Natur, Leben und Magie
Ich bin, das lässt sich nicht bestreiten,
die herbste aller Jahreszeiten …
Mascha Kaléko:
„Der Herbst“
Waldrand bei Nacht
Der Tümpel ruht. Die Frösche werben.
Der Mond beglitzert schwarzes Tuch,
und in die Luft steigt Moosgeruch,
erfüllt von Leben und von Sterben.
Sogar der Wind scheint eingeschlafen,
rührt weder Schilfgras noch ein Blatt
und lässt des Tümpels Spiegel glatt,
als sei er ein verwunschner Hafen.
Ein Eulenschrei durchbricht die Stille
und spottet dieser Friedensnacht
in stillem Flug: Der Klauen Macht
zerstört die schläferne Idylle,
schafft federleicht eins jener Dramen,
wo Dunkelheit nicht schwarz genug,
den Bilch zu schützen vor dem Spuk …
Weh allen, die ins Mondlicht kamen!
Der Mond verblasst. Die Frösche schweigen.
Der Wind beginnt sein erstes Säuseln,
der Tümpel zeigt ein leichtes Kräuseln,
Insekten sammeln sich zum Reigen.
Der Vierte
Der Himmel ist ein ungebleichtes Tuch,
nicht weiß, nicht blau und auch nicht grau,
nur trüb und fahl und blass
und angefüllt mit Nass
und unter ihm die Luft so rau,
und dampfend steigt sein modriger Geruch.
Wie war des Winters Jugend doch so frisch!
So schuldlos und so makellos,
anmutig, schön und rein
und frei von falschem Schein,
von Kopf zu Füßen nackt und bloß
an sündenfreiem, unbeflecktem Tisch.
Nun ist er da, der launische Besuch,
den niemand gern zur Tafel hat,
den nur die Trauer führt,
der keine Liebe spürt,
der jede Freude setzt schachmatt -
doch nur vier Wochen währt sein Fluch.
Der Acker
Der Erdteig dampft im Sonnenherd,
und Früchte schwitzen heißen Saft,
verströmen volle Lebenskraft
im Monat, der am besten nährt.
Bald ist er trocken wie der Sand,
erschöpft bis auf das letzte Korn,
doch trägt die Krone, nicht den Dorn:
Er sorgt für reichen Ährenstand.
Wir segnen ihn und singen Dank:
Du bist der Acker, gibst uns Brot,
bewahrst vor Hunger uns und Not,
hältst fern uns Futterneid und Zank.
Der Erdteig, reichlich abgekühlt,
mit Herbstesschauern im Gewand,
streift lächelnd über Dorf und Land,
und sagt, was er im Tiefsten fühlt:
Ihr seid nicht meiner Krume wert
und keines Pflänzchens, das sich schält
und langsam an die Sonne quält,
dass es euch eines Tags ernährt!
Und trotzdem komme ich zurück.
Wir haben einen langen Bund:
Noch pflügen Menschen meinen Grund
und finden darin größtes Glück.
Abendrot im Wald
Kupfern sinkt das Licht auf Wipfel,
taucht den Wald in Abendglut,
Dunkelheit entsteigt dem Gipfel,
färbt die Blätter rot wie Blut,
lässt auf Stämme Schatten kriechen,
zeichnet Borken ein Gesicht,
Käfer suchen Schutz in Nischen,
Blüten schließen fest und dicht.
Licht!
Morgen wird es hell erstrahlen,
glänzender als je zuvor.
Wald