sinken. Die Versuchung war zu groß, wenn er seine Augen nicht schloss, würde er sich nie beherrschen können. Er würde sich erneut zum Narren machen, wie damals nach Olivers Hochzeit.

      Sie waren nach der Zeremonie in einen angesagten Gayclub in Berlin gegangen und er hatte sich wieder einmal so betrunken, dass er nicht mehr stehen konnte. Er hatte sich Torsten an den Hals geschmissen, ihn geküsst und angefleht ihn zu ficken. Torstens Zurückweisung in dieser Nacht schmerzte immer noch. Er konnte sich nicht mehr an viel erinnern, aber er war sich hundertprozentig sicher, das er davon keine Wiederholung wollte.

      „Ich habe eine Menge gesagt und getan, mein Freund. Ich will mich nicht mal an die Hälfte erinnern.“ Torsten lachte leise und strich mit seinem Daumen über Jos Unterlippe. Überrascht öffnete er seine Augen und starrte in Torstens. „Ach komm, es war doch nicht alles schlecht.“ Jo schluckte schwer und zuckte mit den Achseln, unsicher, worüber sie jetzt eigentlich sprachen.

      „Ich hab‘ auch eine Menge Mist geredet, weißt du? Kannst du dich noch erinnern, was ich in der Nacht gesagt habe, als Oliver geheiratet hat? Nachdem du mich geküsst hast?“ Jo runzelte die Stirn, schüttelte seinen Kopf und drückte sanft gegen Torstens Brust. Er konnte es nicht ertragen, ihm so nah zu sein.

      „Ich war betrunken. Dumm. Ich hab dir doch schon mehrfach gesagt, dass es mir leidtut.“ Torsten lehnte sich in Jos Hände, ließ sich nicht wegschieben. Ließ Jo nicht aus seinen Armen.

      „Ja, ich weiß, was du mir versichert hast. Aber ich spreche gerade über mich. Erinnerst du dich, was ich gesagt habe?“ Eine von Torstens Händen glitt von der Wand auf Jos Schulter, drückte sie behutsam. Er runzelte erneut die Stirn und schüttelte den Kopf, die Augen nicht