Zuckermausalarm. Ute Dombrowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ute Dombrowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742748065
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die Seite.

      „Ja … ja, ich denke schon, dass wir, … dass du … ähm … mal rumkommen kannst.“

      „Okay, heute Nachmittag um vier?“

      Luna nickte entgeistert und dann war André auch schon weg. Gianna öffnete ihre riesige Handtasche, die sie statt einer Schultasche benutzte und holte flache Schuhe heraus, sie ließ sie auf den Boden fallen, griff nach ihren Highheels und stopfte die in die Tasche, während sie in die flachen Ballerinas schlüpfte. Sofort war sie genauso groß wie Luna.

      „Na prima, er ist auch noch doof“, sagte sie mitleidig.

      „Nur weil ich ihm in Englisch helfen soll, ist er noch lange nicht doof. Du bist manchmal echt oberflächlich.“

      „Ach Süße, ich habe eben Erfahrungen mit Jungs, da musst du noch viel lernen.“

      Luna presste die Lippen fest zusammen und dachte: Gianna ist eine Diva geworden, wo ist die Freundin, die alle Sorgen und Freuden mit mir geteilt hat?

      Als es jetzt zur Stunde läutete, machten sich die beiden auf den Weg in die Klasse. Dort herrschte wie immer Chaos, irgendwer hatte alle Stühle aufeinandergestapelt. Frau Leitzerich, die Mutter von Giannas Freund, begrüßte die Mädchen, die vor der Tür stehengeblieben waren.

      „Los, geht rein, wir müssen die Klassenarbeit vorbereiten.“

      „Geht nicht“, sagte Gianna kurz angebunden, denn sie mochte ihre „Schwiegermutter“ nicht.

      Die Mathematiklehrerin war eine korrekte und strenge Person, der die Freundin ihres Sohnes ein Dorn im Augen war. Ganz im Gegenteil zu Marvins Vater, der Kunstmaler war und nicht im Geringsten zu seiner Frau passte. Aber er mochte Gianna und diskutierte viel mit der kreativen Jugendlichen über seine Bilder.

      Jetzt steckte die Lehrerin den Kopf durch die Tür und sah, was passiert war. Sie ahnte, wer es gewesen war und fauchte den kleinen Schüler an, der mit diesen Streichen sein Defizit an Körpergröße kompensierte. Nun entdeckte sie auch, dass hinter dem Wall aus Stühlen noch jemand steckte. Ronja Kuschanikov war regelrecht eingemauert worden.

      „Räumt das ab, sofort!“, wandte sich Frau Leitzerich an die anderen und die wagten nicht zu widersprechen, denn ihre Mathematiklehrerin hatte diesen Blick aufgesetzt, der stets Unheil bedeutete.

      Als Ronja befreit war, rannte sie aus dem Klassenraum und verschwand weinend um die Ecke. Die Lehrerin bat Luna hinterherzugehen.

      „Ihr seid doch befreundet. Schau mal, was los ist. Ach, was müssen die auch immer die arme Ronja ärgern, nur weil sie dick ist.“

      Sie betrat die Klasse und alle eilten an ihren Platz, auch Gianna. Luna war Ronja gefolgt und öffnete die Tür der Mädchentoilette. Drinnen saß die Mitschülerin, die immer nur schwarze Kleidung trug, auf dem Boden und weinte. Luna setzte sich neben sie.

      „Warum hast du dich denn nicht gewehrt? Du könntest den kleinen Affen doch mit einer Hand zerquetschen.“

      „Ich kann gar nichts. Ich bin fett und hässlich, das ist alles.“

      „Nein, das bist du nicht. Los, wir müssen Mathe machen, sonst flippt die Leitzerich aus.“

      Sie war aufgestanden und half Ronja auf. Die wischte sich die Tränen ab und folgte Luna zurück in die Klasse. In der Pause stand sie zusammen mit ihren Freundinnen und Marvin auf dem Hof in ihrer Lieblingsecke und gemeinsam betrachteten sie die Jungs aus den oberen Klassen.

      „Gianna, komm mit, wir knöpfen uns den kleinen Giftzwerg mal vor, damit er aufhört auf Ronja herumzuhacken.“

      „Was willst du denn machen?“

      „Keine Ahnung, eben mal die Meinung sagen.“

      Gianna stieß sich von der kleinen Mauer ab, an der sie gelehnt hatte und folgte Luna. Ronja und Lia schauten den beiden hinterher. Bei den Jungs auf der anderen Seite des Hofes wurde Timon Büschel gerade herum geschubst. Nach einem Stoß gegen die Brust landete er auf dem Hosenboden und lachte, um seinen Ärger zu überspielen.

      „Hör zu, Giftzwerg, was sagt wohl deine Polizistenmutter dazu, dass ihr Kleiner die Mädchen mobbt?“, fragte Luna und sah ihn von oben herab an.

      Timon sprang auf und baute sich vor dem einen Kopf größeren Mädchen auf.

      „Kann die Fette nicht für sich selbst sprechen? Schickt sie ihre dummen Freundinnen vor?“

      Luna wollte etwa erwidern, da wurde sie an der Schulter zurückgezogen. Es war André und dumpfe Wut glühte in seinen Augen. Er ging einen Schritt auf Timon zu und tippte ihm gegen die Brust.

      „Ich hasse es, wenn sich jemand an Mädchen vergreift. Merke dir: Wenn ich noch einmal sehe oder höre, dass du jemanden ärgerst oder belästigst, dann finde ich dich und mache dich kaputt. Hast du mich verstanden?“

      Die anderen Jungs aus der Klasse waren in einen Halbkreis zurückgetreten und immer mehr Schüler versammelten sich, um nichts zu verpassen.

      „Timon, tritt ihm in die Eier!“, rief einer.

      „Lass dir nichts gefallen von dem Freak“, tönte ein anderer höhnisch.

      André achtete nicht darauf und hatte seinen Blick immer noch fest auf Timon gerichtet. Der wusste nicht, was er davon halten sollte.

      „Das war doch nur Spaß, Mann. Jetzt lass mich in Ruhe.“

      Er drehte sich zu den anderen um und schlich davon. Langsam löste sich die Gruppe auf und jetzt war die Pause auch schon wieder vorbei und alle eilten in die Klasse.

      „Danke“, sagte Luna, aber André winkte nur ab und ging davon, ohne sie anzusehen.

      Luna zuckte mit den Schultern.

      3

      Pünktlich um vier Uhr läutete es an der Tür. Luna hatte nichts zum Mittag essen können, so aufgeregt war sie. Ihre Mutter dachte immer noch, dass ihre Tochter wegen der zu engen Hose nichts aß und bedrängte sie nicht weiter. Als Luna zur Tür rannte, schaute sie verwundert aus der Küche.

      „Na du“, sagte André und seine grünen Augen leuchteten.

      „Komm rein.“

      Der düstere Junge folgte Luna erst in die Küche, wo er Doretta begrüßte, und danach in ihr Zimmer. Er sah sich kurz um und ließ seine Tasche auf den Boden fallen. Das gleiche tat er mit der Jacke. Achtlos stieg er darüber hinweg und sah Luna erwartungsvoll an. Es klopfte.

      „Kinder, ich bringe euch noch etwas zu trinken, dann lasse ich euch alleine. Luna, ich muss los ins Café, die Rike ist krank. Nimm du bitte nachher die Wäsche aus dem Trockner und lege sie zusammen. Wir sehen uns um sieben bei Papa. Und jetzt viel Spaß.“

      Sie grinste scheinheilig und Luna warf ihr einen bösen Blick zu. André stand immer noch mitten im Zimmer und wartete.

      „Ähm, wo wollen wir uns hinsetzen?“, fragte er.

      „Ach ja, wir lernen Englisch. Komm, wir gehen hinunter ins Wohnzimmer. Ich habe nur einen Stuhl.“

      „Wir können uns auch auf das Bett setzen. Ich muss für morgen bloß Vokabeln lernen.“

      Luna war rot geworden, stotterte ein paar unzusammenhängende Worte und wischte die Sachen von Bett. Jetzt nahm sie das Englischbuch und setzte sich auf die eine Seite. André grinste und setzte sich ans gegenüberliegende Ende.

      „Seite?“, fragte Luna und die Aufregung fiel von ihr ab.

      „Keine Ahnung. Sechste Lektion.“

      Sie begannen zu lernen und Luna entspannte völlig, denn André war locker und hatte die englischen Wörter schnell im Kopf. Anschließend hörte er sie ebenfalls ab. Nachdem sie fertig waren, herrschte eine unangenehme Stille.

      „Danke nochmal, dass du uns heute unterstützt hast“, sagte Luna leise, als der