Satan und Ischariot III. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783746747446
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Ein Waldbrand am Rande des Llano estacado?«

      »Keineswegs. Das Feuer war ein Freudenfeuer für die Komantschen und ein Schmerzensfeuer für mich und Winnetou.«

      »Wetter. Wollten die Kerle euch etwa braten?«

      »Ja; nicht nur uns, sondern noch vier Gefährten, welche wir bei uns hatten.«

      »Mensch, davon weiß ich ja nicht das geringste! Erzähle!«

      »Winnetou und ich kamen von der Sierra Guadelupe herunter und wollten über die wüsten Staked Plains nach Fort Griffin hinüber. Wir kannten die Wüste und fürchteten sie also nicht, zumal wir uns Proviant und zwei Schläuche Wasser mitgenommen hatten. Auf halbem Wege trafen wir mit vier Personen zusammen, welche vom Fort Davis unten kamen und hinauf nach Fort Dodge wollten – –«

      »Ein eigentümlicher und gefährlicher Weg! Vom Rio Grande bis hinauf an den Arkansas! Das sind ja in der Luftlinie gegen sechshundert Meilen! Und dabei lang durch die Wüste des Llano! Konnten sie denn keinen Umweg durch besseres Land machen?«

      »Das konnten sie nicht nur, sondern das hätten sie eigentlich thun sollen; aber sie verstanden es nicht, und diejenigen, von denen sie geschickt worden waren, verstanden es noch weniger. Ich erfuhr soviel, daß es sich um ein bedeutendes Geschäft handle, bei welchem ein großes Geld zu machen sei, wenn es schnell abgeschlossen werde. Es war also keine Zeit zu verlieren; darum hatten die Boten die Anweisung bekommen, den geraden Weg einzuschlagen, welcher bekanntlich durch den wilden Llano führt. Die Boten waren zwei junge Kaufleute, welche von dem Westen nichts kannten. Darum hatte man ihnen zwei Jäger mitgegeben, welche zwar schon einmal im Llano gewesen waren, aber nicht weit hinein; am allerwenigsten aber wußten sie, wie man von Süd nach Nord durch denselben kommt.«

      »Welch eine Dummheit! Sie hätten den Rio Grande hinabfahren, nach New Orleans schiffen und dann den Missisippi und Arkansas hinaufdampfen sollen.«

      »Ja. Oder sie konnten den Rio Grande hinauf und durch Neu Mexiko nach Santa F& gehen, um von da aus hinüber nach der Arkansasstraße zu kommen. Auf beiden Wegen hätten sie ihr Ziel eher erreicht, als durch den Llano, selbst wenn sie da auf keine Hindernisse getroffen wären.«

      »Und der Hindernisse giebt es dort gerade mehr als genug!«

      »Freilich! Die vier Leute waren wirklich dem Tode geradezu in die Arme gelaufen. Als wir sie fanden, lagen sie fast verschmachtet im Sande, und ihren Pferden ging es ebenso. Wären wir nicht zufällig auf sie gestoßen, so hätten sie sterben müssen. Wir halfen ihnen und ihren Pferden durch etwas Wasser auf die Beine und brachten sie nach der nächsten Trinkstelle, welche Winnetou kannte. Wir rieten ihnen, mit uns nach Fort Griffin zu gehen; sie baten uns aber so himmelhoch, sie in nördlicher Richtung durch die Wüste zu bringen, daß wir, freilich nach langem Zögern, endlich einwilligten. Wir gaben also unsern eigenen Weg auf und ritten nach Norden.«

      »Da begabt ihr euch nun freilich selbst in große Gefahr!«

      »Versteht sich! Ich weiß nicht, ob ich heute, wo ich erfahrener bin als damals, wieder so gutwillig sein würde. Wir haben es auch zu bereuen gehabt. Winnetou rechnete auf zwei Trinkstellen, an denen wir vorüber mußten; aber die eine mußten wir meiden, weil sich dort allerlei räuberisches Gesindel zusammengefunden hatte, und als wir dann die andere erreichten, war sie fast ganz ausgetrocknet. Wenn wir uns retten wollten, mußten wir unsere Pferde erhalten; darum bekamen diese das wenige Wasser, wir aber keinen einzigen Tropfen. Dürstend ritten wir weiter.«

      »Und das alles den fremden Menschen zulieb?«

      »Ja, weil es zwar Fremde, aber, wie du ganz richtig sagst, doch Menschen waren. Du hättest es wahrscheinlich noch viel eher und lieber gethan, als wir beide. Ich kenne dich!«

      » Pshaw! Doch, erzähle weiter!«

      »Wir ließen uns also von unsern Pferden fortschleppen, bis sie selbst nicht mehr konnten. Das wenige Wasser, das sie bekommen hatten, hielt nicht lange vor, und schon am nächsten Tage konnten sie uns kaum noch tragen. Wir ruhten bis zum nächsten Morgen und gingen dann, ein wenig gestärkt, weiter.«

      »Gingen? Ihr konntet nicht reiten?«

      »Nein. Die Pferde waren zu schwach. Gegen Mittag erstachen wir eins und tranken das Blut – –«

      »Pfui!«

      »Sage nicht pfui! Du hättest an unserer Stelle dasselbe gethan. Am Abende mußten wir ein zweites töten. Warum auch nicht? Hätten wir das unterlassen, so wären sie doch gestürzt. Ein drittes verendete in der Nacht. Am nächsten Tage erstachen wir die übrigen. Ihr Blut hatte uns bis nun das Leben erhalten, aber wenn ich dir sagen soll, wie uns zu Mute war und in welchem Zustande wir uns befanden, so muß ich dir gestehen, daß ich dies nicht vermag. Ich habe da erfahren, daß Blut trinken wirklich betrunken macht, wenn vielleicht auch nur bei der großen Schwäche, welche sich unser bemächtigt hatte. Wir humpelten, stolperten und stürzten weiter und weiter, fielen nieder, rafften uns wieder auf, gingen einige Schritte, sanken wieder um, bis wir endlich liegen blieben.«

      »Schrecklich! Wo war das, wo ihr liegen bliebt?«

      »Nicht weit von hier, vielleicht einen Stundenritt südwestlich von dem kahlen Baume, den du vorhin gesehen hast.«

      »Nun errate ich! Ihr wurdet von den Komantschen überfallen und konntet euch wegen des Zustandes, in welchem ihr euch befandet, nicht wehren?«

      »So ist es. Ich lag im Verschmachten an der Erde; das Fieber gaukelte mir allerlei tolle Bilder vor. Winnetou erging es ebenso, wie er mir später erzählte. Da plötzlich entstand ein Geschrei und Geheul um uns her, daß ich versuchte, mich aufzurichten; es gelang mir aber nicht; ich fiel in Ohnmacht. Als ich erwachte, war ich gebunden. Neben mir lag Winnetou mit den vier Fremden, und um uns her hatten sich die Komantschen gelagert.«

      »Wie viele waren ihrer?«

      »Ich nahm alle meine Geisteskräfte zusammen, um sie zu zählen. Es waren ihrer vierzehn.«

      »Nur!«

      »Ja, nur! Vierzehn gesunde, kräftige Männer gegen sechs Menschen, welche neunzehntel tot waren!«

      »Ereifere dich nicht! Es fällt mir gar nicht ein, euch tadeln zu wollen. Ihr wart ja zu keiner Gegenwehr fähig. Was geschah dann?«

      »Die Roten fütterten uns und gaben uns zu trinken, doch nicht etwa aus Menschenfreundlichkeit, sondern um uns für einen schlimmern Tod zu stärken. Als wir uns soweit erholt hatten, daß wir gehen konnten, wurden wir hierhergeführt, wo wir wieder zu essen bekamen und trinken konnten, soviel wir wollten. Die Kerle blieben mit uns die ganze Nacht bis zum Morgen hier liegen; dann wurden wir fortgeschafft nach dem Baume. Dort sollten wir verbrannt werden, wie uns der Häuptling sagte.«

      »Ah, es war ein Häuptling dabei?«

      »Ein sehr berühmter sogar. Er hieß Atescha-Mu, d. h. starke Hand. Er war als der kriegerischste Häuptling der Komantschen bekannt. Also wir wurden nach dem Baume geschafft und dort aufgestellt. Man band zunächst die beiden Kaufleute an dem Stamm fest und brannte dann ein Feuer an. Als die beiden Kaufleute tot waren, kamen die beiden Jäger an die Reihe. Winnetou und ich sollten den Beschluß machen.«

      »Und ihr mußtet zusehen, daß auch diese beiden verbrannten?«

      »Ja; das Zusehen war schrecklich, aber das Zuhören war noch entsetzlicher. Ich sage dir, es war eine Scene, über die ich lieber schweige. Es graust mir noch heute, wenn ich daran denke. Endlich, endlich war's vorüber, und nun machte man sich an uns.«

      »Schnell, schnell! Erzähle schnell, damit ich rasch erfahre, wie ihr losgekommen seid!«

      »Ich muß dir zunächst sagen, daß man uns alles abgenommen hatte – –«

      »Auch deine Gewehre, den Bärentöter und den Henrystutzen?«

      »Den Stutzen hatte ich damals noch nicht.«

      »Und Winnetous Silberbüchse?«

      »Die hatte der Häuptling als Beute an sich genommen. Er hielt sie während der Hinrichtung der