PUSCHKINS GEHEIMNIS. Angelika Marquis-Servos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Angelika Marquis-Servos
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844294606
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galt der Hündin und ihren Jungen. Sie sollten alle nur an gute Plätze vermittelt werden versprach ich ihr, beinahe auch den Tränen nah. Dieses Versprechen konnte ich auch in den darauffolgenden Jahren jedem Tierbesitzer, der sich von seinem Liebling aus welchen Gründen auch immer trennen musste, gerne geben. Es wurde zu meinem festen Vorsatz, jedes auch noch so kleine, alte oder auch mal nicht ganz so hübsche Tierchen nur an gute Plätze zu vermitteln.

      Unter einem guten Platz versteht man Menschen, die sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind, wenn sie sich für ein Tier entscheiden. Menschen, die sich gut auf das neue Familienmitglied vorbereiten, sei es durch einschlägige Literatur, durch die Schaffung gewisser Bedingungen oder räumlicher Voraussetzungen. Es sind Menschen, die sich Zeit nehmen für das erworbene Tier und auch noch zu ihm stehen, wenn es krank oder alt ist.

      Fast immer konnte ich das Versprechen einhalten. Aber auch bei noch so viel gutem Willen und nach gewisser Zeit auch einigem Fingerspitzengefühl kam es vor, dass ich gelegentlich mit meiner Einstellung daneben lag. Zum Glück gab es da ja noch die Verträge, mit denen man das Tier im Zweifelsfalle wieder zurücknehmen konnte. Dies aber durfte immer nur die Ausnahme bleiben.

      Man musste bedenken, dass viele der eingelieferten Tiere schon eine Vorgeschichte hatten. Manche waren bereits durch mehrere Hände gegangen, andere wiederum hatten es vielleicht gut bei ihren Besitzern getroffen, mussten aber womöglich aus gesundheitlichen Gründen ihres Frauchens oder Herrchens schweren Herzens abgegeben werden. Das Ziel musste deshalb sein, einen neuen Platz fürs Leben zu finden. Das erforderte nicht nur etwas Menschenkenntnis, sondern manchmal auch viel Geduld, bis die passenden Interessenten gefunden waren. Auch das war für mich wieder Neuland. Es dauerte eine Weile, aber bald war klar, auf was ich zu achten hatte. In den manchmal langen Gesprächen erfuhr ich viel über die Lebensweise und Umstände der potenziellen Kunden. Nicht immer war die Sache eindeutig und ich musste nachhaken, hörte manchmal Dinge, die mich nicht immer erfreuten. Auf die Frage zum Beispiel, ob denn schon einmal ein Tier im Haus gehalten wurde, kam oft eine ellenlange Aufzählung und schon wurde man stutzig. Wie konnte es sein, dass ein Bewerber mit vielleicht gerade mal 30 Jahren schon an die 4 Hunde hatte? Schon möglich, aber was war aus ihnen geworden?

      Auf vorsichtiges Nachfragen erfuhr man dann, das man den ersten durch einen tragischen Verkehrsunfall verloren hatte, der zweite eingeschläfert worden war, weil er so aggressiv wurde und die zwei letzten Hunde im Urlaub in Südfrankreich entlaufen waren. Sollte das nun ein guter Platz für einen meiner Schützlinge sein?

      In der meisten Zeit hatte ich aber mit sehr verantwortungsbewussten Menschen zu tun, die mit viel Herz und Verstand ein neues Tier ins Haus holen wollten. Nicht selten kam der Anstoß zur Anschaffung eines Hundes von dem Kind der Familie. Aus Sicht der Kinder gehört ein Hund einfach zu einer heilen Familie dazu. Lässt man ein kleines Kind ein Bild von einer Familie malen, so besteht es fast immer aus einem Vater, einer Mutter, einem oder mehreren Kindern und einem Hund. Unverkennbar findet man in der Mitte des Bildes den kleinen oder manchmal auch großen Familienhund, den alle lieb haben. Durch einen Hund ist in den Augen der Kinder die Familie erst komplett.

      Auch wenn es nach der Anschaffung des langersehnten Hundes nach einigen Wochen darauf hinausläuft, dass die Versorgung und Betreuung des neuen Familienmitgliedes nicht von dem Kind übernommen wird, sondern in der Regel an der Mutter hängen bleibt, so sind doch Kind und Hund schnell ein eingespieltes Team. Die beiden haben vieles gemeinsam und das Kind fühlt sich mit seinen kleinen und großen Kindersorgen stets von dem Hund verstanden und bedingungslos geliebt. Seine Liebe zu ihm ist ohne Vorbehalte.

      Kinder, deren Wunsch nach einem Hund oder einer Katze erhört wird, können sich glücklich schätzen. Sie dürfen ein Leben lang davon profitieren, mit ihnen gemeinsam aufgewachsen zu sein. Schon früh können sie lernen, wie wichtig es ist, Verantwortung zu übernehmen. Sie können erkennen, dass das Haustier auf die Hilfe der Familie angewiesen ist. Das Tier muss regelmäßig gefüttert werden, der Hund mehrmals am Tag ausgeführt oder zum Tierarzt gebracht werden, wenn er sich eine Verletzung zugezogen hat. Ohne die Fürsorge der Familie wäre das Haustier hilflos und verloren.

      Selbst kleinste Aufgaben, die das Kind zum Beispiel bei der Betreuung des Hundes übernehmen kann, wie füttern, ausführen oder bürsten, fördern sein Einfühlungsvermögen, bringen es dazu, für Pünktlichkeit und Ordnung zu sorgen. Wissenschaftler, Ärzte oder auch Lehrer bestätigen immer wieder, dass Kinder, die einen Hund in der Familie haben, weniger problematisch sind. Sie sollen selbstbewusster, mutiger und durchweg gesunde, fröhliche Kinder sein.

      Zahlreiche Briefe von glücklichen Hundebesitzern mit beigelegten Fotos von Hund und Kind haben es immer wieder gezeigt. Die Familien hatten es nur in den seltensten Fällen jemals bereut, einen Hund ins Haus geholt zu haben. In der Regel war er stets ein geduldiger Spielgefährte für das Kind.

      Schon das Baby fühlte sich hingezogen zu dem warmen, wuscheligen Lebewesen, das seinerseits gerne die Nähe des Säuglings suchte. Der Vierbeiner sah in dem kleinen Menschenkind das Jungtier seiner Familie, also seines Rudels, und seine Liebe und seine Treue waren ihm sicher.

      Menschen, welche als Kinder mit einem Hund aufgewachsen waren, hatten oft auch im Laufe ihres Erwachsenenlebens Hunde. Davon abgesehen, dass ein Hund seinen Besitzer zu mehr Bewegung ermuntert, ihn fit hält und zu vermehrten Sozialkontakten führt, bringt er alleine durch seine Anwesenheit viel Wärme und Liebe in das Haus. Man könnte sagen: „einmal Hund, immer Hund“, auch das bewiesen die zahlreichen „Stammkunden“, die über Jahrzehnte hinaus sich immer wieder einen neuen Vierbeiner heimholten.

      Die erwachsenen Kinder endlich aus dem Haus, die Ehefrau vielleicht schon nicht mehr berufstätig, spätestens jetzt wagte sich auch die zögerlichste Familie an das Abenteuer Hund. Nun musste nur noch das passende Tier für die Interessenten gefunden werden.

      Sportliche, lauffreudige Hundefreunde fanden schnell den einen oder anderen lebhaften Gesellen, mit dem sie sich athletisch betätigen konnten. Eher ruhigen Zeitgenossen empfahl ich dann natürlich den gemütlichen, entspannten Sofahund aus unserer Kuschelecke in der Futterküche. Waren beide Parteien erst einmal zusammengeführt und der Funke war übergesprungen, konnten es die neuen Besitzer kaum erwarten, den neuerworbenen Familienhund endlich mit nach Hause nehmen zu können.

      Auch begeisterte junge Paare standen gelegentlich vor den Hundezwingern und wollten sich einen Vierbeiner zulegen. Leider waren in diesem Falle die Prognosen selten günstig. Selbst mit den allerbesten Absichten wurden gelegentlich die Hunde bereits innerhalb der ersten 12 Monate wieder weitergereicht. Entweder hatte sich beruflich etwas geändert, ein Umzug in eine neue Mietwohnung mit einem anderen Vermieter veränderte die Situation oder das gerade noch frisch verliebte Paar trennte sich wieder. Keiner konnte das Tier alleine betreuen und versorgen, und so blieb der Hund oft auf der Strecke.

      Mich brachten die gemachten Erfahrungen der ersten Zeit schnell dazu, besonders kritisch bei der Tiervermittlung zu sein. Manche hatten Verständnis für meine Bedenken oder konnten mich vielleicht umstimmen, andere wollten meine Überlegungen nicht akzeptieren, dann gab es nur eins: Ehrlich und konsequent die Lage ansprechen und nein sagen. Natürlich hielt dieses ausgesprochene „Nein“ niemand davon ab, sein Glück woanders zu versuchen. Man bekam überall ein Tier, wenn man nur lange genug suchte. Es gab noch andere Tierheime, Privatleute, die ihr Tier in der örtlichen Tageszeitung anboten, und es gab sogar Tiermärkte, auf denen junge Hunde jeden Samstag aus den Kofferräumen der Händler heraus verkauft wurden. Trotzdem sollte mich dies nicht dazu bringen, meine Entscheidung zu ändern. Ich wollte auch in Zukunft noch ruhig schlafen können.

      Allmählich wurde jeder Handgriff in meinem Hundebereich zur Routine. Es hatte sich alles eingespielt, meine Kollegin werkelte stattdessen in den Katzenzimmern, fütterte, putzte und betreute die schnurrenden Vierbeiner. Ich hatte es in den Sommermonaten richtig schön, war viel an der frischen Luft, packte regelmäßig kleine Hunderudel auf die Spielwiese und fand immer mehr Gefallen an meiner Arbeit. Unsere zwei Söhne waren in einer Tagesschule untergebracht. Nur an einem Tag in der Woche waren sie schon zur Mittagszeit zu Hause. Das war der offizielle Ruhetag unseres Tierheimes. So konnte ich mich also ganz intensiv meiner neuen Aufgabe widmen und ging voll darin auf. Unsere zwei Jungs fanden es natürlich auch spannend, mit so vielen Tieren unter einem Dach zu leben. Fast täglich kamen neue Findlinge