Julias Geheimnis
von
Jennifer Weise
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Julias Geheimnis
Jennifer Weise
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2012 Jennifer Weise
ISBN 978-3-8442-4204-1
Neustart in der WG
„Warte, Julia! Ich helf’ dir!“
Ich drehte mich um und entdeckte hinter mir Frank, der zusammen mit einem jungen Mann auf mich zukam.
Ich stellte meinen großen Rucksack wieder ab und reichte Frank die Hand.
„Das ist übrigens Matthew, er hat das Zimmer neben dir!“
Also begrüßte ich auch ihn und ging dann hinter den beiden her ins Dachgeschoss.
„Hast du da Steine drin? Der wiegt bestimmt mehr als du!“ keuchte Frank im Treppenhaus.
„Nein, aber Bücher.“
„Glaubst du etwa, du kommst bei uns zum Lesen?“
Irritiert blieb ich auf der Treppe stehen. Wie hatte Matthew das jetzt gemeint?
„Hier ist Party angesagt!“ redete er weiter.
Ich beschloss auf seine lockere Art einzugehen.
„Ich hoffe mal, dazu ladet ihr ein paar nette Kommilitonen ein!“
Nun blieb Matthew stehen und sah mich an.
„Etwa solo?“
„Jetzt fang nicht gleich an zu flirten, Matthew! Hilf mir lieber mit Julias Tasche!“ mischte sich Frank ein.
Matthew lief die paar Stufen zu Frank und nahm ihm den Rucksack ab. Ich hatte den Verdacht, dass er mir imponieren wollte, allerdings bemerkte ich auch sofort seinen überraschten Gesichtsausdruck, als er meine Sachen anhob. Dennoch ließ er sich nichts anmerken und stellte die Tasche in mein Zimmer.
„Dafür gibst du nachher zum Einstand aber einen aus!“ forderte Matthew mich auf.
„Trinkt ihr Bier?“ fragte ich und holte aus meinem Rucksack einen Sechserpack.
„Du weißt, wie man sich einschmeichelt“, grinste Matthew und verschwand mit dem Bier in der Küche.
Ich setzte mich erst mal auf mein Bett und sah mich in meinem kleinen Zimmer um. Ich hatte lange suchen müssen, bis ich ein erschwingliches, möbliertes Zimmer gefunden hatte. Auch wenn der Raum winzig war, würde das für mich völlig reichen. Als ich mir den Raum zum ersten Mal angesehen hatte, lernte ich Frank, Simone und Giselle kennen. Sie waren mir alle sehr sympathisch. Nun saß ich in Giselles altem Zimmer. Ich fand es schon etwas schade, dass ich die anderen Mitbewohner vorher nicht kennen lernen konnte, allerdings hatte ich schon so lange nach einem Zimmer gesucht, dass ich einfach zugegriffen hatte. Zumindest waren Frank und Simone ganz nett.
Es klopfte an meine Tür.
„Ja?“
„Kommst du mit in die Küche?“ fragte Frank.
Also folgte ich ihm und ließ mir von Matthew ein Bier öffnen.
„Simone ist übrigens letzten Monat ausgezogen“, eröffnete mir Frank.
„Habt ihr schon jemand anderen?“
„Ja, zum Semesterbeginn kommt Antonia.“
„Und wie ist sie so?“
„Ich fand sie ganz nett. Sie ist Erstsemesterin, erst zwanzig und sie sieht dir sogar ähnlich!“
„Nur weil sie nach deiner Beschreibung auch blond, klein und schlank ist, sehen die beiden sich noch lange nicht ähnlich, Matthew!“
An mich gewandt meinte Frank:
„Aber für ihn sehen eh alle Frauen gleich aus!“
„Und wer wohnt noch hier?“
„Im Moment hast du Glück, du bist mit uns beiden alleine“, äußerte Matthew.
„Warum nennst du das Glück?“
„Andere Frauen wären glücklich mich für sich zu haben!“
Ah ja, so ein Typ war Matthew also. Ich wollte schon mit einem Spruch antworten, besann mich aber eines besseren. Ich musste es mir nicht schon am ersten Tag mit Matthew verderben.
„Und wann kommen die Anderen?“ ging ich also nicht auf ihn ein.
Frank grinste.
„David und Antonia kommen erst in vier Wochen, Robin wahrscheinlich in zehn Tagen.“
„Wahrscheinlich?“
„Sie nimmt es nicht so genau mit Zeitangaben“, erklärte Matthew.
„Dann sind wir hier drei Frauen und drei Männer?“
Nun sahen Frank und Mathew sich an. Grinsend bestätigten sie das schließlich.
„Und warum bist du schon einen Monat vor Semesterbeginn hier, Julia?“
„Warum nicht, Matthew? Sonst hätte ich ja deine nette Gesellschaft versäumt!“
„Endlich mal jemand, der mich zu schätzen weiß! Du gefällst mir, Mädel!“
„Was studiert ihr?“
„Lehramt“, war Franks kurze Antwort.
„Welche Fächer?“
„Mathe und Sport.“
„Wievieltes Semester?“
„Ich komm’ jetzt ins sechste.“
„Und wie alt bist du?“
„Vierundzwanzig. Fertig mit dem Verhör?“
Ich nahm einen Schluck von meinem Bier.
„Du könntest ja auch einfach von dir aus erzählen!“
„Du bist die Neue!“
„Und?“
„Dann fängst du auch an!“
Matthew bestätigte Franks Worte, also begann ich:
„Ich bin hier, um mein Hauptstudium zu machen.“
„Sollen wir dir jetzt auch jedes Wort aus der Nase ziehen?“ fragte Matthew vorwurfsvoll.
„Ich bin vierundzwanzig, will Diplom-Dolmetscherin für Englisch und Spanisch werden und hab’ mein Grundstudium an einer kleinen Uni im Norden gemacht. Für die letzten fünf Semester hab’ ich mich hier eingeschrieben.“
„Warum hast du die Uni gewechselt?“
„Weil meine Mitbewohner zu neugierig waren!“ gab ich zurück.
Frank lachte.
„Was wollt ihr sonst noch wissen?“
„Hast du einen Freund?“
„Ich habe viele Freunde, allerdings kenne ich in dieser Stadt außer euch noch niemanden.“
„Wenn du willst, zeig’ ich dir die Stadt“, bot Mathew gleich an.
„Darauf komm ich gern zurück! Was machst du eigentlich?“
„Ich studier auch auf Lehramt. Mein Hauptfach ist Deutsch, Nebenfach Sport. Bin im fünften Semester. Außerdem bin ich noch zu haben“, fügte er gleich hinzu.
„Wie alt bist du?“
„Dreiundzwanzig, ich steh’ also in der Blüte meines Lebens!“
„Redet der immer so oder nur wenn er was getrunken hat?“ wandte ich mich an Frank.
„Da wirst du dich dran gewöhnen müssen, Julia! Aber keine Sorge, er hat bloß ne große Klappe!“
„Hast du eigentlich nen Führerschein?“