Er mußte gleich mit seinem Junker über Land reiten. Am Weg stand Hanf; den nennt man im
Lande Sachsen, aus dem Eulenspiegel stammte, »Henep«. Der Junker sprach zu Eulenspiegel,
der die Lanze seines Herrn trug: »Siehst du das Kraut, das da steht? Es heißt Henep.«
Eulenspiegel sagte: »ja, das sehe ich wohl.« Da sprach sein Junker: »Sooft du daran
vorbeikommst, so scheiße darein einen großen Haufen! Denn mit dem Kraut bindet und henkt
man die Räuber und die, die sich ohne Herrendienst aus dem Sattel ernähren. Das geschieht
mit dem Bast, der aus dem Kraut gesponnen wird.« Eulenspiegel sagte: »ja gern, das werde
ich tun.«
Der Junker (oder Hofmann) ritt mit Eulenspiegel hin und her in viele Städte und half rauben,
stehlen und nehmen, wie es seine Gewohnheit war.
Eines Tages begab es sich, daß sie zu Hause waren und still lagen. Als es Imbißzeit wurde,
ging Eulenspiegel in die Küche. Da sprach der Koch zu ihm: »Junge, geh in den Keller, da
steht ein irdener Hafen oder Topf, darin ist Senep (so auf sächsisch genannt), den bring mir
her!« Eulenspiegel sagte ja und hatte doch seinen Lebtag noch keinen Senep oder Senf
gesehen. Und als er in dem Keller den Topf mit Senf fand, dachte er: was mag der Koch damit
tun wollen? Ich meine, er will mich damit binden. Und er dachte weiter: mein Junker hat mich
geheißen, wo ich solches Kraut fände, sollte ich hineinscheißen. Und er hockte sich über den
Topf mit Senf, schiß ihn voll, rührte um und brachte ihn so dem Koch.
Was geschah? Der Koch machte sich keine weiteren Gedanken, richtete eilends in einem
Schüsselchen den Senf an und schickte ihn zu Tische. Der Junker und seine Gäste tunkten in
den Senf: der schmeckte ganz übel. Der Koch wurde geholt und gefragt, was er für Senf
gemacht habe. Und der Koch kostete auch den Senf, spie aus und sprach: »Der Senf schmeckt,
als wär darein geschissen worden.« Da fing Eulenspiegel an zu lachen. Sein Junker sprach:
»Was lachst du so spöttisch? Meinst du, wir können nicht schmecken, was das ist? Willst du
es nicht glauben, so komm und schmeck hier den Senf auch!« Eulenspiegel sagte: »Ich esse
das nicht. Wißt Ihr nicht, was Ihr mich geheißen habt am Feld auf der Straße? Wo ich das
Kraut sähe, so sollte ich darein scheißen, denn man pflege die Räuber damit zu henken und zu
erwürgen. Als mich der Koch in den Keller nach dem Senep schickte, habe ich darein getan
nach Eurem Geheiß.« Da sprach der Junker: »Du verwünschter Schalk, das soll dein Unglück
sein! Das Kraut, das ich dir zeigte, das heißt Henep oder Hanf. Was dich der Koch bringen
ließ, das heißt Senep oder Senf. Du hast das aus Bosheit getan!« Und er nahm einen Knüppel
und wollte ihn damit schlagen. Aber Eulenspiegel war behend, entlief ihm von der Burg und
kam nicht wieder.
Die 11. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich in Hildesheim bei einem Kaufmann als Koch und
Stubenheizer verdingte und sich dort sehr schalkhaftig benahm.
Rechts in der Straße, die in Hildesheim vom Heumarkt führt, wohnte ein reicher Kaufmann.
Der ging einmal vor dem Tor spazieren und wollte in seinen Garten gehen. Unterwegs fand er
Eulenspiegel auf einem grünen Acker liegen, grüßte und fragte ihn, was er für ein
Handwerksgeselle sei und welche Geschäfte er triebe. Eulenspiegel antwortete ihm klüglich
und mit heimlichem Spott, er sei ein Küchenjunge und habe keinen Dienst. Da sprach der
Kaufmann zu ihm: »Wenn du tüchtig sein willst, nehme ich dich selber auf und gebe dir neue
Kleider und einen guten Sold. Denn ich habe eine Frau, die zankt alle Tage wegen des
Kochens; deren Dank meine ich wohl zu verdienen.« Eulenspiegel gelobte ihm große Treue
und Redlichkeit.
Darauf nahm ihn der Kaufmann in seinen Dienst und fragte ihn, wie er hieße. »Herr, ich heiße
Bartholomäus.« Der Kaufmann sprach: »Das ist ein langer Name, man kann ihn nicht gut
aussprechen. Du sollst Doll heißen.« Eulenspiegel sagte: »ja, lieber Junker, es ist mir gleich,
wie ich heiße.« »Wohlan«, sprach der Kaufmann, »du bist mir ein rechter Knecht. Komm her,
komm her, geh mit mir in meinen Garten. Wir wollen Kräuter mit uns heimtragen und junge
Hühner damit füllen. Denn ich habe für den nächsten Sonntag Gäste eingeladen, denen wollte
ich gern etwas Gutes antun.« Eulenspiegel ging mit ihm in den Garten und schnitt Rosmarin.
Damit wollte er etliche Hühner auf welsche Art füllen, die restlichen Hühner mit Zwiebeln,
Eiern und anderen Kräutern. Dann gingen sie miteinander nach Hause.
Als die Frau den seltsam gekleideten Gast sah, fragte sie ihren Mann, was das für ein Gesell
sei, was er mit ihm tun wolle und ob er Sorge habe, das Brot im Hause werde schimmlig. Der
Kaufmann sagte: »Frau, sei zufrieden. Er soll dein eigner Knecht sein; denn er ist ein Koch.«
Die Frau sprach: »Ja, lieber Mann, wenn er gute Dinge kochen könnte!« »Sei zufrieden«,
sprach der Mann, »morgen sollst du sehen, was er kann.« Dann rief er Eulenspiegel: »Doll!«
Der antwortete: »Junker!« »Nimm einen Sack und geh mit zu den Fleischbänken. Wir wollen
Fleisch und einen Braten holen.« Also folgte er ihm nach. Da kaufte sein Junker Fleisch und
einen Braten und sprach zu ihm: »Doll, setze den Braten morgens bald auf und laß ihn kühl
und langsam braten, damit er nicht anbrennt. Das andere Fleisch setz auch beizeiten dazu,
damit es zum Imbiß gesotten ist.« Eulenspiegel sagte ja, stand früh auf und setzte die Speise
aufs Feuer. Den Braten aber steckte er an einen Spieß und legte ihn zwischen zwei Fässer
Einbecker Biers in den Keller, damit er kühl liege und nicht anbrenne.
Da der Kaufmann den Stadtschreiber und andere gute Freunde zu Gast geladen hatte, kam er
und wollte nachsehen, ob die Gäste schon gekommen und ob die Kost auch bereit sei. Und er
fragte seinen neuen Knecht danach. Der antwortete: »Es ist alles bereit außer dem Braten«.
»Wo ist der Braten«? sprach der Kaufmann. »Er liegt im Keller zwischen zwei Fässern. Ich
wußte im ganzen Haus keinen kälteren Ort, um ihn kühl zu legen, wie Ihr sagtet.« »Ist er denn
fertig gebraten?« fragte der Kaufmann. »Nein«, sprach Eulenspiegel, »ich wußte nicht, wann
Ihr ihn haben wolltet.«
Inzwischen karnen die Gäste; denen erzählte der Kaufmann von seinem neuen Knecht und wie
er den Braten in den Keller gelegt habe. Darüber lachten sie und hielten es für einen guten
Scherz. Aber die Frau war um der Gäste willen nicht