Final Shutdown - Teil 1: Mysteriöse Todesfälle. Fred Kruse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred Kruse
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738002300
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Aber auch denen ging er aus dem Weg, wenn es sich irgendwie einrichten ließ. Er war verlegen und wusste nicht, wie er ein Gespräch beginnen sollte. Aber dann regelte sich alles von allein. Sie gehörte offensichtlich nicht gerade zu der schüchternen Sorte und hatte drauf los erzählt, als würden sie sich schon ewig kennen. Sie hieß übrigens Jasmin, wie er wenig später erfahren sollte.

      Mann, Mann, Mann, das war eine Frau! Frank musste sich kurz an einem Laternenpfahl festhalten. Der Fußgängerweg begann doch ganz beängstigend unter seinen Füßen zu schwanken. Er konnte wirklich nichts mehr vertragen. Die letzten zwei Jahre hatte er so gut wie keinen Alkohol mehr getrunken. Dass er allerdings so aus der Übung war, erstaunte ihn doch.

      Jedenfalls beruhigte es, dass eine Frau wie Jasmin Interesse an ihm zeigte. Er musste zugeben, er war in den letzten drei Jahren ein wenig aus den Fugen geraten. Das hatte auch Kristin gesagt, damals vor einem Jahr, als er sie das letzte Mal gesehen hatte. Er könnte sicher ein paar Kilo abspecken. Der nicht gerade berauschende Kantinenfraß in der Woche und das Fast Food am Wochenende trugen nicht gerade zu einem besonders ansprechenden Körper bei. Durch besonderen sportlichen Ehrgeiz hatte er sich ja noch nie hervorgetan, aber wenigstens ein bisschen Fahrradfahren oder Spazierengehen hätte er sich in den vergangenen drei Jahren gönnen sollen. Auch konnten seine Haare die eine oder andere zusätzliche Wäsche vertragen. Das wäre zumindest heute Abend von Vorteil gewesen. Vielleicht sollte er überhaupt mal zum Friseur gehen, mal etwas ganz Neues ausprobieren. Wer lief heute noch mit so einer Matte herum?

      Frank stieß sich von dem Laternenpfahl ab und nahm schwankend seinen Weg wieder auf.

      Es grenzte wirklich an ein Wunder, dass Jasmin etwas an ihm gefunden hatte. Sie musste seinen inneren Kern auch durch die etwas derangierte Hülle gespürt haben. Sie hatten sich jedenfalls prächtig unterhalten. Sie war eine Frau, die zuhören konnte. So etwas gab es nicht oft. Schon gar nicht, wenn er von seiner Arbeit erzählte. Aber Jasmin hatte ihm zugehört. Sie stellte sogar interessiert Fragen. Natürlich verstand sie vom Fach nichts, musste ja auch nicht sein. Sie stellte so herrlich naive Fragen. Aber sie wollte wirklich wissen, was er beruflich machte.

      Es hatte lange niemanden mehr gegeben, der ihm zuhörte, wenn er über die Dinge sprach, die ihn wirklich beschäftigten. Gut, das lag sicher auch daran, dass er sich nur noch für seine Arbeit interessierte, sonst passierte in seinem Leben ja nicht viel. Jasmin hörte ihm zu, sie fragte nach und er erzählte ihr alles. Natürlich trug er etwas dick auf, machte seinen Job spannender, als er wirklich war. Ein klein wenig musste man die Sache natürlich schon interessant machen. Die Realität sah schließlich trübe genug aus. Das fanden zumindest die meisten Leute, denen er bis dahin von seiner Tätigkeit erzählt hatte.

      Er sah das natürlich anders. Es war einfach spannend jemand anderem auf die Schliche zu kommen. Früher gehörte er selbst einmal zu denen, die unbedingt überall hinein wollten. Er hatte mehr als einen Rechner geknackt. Schon damals hatte es nur zwei Sorten von Menschen gegeben: Die einen, die es spannend fanden in einen fremden Rechner einzudringen, und die anderen, die es todlangweilig fanden, sich stundenlang mit den meist gescheiterten Versuchen zu beschäftigen. Die Letzteren konnten einfach nicht verstehen, wie es sich anfühlte, wenn man danach fieberte, endlich die Lösung zu finden, den Schlüssel, mit dem man in verbotene Zonen vordrang.

      Jetzt stand er auf der anderen Seite. Er gehörte zum Team für IT-Sicherheit. Er versuchte diejenigen zu erwischen, die versuchten, in ›seine‹ Systeme einzudringen. ›Seine Systeme‹ waren eigentlich die Rechnersysteme der Bundesverwaltung. In den letzten Jahren hatte er sehr erfolgreiche Arbeit geleistet. Meistens konnte man einen Angriff abfangen, indem man neue informationstechnische Sicherheitsbarrieren aufbaute, die Firewalls neu konfigurierte oder Ähnliches. Er hatte sich aber auch schon ein Mal direkt auf die Jagd begeben und einen Hacker erwischt. Natürlich lieferte er nur die Zuarbeit, die Daten. Den Rest hatte dann das BKA übernommen.

      Aber in der Vergangenheit hatte es sich nur um Peanuts gehandelt. Diesmal ging es um ein wirklich großes Ding. Durch reinen Zufall war er der Sache auf die Spur gekommen. Wer hätte auch gedacht, dass ausgerechnet aus dieser Richtung Gefahr drohte. Er deutete Jasmin die Geschichte natürlich nur an. Wirklich erzählt hatte er nichts. Dafür kannten sie sich dann doch noch nicht gut genug.

      Frank fummelte mit seinem Schlüssel am Schloss der Eingangstür herum. Verdammt! Hätte er nicht ein bisschen weniger trinken können? Dabei war es gar nicht so viel gewesen, soweit er sich erinnerte. Gut diese zwei Schnäpse zum Schluss hätten es wirklich nicht mehr sein brauchen. Aber nachdem Jasmin eine Runde ausgegeben hatte, musste er sich ja schließlich revanchieren.

      Endlich bekam er den Schlüssel ins Schloss und öffnete sie. Er schlüpfte hindurch. Die Haustür fiel krachend zu. Oh je, hoffentlich gab das keinen Ärger mit den Nachbarn. Der Schließmechanismus zog viel zu stark. Die Hausverwaltung hatte alle Bewohner des Hauses angehalten, die Eingangstür nachts leise zu schließen. So etwas war ihm seit Jahren nicht mehr passiert. Er hatte wirklich zu viel intus. Gut, dass Jasmin nicht hatte mitkommen wollen, er fühlte sich wirklich nicht in der Verfassung für eine erste Nacht. Jasmin musste ganz gut was wegstecken können. Sie hatte noch ganz nüchtern gewirkt, obwohl sie das Gleiche getrunken hatte wie er. Wirklich eine Teufelsfrau!

      »Bis zum nächsten Mal. Du weißt ja, wo du mich findest«, hatte sie zum Abschied gesagt. Damit konnte nur die Kneipe gemeint sein. Wo sie wohnte, wusste er nicht. Wenn er es recht bedachte, hatte sie über sich fast nichts erzählt. Dafür hatte sie ihn ganz schön ausgefragt. Egal, das würde ihm nicht wieder passieren. Beim nächsten Mal würde alles anders werden. Er musste sich von seinem egozentrischen Verhalten lösen. Das hatte auch schon Kristin gesagt. Beim nächsten Treffen würde er sie ausfragen, einfach an ihrer Person Interesse zeigen.

      Aber wie sollte er gerade jetzt diesen Vorsatz umsetzen? Diese Sache besaß einfach ein zu großes Ausmaß, sie nahm seinen ganzen Kopf ein. Und er hatte noch Größeres damit vor. Im Grunde war es sogar gut, dass er auf Thomas keine Rücksicht mehr nehmen brauchte. Der Spießer hatte doch nur an seine Karriere im Amt gedacht. Der hatte doch gar nicht kapiert, dass es sich dabei nur um Peanuts handelte. Und selbst wenn er es kapiert hätte, wäre der zu spießig gewesen, zuzugreifen. Er hätte sich sogar noch mit Ehrenhaftigkeit und Unbestechlichkeit herausgeredet. Thomas, der Gutmensch, wirklich zum Kotzen! In Wirklichkeit hätte der sich nie getraut, mal wirklich etwas zu riskieren.

      Da war er selbst ganz anders. Er wusste, dass man aus dieser Sache ganz andere Dinge herausholen konnte. Er würde bald nicht mehr in diesem Loch von einer Wohnung hausen müssen. Die Schulden, die Kristin ihm während seiner Ehe eingebrockt hatte und die er seitdem mitschleppte, würden in ein paar Monaten der Vergangenheit angehören. Dann würde er über solche Beträge nur noch schmunzeln.

      Er stand vor seiner Wohnungstür. Wieder fummelte er am Schloss herum. Diese blöden Sicherheitsschlösser, warum mussten diese Schlüssellöcher auch so klein sein? Warum hatte man nicht die schönen, großen, altmodischen Schlüssel für die Haustüren behalten können?

      Endlich nahm er auch diese Hürde. Die Eingangstür führte in einen kleinen Flur. Er betätigte den Lichtschalter, aber es blieb dunkel. Schon wieder die Birne kaputt! Das hatte er morgens gar nicht bemerkt. Vielleicht war es aber auch besser, dass er sich im Dunkeln nur als Schatten im Spiegel sah. So blieb ihm das schlimmste Elend erspart. Das musste wirklich alles besser werden. Er würde sich ab morgen um seine Wohnung kümmern, neue Birnen in die Lampen schrauben, aufräumen, abwaschen. Ja vor allem putzen und abwaschen. Irgendwie roch es merkwürdig in seiner Wohnung. Auch das war ihm am Morgen noch nicht aufgefallen. Erstaunlich, was ein Gespräch mit einer Frau, einer sehr attraktiven Frau, ausmachen konnte. Und dieses Lächeln erst!

      Er öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Auch hier brannte kein Licht. War die Sicherung durchgebrannt? Wirklich gut, dass Jasmin nicht mitgekommen war. Was hätte sie zu diesem Dreckloch gesagt. Morgen würde alles anders werden. Er würde die Wohnung in Ordnung bringen und sich selbst. Wenn er sie wiedertraf, wäre alles vorbereitet. Auch sein Äußeres würde hergerichtet sein, soweit sich das in ein oder zwei Tagen machen ließ, hieß das.

      Er torkelte durchs Wohnzimmer zur Küche. Die Wohnung besaß keinen idealen Schnitt, man kam vom Flur ins Wohnzimmer. Von dort gingen Küche und Schlafzimmer ab. Das Bad