„Mein Gott! Als Fritzi achtzehn geworden ist, war ich achtundzwanzig. Ich habe da doch schon fast zehn Jahre woanders gewohnt! Und Fritz war ganz scharf darauf, in eine WG zu ziehen.“
„Und Ihr Elternhaus?“
„Verkauft, was sonst?“
Raben war perplex. „Einfach so?“
„Einfach so. Ich bitte Sie, es war doch nur ein Haus! Und ganz ehrlich, Waldstetten war sterbenslangweilig. Okay, Henting ist auch nicht so wahnsinnig spannend, aber mittlerweile sind mir Amüsements auch nicht mehr so wichtig. Man wird ja auch älter und reifer.“
„Sie hören sich an, als seien Sie schon im Rentenalter!“
Sophie musste lachen. „Gegenüber Fritzi komme ich mir manchmal auch wirklich so vor. Diese zehn Jahre machen wirklich etwas aus. Kommen Ihnen Ihre Studenten nicht auch manchmal etwas fremd vor?“
„Nur, wenn sie während des Seminars die ganze Zeit heimlich auf ihre Handys starren. Das finde ich unhöflich. Und ich weiß auch gar nicht, was da immer so wichtig sein kann.“
„Man könnte ja einen Post verpassen. Stellen Sie sich vor, ein Kumpel postet, dass er sich ein neues T-Shirt gekauft hat, und Sie kriegen das nicht in Echtzeit mit!“
Raben grinste so breit, dass er plötzlich fünf Jahre jünger wirkte. „Das wäre natürlich wirklich tragisch… So ähnlich wie diese Handygespräche Schatz, ich sitze jetzt im Bus. Da denke ich mir auch immer Ach was…“
„Man fragt sich, was zuerst da war – der Hang zur Darstellung des eigenen banalen Lebens oder die technischen Möglichkeiten.“
„Gut“, meinte Raben, „früher gab es sicher auch haufenweise Tagebücher und Briefwechsel, die eigentlich von bescheidenem Interesse waren…“
„Aber wurden die langweiligeren Ergüsse auch treu und brav aufbewahrt und womöglich editiert?“
„Da haben Sie wohl Recht, die Nachwelt dürfte da als Filter gewirkt haben.“
Den Rest des Abends blieb das Gespräch auf dem Gebiet der Literatur, und Sophie musste zugeben, dass Raben zwar nicht gerade alltagstauglich wirkte, aber durchaus ein origineller Denker und ein kluger Kopf war.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.