Sie wusste nicht, was dort auf der Tanzfläche mit ihr geschehen war. Sie wusste nur, dass sie sich noch nie in ihrem Leben so gut gefühlt hatte. Es war beinahe so etwas wie Magie gewesen - übernatürlich. Schnell trank sie einen weiteren Schluck Wein und versuchte, sich wieder auf die Unterhaltung zu konzentrieren.
Als die Gäste endlich aufbrachen, war es bereits nach zwei Uhr in der Nacht. Hernando Gomez verabschiedete sich besonders herzlich von Sarah und versprach, bald wieder einmal nach Los Angeles zu kommen.
„So“, meinte David Graham, als die Limousinen weggefahren waren. „Die Party ist überstanden.“
„Ja“, pflichtete Sarah ihm bei, während beide wieder in das Haus zurück gingen, wo der DJ und die Caterer mit dem Aufräumen beschäftigt waren – unter strenger Aufsicht von John Henman.
„Sarah, Sie waren fantastisch heute Abend.“
Sie schaute David Graham zuerst geschockt an, bis ihr einfiel, dass er gar nicht ihren Tanz gemeint hatte.
„Oh, danke, aber ich habe doch nur versucht, meinen Job zu tun.“
„Und bei diesem Versuch haben Sie an Ihrem ersten Tag etwas geschafft, das ich in acht Monaten nicht erreicht habe. Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, Sarah.“
Sie lächelte verlegen und schaute auf die Uhr.
„Ich bin mir sicher, dass es nicht allein mein Verdienst war. Aber ich denke, ich sollte jetzt nach Hause fahren. Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen?“
Graham runzelte die Stirn.
„Es ist gleich halb drei. Ich kann Sie doch jetzt nicht noch eine Stunde durch die Stadt fahren lassen. Ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag. Sie übernachten hier.“
Sarahs Augen wurden groß.
„Hier?“
Er nickte.
„Ja, Sie können in einem der Gästezimmer schlafen. Morgen früh fahren Sie dann nach Hause. Natürlich müssen Sie nicht um 10 Uhr in der Galerie sein, sondern erst am Nachmittag.“
Sarah überlegte. Eigentlich war sie wirklich müde und so würde sie eine ganze Stunde mehr Schlaf bekommen. Außerdem klang Gästezimmer relativ sicher.
„Also gut, dann nehme ich Ihr Angebot gern an“, willigte sie schließlich ein.
„Sehr gut“, freute er sich. „Ich zeige Ihnen gleich das Zimmer.“
Sie folgte ihm den Flur entlang, dann durch die Küche bis in den anderen Flügel des Gebäudes. Hier führte er sie in eines der Gästezimmer, das ebenfalls im gleichen mexikanischen Stil wie der Rest des Hauses eingerichtet war.
„Das Badezimmer ist gleich nebenan“, erklärte er ihr. „Dort in der Kommode finden Sie auch noch einige Sachen. Sie können sich etwas aussuchen, wenn Sie möchten. Und wenn Sie sonst noch etwas brauchen sollten …“
„Vielen Dank“, erwiderte sie. „Ich denke, ich habe alles.“
„Okay, dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht.“
„Ich Ihnen auch.“
Sarah wartete, bis er hinaus gegangen war und schloss dann die Tür ab, bevor sie in das Badezimmer ging, sich auszog und kurz duschte. Zurück im Gästezimmer schaute sie in die Kommode und fand ein großes T-Shirt, das sie sich überzog, bevor sie ins Bett schlüpfte und das Licht löschte. Sie war wirklich sehr müde, aber trotzdem ließ sie die Erinnerung an den Tanz mit David Graham nicht so schnell los. So ein Übermaß an Glücksgefühlen wie in diesen Minuten hatte sie noch nie gespürt, davon war sie überzeugt. Sie wusste jedoch nicht, was die Ursache dafür war. Allerdings würde sie es in dieser Nacht nicht mehr herausfinden, denn sie wurde jetzt doch vom Schlaf übermannt.
***
David Graham ging vom Gästezimmer zurück in den Salon, in dem sich nur noch John Henman aufhielt.
„Wie sieht es aus?“, erkundigte er sich.
„Alle weg“, berichtete John.
„Gut, endlich Feierabend. Aber der Abend hat sich wirklich gelohnt.“
„Ja“, stimmte John ihm zu. „Deine neue Assistentin hat Gomez geknackt.“
Graham nickte.
„Sie ist verdammt gut. Hast du schon etwas herausgefunden?“
„Nein, ich habe bisher nur die Standardchecks machen können, da gab es keine Auffälligkeiten“, berichtete Henman. „Der Lebenslauf und die Zeugnisse von Sarah Porter sind offensichtlich stimmig. Natürlich werde ich noch weiter graben. Wir können kein Risiko eingehen.“
Erneut nickte Graham.
„Noch so ein Fiasko wie in den letzten Wochen können wir uns nicht leisten. Aber es freut mich, dass Miss Porter anscheinend eine weiße Weste hat. Hoffen wir, es bleibt auch so.“
John Henman zuckte mit den Schultern.
„Ja, es wäre sicher bedauerlich, wenn wir uns auf die gleiche Weise von ihr trennen müssten, wie von ihrer Vorgängerin.“
David Grahams Miene verfinsterte sich und sein Blick wurde für einen Moment hart, bevor er leise seufzte.
„Oh ja. Es wäre mehr als bedauerlich.“
Kapitel 6
Als Sarah am nächsten Morgen aufwachte, öffnete sie die Augen und sie blinzelte einige Male, als helle Sonnenstrahlen zwischen den halb geschlossenen Vorhängen in den Raum fielen - in einen Raum, der ihr unbekannt vorkam. Sie schreckte hoch. Wo war sie? Doch dann fiel ihr wieder die letzte Nacht ein und dass sie sich in David Grahams Gästezimmer befand. Ein Blick auf die Uhr sagt ihr, dass es bereits 8.30 Uhr war. Mit einem Satz war sie aus dem Bett gesprungen und lief in das Badezimmer.
Fünfzehn Minuten später verließ sie das Gästezimmer - wieder in dem Kleid, das sie gestern bei der Party getragen hatte. Andere Kleidung hatte sie schließlich nicht dabei. Sie wusste noch, dass sie durch die Küche musste, um zur Haustür zu gelangen. Als sie die Küche jedoch betrat, blieb sie überrascht stehen. Ein verführerischer Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee stieg ihr in die Nase und sie konnte sehen, wie David Graham gerade einen Teller mit Pfannkuchen auf den Tisch stellte.
„Hey, guten Morgen“, grüßte er lächelnd, als er sie bemerkte. „Schon ausgeschlafen?“
„Uh huh“, versuchte sie, ihre Sprache wiederzufinden und nickte dabei bestätigend.
Sarahs Bewusstsein wurde gerade vollständig von seinem Anblick in Besitz genommen. Sie musste feststellen, dass David Graham in dem T-Shirt und den engen Jeans, die er jetzt trug, noch besser aussah – auch wenn sie es nicht für möglich gehalten hatte. Sarah musste sich mit aller Kraft dazu zwingen, ihren Blick von ihm loszureißen.
„Und haben Sie auch angenehm geschlafen?“, erkundigte er sich.
„Ja, vielen Dank.“
„Sehr gut. Ich hoffe, Sie mögen Pfannkuchen zum Frühstück.“
Sarah hatte keine Ahnung, ob sie im Moment überhaupt etwas essen konnte. In ihrem Bauch tobte sich gerade das inzwischen allzu bekannte Kribbeln aus. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie einen Bienenschwarm verschluckt.
„Ich … Ich weiß nicht. Ich sollte wirklich besser gleich nach Hause fahren“, stammelte sie.
„Aber warum?“, fragte er, ein wenig enttäuscht. „Mögen Sie keine Pfannkuchen?“
„Doch, schon. Ich meinte, sie sind sicher sehr gut, aber …“
„Keine Ausreden! Sie