Mord aus vergangenen Tagen. Martin Cordemann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martin Cordemann
Издательство: Bookwire
Серия: Harry Rhode
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750223264
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Woher wissen Sie, dass es Glich ist?“

      „Er hatte seine Papiere in der Tasche.“

      „Wie praktisch. Hmmm, er muss einen maschinenlesbaren Personalausweis gehabt haben.“

      „Ja, wie kommen Sie darauf?“

      „Weil einer dieser alten Ausweise, die es vor sieben Jahren auch noch gab, in dem Wasser bestimmt bis heute verrottet wäre. Was wohl auch auf den Rest seiner Papiere zutreffen dürfte. Die Frage ist nun, was können wir daraus schließen, dass er seine Papiere bei sich hatte?“

      „Sagen Sie es mir.“

      „Entweder der Mörder wusste es nicht oder er hat nicht damit gerechnet, dass man ihn finden würde. Oder es war ihm einfach egal. Oder es war gar nicht Glich, der ermordet wurde. In dem Fall würde dann der Verdacht natürlich auf Glich selber fallen und wir müssten uns überlegen, wen wir hier gefunden haben. Dann wäre da noch die Möglichkeit, dass Glich dem Opfer zufällig seine Jacke geliehen hat, bevor dieses das Zeitliche gesegnet hat. Oder aber der Tote ist ein Taschendieb, der Glich vorher ausgeraubt hat und dann von irgendjemandem umgelegt wurde. Habe ich eine Möglichkeit ausgelassen?“

      Prosser war sowohl absolut unsympathisch als auch ein ganz kleines bisschen beeindruckt. „Nein.“

      „Gut, fassen wir also zusammen. Glich ist vor sieben Jahren verschwunden. Dieser Mann hier ist vor sieben Jahren ermordet und seebestattet worden. Und er hatte Glichs Papiere bei sich. Richtig?“

      „Richtig.“

      „Und was schließen wir daraus?“

      „Ich weiß nicht.“

      Ich nickte. „Tja, ich weiß es nämlich auch nicht. Und jetzt erzählen Sie mir endlich, warum dieser Fall so wichtig für Sie ist!“

      Prosser sah sich um, als könnte uns jemand belauschen. „Rhode, sollte etwas von dem, was ich Ihnen jetzt sage, an die Öffentlichkeit kommen, nagele ich Sie eigenhändig fest. Haben Sie mich verstanden?“

      „Zum ersten Mal!“

      „Es ist nicht nur der Tote, den wir gefunden haben. Er hatte noch etwas bei sich.“

      Ich sah ihn fragend an. „Als da wäre?“

      „Sagen wir, Mikrofilme von geheimen Unterlagen.“

      „Wirklich witzig, Prosser. Und was sollen das für ach so geheime Unterlagen sein? Etwa über ein so wichtiges Thema wie die Bundeswehr? Lachhaft!“

      „Sie müssen mir vertrauen.“

      Ich schüttelte den Kopf. „Na klar. Und was für Unterlagen waren das dann? Stasiakten? Oder die Hitlertagebücher? Prosser, entweder Sie lassen die Katze aus dem Sack und hören auf, mich auf derart laienhafte Weise zu verarschen, oder ich werde Ihnen nicht den geringsten Einblick in meine Untersuchungen geben.“

      „Rhode“, Prosser tat so, als säße er am längeren Hebel. „Verschwinden Sie hier! Es gibt nicht den geringsten Grund, warum ich einem kleinen billigen Schnüffler wie Ihnen...“

      „Ein kleiner billiger Schnüffler? Haben Sie das aus Der große Schlaf von Raymond Chandler?“

      „Bitte?“

      „Oder aus welchem Detektivfilm ist das? Hören Sie mal, Prosser, Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass diese Schnüfflersprüche auf Ihrem Mist gewachsen sind. Irgendwoher müssen Sie die doch haben. Detektive sind nämlich von der kulturellen Seite mehr eine amerikanische Tradition als eine deutsche.“

      „Und warum sind Sie dann einer?“

      „Weil ich eben nie ein guter Deutscher war. Und dann ist irgendwann irgendein Arschloch neuer Chef der Mordkommission geworden und ich bin gegangen. Worden. Wieauchimmer, sollte ich herausbekommen, dass Sie in irgendeinem Zusammenhang zu diesem Fall stehen, wird es mir ein Vergnügen sein, Sie verhaften zu lassen.“

      „Vor einem Jahr sind Sie mir in die Quere gekommen...“ murmelte er.

      „Ja. Und sollten Sie dieses Mal wieder vorhaben, mich verarschen zu wollen, dürfte sich das ziemlich unangenehm auf Ihre Karriere auswirken.“

      Ich drehte mich um und ging. Blieb die Frage, warum sich dieser unsympathische Schreibtischhocker für diesen Mordfall interessierte. Die Mikrofilmgeschichte war reiner Schwachsinn. Aber was konnte dahinter stecken? Erstmal musste ich mehr über Maximilian Glich in Erfahrung bringen. Da Prosser sich am Baggersee befand, war das jetzt der beste Zeitpunkt, meine Aufwartung im Polizeipräsidium zu machen und ein wenig in alten Akten zu stöbern.

      Die eine oder andere Person im Präsidium freute sich, wenn ich mal hereinschneite. Auch das bezaubernde Fräulein Rausch warf mir einen ihrer bezaubernden Blicke zu, von denen ich heute bereits zwei gehabt hatte und die im Endeffekt auch nichts brachten.

      Ich ließ mir aus dem Archiv die Akte des Falles Glich vor sieben Jahren heraussuchen, desgleichen in der Computerabteilung die Morde und Vermisstenlisten im Zeitraum von drei Wochen um das Verschwinden Glichs. Dazu ließ ich mir dann auch noch die entsprechenden Akten kommen, kopierte das alles illegalerweise und war wieder verschwunden, bevor Prosser zurück war. Was genau diesen eigentlich an dem Fall interessierte, konnte mir aber auch keiner sagen. Man munkelte jedoch, dass auch das BKA in die Untersuchungen eingeschaltet war. Das konnte vieles bedeuten, aber ich sah noch in keiner Weise klar, was es nun tatsächlich bedeutete.

      Meine Verabredung mit meiner Klientin konnte ich ohne Probleme einhalten. Unterwegs blätterte ich ein bisschen in meinen Kopien und stellte wenigstens schon mal fest, dass Glich in einer Bank gearbeitet hatte, bevor er verschwunden war. Wie sich herausstellte, stellte sich kurz nach seinem Verschwinden heraus, dass eine nicht unbeträchtliche Menge Geldes veruntreut worden war und der Verdacht auf Glich fiel. Aber das lag alles sieben Jahre zurück.

      Ich klingelte bei Frau Glich und sie empfing mich mit einem freundlichen Lächeln und einem Stück Kuchen. Es war Schokoladenkuchen, solcher mit Nougatüberzug, den ich am liebsten mag.

      „Das ist mein Lieblingskuchen“, murmelte ich zwischen zwei Bissen. „Woher wussten Sie das?“

      Sie lächelte. „Ich wusste es nicht. Haben Sie schon etwas herausgefunden?“

      Ich zuckte mit den Schultern. „Nicht viel, eigentlich nichts. Ich würde noch nicht mal mit Sicherheit davon ausgehen, dass es Ihr Mann war, den man da im Baggersee gefunden hat.“

      „Nicht? Herr Rhode, ich möchte, dass Sie mich richtig verstehen. Ich möchte Klarheit, was meinen Mann angeht. Ich will wissen, ob er tot ist oder noch lebt, ob er damals das Geld veruntreut hat oder jemand anderes, ich will es wissen. Viel zu lange habe ich diese Geschichte ruhen lassen.“

      Da konnte sie allerdings Recht haben. Ich hatte mir das Problem ja schon ausgemalt. „Ich habe mir die alten Untersuchungsergebnisse geholt und noch ein paar andere Akten aus der Zeit. Aber... bisher habe ich keinen Anhaltspunkt gefunden. Die Sache hat zu lange gelegen, ich habe ehrlich gesagt keine große Hoffnung, dass ich Ihnen weiterhelfen kann.“

      „Ich bin sicher, dass Sie Ihr bestes tun werden.“

      „Die Frage ist, ob es was bringt. Sagt Ihnen der Name Prosser etwas?“

      Sie überlegte und schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich war Prosser vor sieben Jahren noch nicht mal in der Stadt gewesen. „Können Sie sich vorstellen, warum sich jemand, der sonst nicht das geringste Interesse an der Lösung von Mordfällen hat, es sei denn, er kann sich dabei profilieren, sich auf einmal für diesen Fall interessiert? Oder das BKA?“

      Wieder schüttelte sie den Kopf. „Mein Mann war Bankangestellter. Er war kein Krimineller.“ Betrachtete man das Bankwesen, war das ein Widerspruch in sich. „Oder jedenfalls nicht soweit ich davon wusste. Glauben Sie mir, mir ist die ganze Sache so schleierhaft wie Ihnen.“

      „Ja“, ich überlegte kauend und kaute überlegend. „Bauen wir uns mal ein paar Theorien auf. Also, nehmen wir an, der Tote ist Ihr Mann und man hat ihn erschlagen und dafür gesorgt, dass