Bung I - Vampire, Vampire!. Tuja Tiira. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tuja Tiira
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783746711225
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vor ihr auf den Rasen stürzte und eine Staubwolke aufsteigen ließ. Sie musste vom Baum gefallen sein. Aber was machte dieses Mädchen im Garten von Ka und ihren Eltern? Was hatte sie auf dem Kirschbaum zu suchen? Und woher kam der Staub?

      Ka war gerade erst hierhergezogen. Ihre Eltern hatten sich auf dem alten Gartengrundstück ein neues, umweltfreundliches, aber leider langweiliges Haus gebaut. Ka hätte viel lieber in einem uralten Haus gewohnt. Aber alte Häuser hatten keine Dreifachverglasung und das Heizen kostete unendlich viel Energie. Das meinten jedenfalls ihre Eltern. Trotzdem fand Ka alte Häuser einfach viel interessanter, alte Häuser mit alten Dachböden und alten Kellern. Häuser in denen es Geheimnisse zu entdecken gab. Aber immerhin, zumindest waren die Bäume im Garten alt und riesig. Und hier weiter hinten im Garten hinter dem Haus war sie weit genug weg so dass ihre Eltern sie nicht sehen konnten. Da kamen sie auch nicht auf eine ihrer vielen tollen Ideen, was Ka alles tun könnte. Ideen, die meistens nur ihre Eltern gut fanden.

      Das Mädchen, das vom Baum gefallen war, wirkte nun, nachdem sie mit dem Fluchen aufgehört hatte, etwas unsicher, verletzt hatte sie sich zum Glück nicht. Ka legte ein Lesezeichen in ihr Buch und klappte es zu. Sie stand auf, um ihr zu helfen. Das Mädchen sah etwas seltsam aus. Sie trug scheinbar ein Kleid ihrer Großmutter und war damit offensichtlich auf den Baum geklettert. Das Kleid war an zwei Stellen beschädigt und hatte braungrüne Schmutzstreifen, dort hatte es vermutlich beim Klettern am Stamm gescheuert. Nun schien sie etwas zu suchen. Ka sah eine Brille im Gras liegen, hob sie auf und hielt sie dem Mädchen hin. Die Brille war riesig, mit einem dicken schwarzen Gestell. Erst jetzt schien das Mädchen Ka richtig wahrzunehmen. Offensichtlich bemerkte sie, dass Ka sie fragend musterte. Sie lächelte leicht schief. "Danke."

      Ka wusste immer noch nicht, was sie sagen sollte. Das Mädchen war kleiner als Ka und bei weitem nicht so kräftig. Ka schwamm regelmäßig und lief jeden zweiten Tag 4 Kilometer. Das Mädchen wirkte, als hätte sie gerade ein Windstoß aus einer alten staubigen Bibliothek herübergeweht. Sie war einfach enorm staubig. Vor allem ihr Kleid staubte bei jeder Bewegung. Ka war sich sicher, dass unten am Kleid Reste von Spinnweben hingen. Ihre dunkelblonden Haare sahen aus, als hätte sie sie sich selbst mithilfe einer Papierschere geschnitten und dann vergessen, sich zu kämmen. Ka trug ihre hellblonden Haare kurz, sie fand, es sei eine Strafe, hellblonde Haare zu haben. Das Mädchen ihr gegenüber schien sich aber um solche Fragen keine Gedanken zu machen. Sie wirkte jünger als Ka, die bald 13 wurde.

      "Ich komme von drüben." Das Mädchen zeigte auf das Nachbargrundstück. "Ich bin Lisa. Ihr seid neu hier, nicht?"

      "Ich bin Katrin, aber die meisten nennen mich Ka." Ka streckte ihr die Hand hin und half ihr auf.

      Lisa unternahm einen Versuch, sich abzustauben, der aber nicht sehr ernsthaft wirkte. Ka hatte den Eindruck, sie tat das nur, weil sie dachte, dass es von ihr erwartet wurde. Ka machte das nichts aus, ihr waren solche Dinge nicht wichtig. Sie selbst trug meistens eher praktische Kleidung. An diesem warmen Frühlingstag hatte sie sich für schwarze Jeans und ein grünes T-Shirt entschieden. "Was wolltest du auf dem Baum?"

      Lisa zögerte, ihr war das ganze offensichtlich peinlich. Ihre Stimme klang unsicher und sie stockte zwischendurch. "Entschuldige bitte, ich habe nicht daran gedacht, dass ihr jetzt hier wohnt.“ Sie sah Ka schuldbewusst an. „Früher war hier nur ab und zu jemand um Obst zu ernten und die Wiese zu mähen. Der Kirschbaum beherbergt seltene Parasiten. Davon wollte ich welche holen. Es ist total schwierig, sie zu bekommen." Lisas Blick streifte durch das Gras. "Irgendwo hier müssten sie liegen. Ich hatte schon welche gefunden und eingesammelt." Nun wirkte sie wieder gefasst.

      "Parasiten?" Ka erwartete mit Ekel in der Stimme, gleich auf irgendwelche glibberigen Würmer oder gar Zecken zu treten. Misstrauisch sah sie sich um.

      "Ja." Auf einmal hellte sich Lisas Mine auf, sie lief zu einer Stelle, an der einige Blätter im Gras lagen und hob etwas auf.

      "Da sind sie ja."

      "Pflanzen?" Ka hatte irgendwelche widerlichen Tiere erwartet.

      "Diese Dinger leben vom Baum, sie saugen ihn aus, es ist wirklich schwer, welche zu finden. Überall sonst werden sie mit Chemie bekämpft?"

      "Wozu brauchst du sie?"

      Lisa schien einen Moment lang zu überlegen. Sie sah auf einmal ganz ernsthaft aus und schaute Ka genau an. "Ich erzähl' es dir nur, wenn du versprichst, mich nicht auszulachen."

      "Warum sollte ich dich auslachen?"

      "Weil alle das tun, weil alle meinen, ich wäre zu alt für so was."

      "Für was?"

      "Ich will eine Hexe werden. Alle halten das immer nur für ein Spiel, aber es ist mir ernst. Ich probiere gerade Zaubertrünke aus und für viele Rezepte sind Bestandteile von Baumparasiten unverzichtbar. Ich muss sowieso schon immer improvisieren, weil ich Teile von toten Tieren aus Prinzip nicht verwende. Ich esse auch kein Fleisch."

      "Hm." Ka wusste nicht recht, was sie denken sollte.

      "Meine Ururgroßtante war auch eine Hexe." Hexerei war scheinbar Lisas Lieblingsthema.

      "Eine Hexe?" Einen gewissen skeptischen Tonfall konnte Ka nicht unterdrücken.

      "Ja, wir haben drüben ein Bild von ihr. Willst du es sehen?"

      Ka überlegte nicht lange, interessanter als Abwaschen, eine Aufgabe, die ihre Eltern ihr auftragen würden, falls sie Ka fanden, war das allemal. Sie legte dass Buch in der Nähe des Baumstamms ab, damit sie es wiederfinden würde und zusammen mit Lisa kletterte sie durch ein Loch im Zaun auf das Nachbargrundstück.

      Auch auf diesem Grundstück waren die Bäume uralt und irgendwie nicht nur die Bäume, alles wirkte uralt, selbst der Rasen. Bäume und Büsche wucherten wild durcheinander, Lisas Eltern schienen von Gartenarbeit nicht viel zu halten. Und es roch eher wie im Wald, nach einer Mischung aus Holz und Feuchtigkeit. Außerdem war es hier seltsam still, alle Geräusche schienen weit weg. Selbst das Licht der Sonne tropfte nur in kleinen Pfützen durch die dichten Wipfel.

      Zur Straße hin stand eine große uralte Villa. Jedenfalls erschien sie Ka aus dem Dunkel der Bäume heraus riesengroß. Das Weiß war verwittert und hatte Risse. Die Fenster hatten große hölzerne Fensterläden, die alle aufgeklappt waren, Erker und Türmchen lugten an unterschiedlichsten Stellen aus dem Dach und die Fenster spiegelten das Licht.

      Ka war begeistert.

      Über einen Schleichweg, der zwischen einigen Büschen hindurch und über einen umgekippten Baum führte, erreichten sie einen kleinen Hintereingang.

      Durch einen kurzen Gang, von dem noch zwei weitere Türen abgingen, kamen sie in eine altmodisch eingerichtete, aber gemütliche Küche. Einen Augenblick lang musste sich Ka an das im Vergleich zu draußen dunklere Licht gewöhnen, doch ihren Augen tat die Entspannung gut und in der Küche war es angenehm kühl. In einem riesigen weißen Holzschrank stand im oberen Teil hinter Glas das Porzellangeschirr. Ein großer Holztisch bot Platz zum Essen. Das modernste in der Küche war ein alter, klobiger Kühlschrank mit Rundungen, wie sie sonst nur Autos in alten amerikanischen Spielfilmen haben. Irgendwo raschelte es, etwas schien unter dem Schrank zu verschwinden.

      "Was war das denn?"

      "Sicher nur eine Maus." Lisa schaute an Ka vorbei und schien damit beschäftigt zu sein, irgendetwas zu suchen. Ka war nicht überzeugt, denn das, was unter dem Schrank verschwunden war, war blassgrün gewesen, eindeutig blassgrün, und es war kein Frosch. Aber Lisa hatte es eilig, sie weiter zu ziehen.

      Von der Küche führte außer der Tür durch die sie hereingekommen waren, eine Tür in den Keller und eine Tür in einen Raum, der wohl einst als Esszimmer genutzt worden war. Heute schien ihn aber niemand mehr zu benutzen. Der große Tisch und die Stühle waren mit weißem Tuch abgedeckt.

      "Wir essen immer in der Küche."

      Sie gingen weiter in eine Eingangshalle, von der aus verschiedene Türen in alle Richtungen abgingen und eine geschwungene Treppe nach oben führte. Ka war sich sicher, dass die Stufen knarren würden. Es roch nach Bohnerwachs und Staub, nur das Ticken einer alten Standuhr durchbrach die Stille. Überall war es schattig und kühl, Lisa schien das zu mögen.

      "Wo