Pauls Antiweichei-Plan. Eike Ruckenbrod. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eike Ruckenbrod
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783738021929
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im Klo von Frau Weiler, vermutete Paul voll Unbehagen. Seine Oma hatte öfters gesagt: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort …

       Aber ich wollte ja gar nicht in echt klauen, ich hatte ja nur daran gedacht, und die üblen Gedanken waren von ganz allein gekommen.

      Paul sprang auf, huschte ins Bad und suchte aufgelöst eine Creme.

      „Da ist sie ja. Jetzt werden wir sehen, wer stärker ist, du oder ich?“, sprach er zu dem Ring, während er einen erbsengroßen Tupfen auf den Ringfinger drückte. Gründlich massierte er diesen um den Ring herum ein.

      Mit einem siegessicheren Grinsen zog er nun an dem Schmuckstück, aber es war wie verhext. Es ließ sich nicht entfernen, so fest er auch zog und zerrte. Sein Fingergelenk schmerzte schon.

      „So ’n Megascheiß“, fluchte Paul, „Warum geht das nicht?“ Sein Blut pochte bis in die Ohren.

       Was soll ich nur tun, wenn er nicht mehr abgeht? Wird Frau Wieler mir glauben und mich noch mal zu sich einladen? Einen Kerl, der offensichtlich ihren wertvollen Schmuck klaut? Einen Dieb!

      Hastig riss Paul die Tür vom Spiegelschrank auf und suchte nach einem Verband. Ihm war sterbensschlecht. Fürsorglich wickelte er ihn um den Ring. Endlich musste er nicht mehr in das rote Auge blicken.

      Tief atmete er ein und überlegte, was er seinem Vater erzählen sollte, wie und wo er sich verletzt hatte.

      Was ist, wenn er die Wunde sehen will, um sie sauber zu machen? Warum muss ich immer so viel Pech haben? Es war doch so schön bei Frau Wieler. Wir hätten Freunde werden können, grübelte er traurig und verließ das Bad wieder.

      Wie ein Häuflein Elend saß Paul auf der Bettkante und dachte keinen Augenblick mehr an die Bioarbeit. Unter dem Verband brannte der Ring, während sich ein schwerer Kloß in seinem Magen bildete. Er fühlte, wie sein Hals dick wurde und seine Augen brannten.

      „Nein, ich werde jetzt doch nicht anfangen zu flennen“, rügte er sich und sprang auf. Denk lieber nach! Was würde ein Held jetzt tun?

      Paul marschierte vor seinem Bett auf und ab. Es knisterte unter seinen Füßen. Er bückte sich, sammelte die Chipstüten auf und stopfte sie energisch in den übervollen Abfalleimer.

      „Ich muss zu ihr! So kann ich nicht weiterleben. Sie wird mich verstehen.“ Erleichtert rannte er in den Flur.

      „Ich muss noch mal kurz weg. Zum Essen bin ich wieder da“, rief er in Richtung Wohnzimmer und schmiss die Tür zu, bevor sein Vater ihn zurückhalten konnte.

      Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte er die Treppe hinunter, hinauf auf den Gehweg und die Straße entlang. So entgingen ihm die energischen Rufe seines Vaters, die laut im Treppenhaus widerhallten.

      Minuten später stand er keuchend vor Frau Wielers Haus und erblickte erleichtert Licht. Mit zittrigem Finger drückte er auf den Klingelknopf. Sein Herz hämmerte fest gegen die Rippen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Er klingelte noch einmal, und panisch noch einmal.

      „Kommen Sie, bitte öffnen Sie!“ Bevor mein Mut mich verlässt.

      In diesem Moment hörte er ihre Stimme. „Wer hat es denn so eilig?“

      „Ich bin‘s der Paul.“ Paul merkte, wie der Kloß im Hals wieder wuchs. Ein Summton ertönte und der Junge trat in den Garten. In der Dunkelheit wirkte dieser ganz schön unheimlich. Er zwang sich gerade aus, auf das erleuchtete Fenster zu schauen und nicht in Richtung der großen, dunklen Schatten, die sich rechts und links vom Weg weit nach oben reckten. Ein Rascheln, das aus dem Gebüsch kam, ließ ihn zusammenzucken. Er eilte weiter.

      Frau Wieler öffnete verwundert die Tür.

      „Paul, ich muss mich entschuldigen. Ich war vorhin sehr unhöflich. Vorher noch große Töne spucken und dann einschlafen …“ Sie schüttelte den Kopf. „Du hättest mich ruhig wecken können.“

      „Ach was, Sie schliefen so fest, ich wollte Sie nicht aufwecken.“

      „Schön, dass du mich noch einmal besuchst, aber wolltest du nicht Bio lernen?“

      Paul holte tief Atem. „Es … es ist sozusagen ein Notfall.“

      „O mein Gott, komm schnell rein! Was für ein Notfall, ist etwas passiert? Kann ich helfen?“ Mit angstgeweiteten Augen blickte sie dem Jungen ins Gesicht.

      „Nicht wirklich ein Notfall, also nur für mich … und für Sie“, stammelte er.

      „Für uns? Komm, setz dich erst einmal her und dann erzähle mir genau, was geschehen ist!“

      Paul setzte sich gern, da seine weichen Knie nachzugeben drohten. Sein Herz raste und sein Atem keuchte. Er wusste nicht, wie er anfangen sollte, und streckte ihr einfach seine Hand mit dem verbundenen Finger hin. „Es … es hat damit zu tun“, sagte er mit belegter Stimme und räusperte sich. Frau Wieler griff nach seiner Hand und hielt sie zärtlich streichelnd in der ihren. „Erzähl! Hast du dich verletzt? Bist du gestürzt?“

      Pauls Herz schmerzte vor so viel Zärtlichkeit. Fest schluckte er. „Also, ich war doch vorhin auf‘m Klo und da ist es passiert.“

      Die alte Frau zog die Stirn in Falten. „Bei mir?! Das ist ja schrecklich, das werde ich wieder gut machen.“

      „Nein, nein, da gibt‘s nichts zum Gutmachen, im Gegenteil … Ich bin an allem selbst Schuld. Ich sah die Ringe auf der Ablage liegen, dachte an Elisa und steckte mir einen Ring auf den Finger, und dann bekam ich ihn nicht mehr ab. Aber ich wollte ihn nicht klauen, ehrlich, das müssen Sie mir glauben!“, sprudelte es aus ihm kleinlaut heraus. Frau Wieler wickelte den Verband ab und erblickte das Unglück. Dann blickte sie ernst in Pauls Gesicht und sah das Zittern an seinem Kinn und die Tränen in seinen Augenwinkeln. Sie spürte, dass er die Wahrheit sagte. Sie nahm ihn in die Arme und drückte ihn fest an sich.

      „Du bist ein wunderbarer Junge. Nicht jeder hätte den Mut gehabt, zu mir zu kommen und alles zu beichten.“

      Rasch wischte Paul über seine überquellenden Augen.

      „Ich glaube dir! So, jetzt wollen wir mal sehen, wie wir den Guten wieder von deinem Finger bekommen. Hast du überhaupt schon Bio gelernt?“, fragte sie den aufgelösten Jungen. Paul schüttelte den Kopf.

      Die alte Dame stand energisch auf und humpelte in die Küche. Mit einem Eisbeutel und einer Flasche Öl kam sie zurück.

      „Jetzt kühlst du deinen Finger, dass er sich zusammenzieht und dann versuchen wir es mit Öl. Im Notfall müssen wir deinen Finger abschneiden“, scherzte sie. Paul brachte ein kleines Lächeln zustande.

      „Ich möchte mich noch ganz herzlich für den schönen Nachmittag bedanken. Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Freude. Ich hoffe, du kommst bald wieder.“

      Paul nickte erleichtert.

      „Und jetzt das Öl.“ Sie tropfte zwei Tropfen auf seinen Finger und rieb es ein. Dann zog sie mithilfe eines Geschirrtuches den Ring mit einer festen, drehenden Bewegung von seinem Finger.

      „Na also, da haben wir ja den Übeltäter“, sagte sie fröhlich. Paul rieb lächelnd seinen schmerzenden Ringfinger. Frau Wieler war nicht zimperlich gewesen, aber nun war alles wieder gut.

      „Den hat mir mein lieber Mann zur Verlobung geschenkt. Damals war ich jung und schön … Aber nun musst du schauen, dass du nach Hause kommst! Ich freue mich auf deinen nächsten Besuch.“

      „Ich komme auf jeden Fall noch diese Woche vorbei, und vielen Dank für alles.“

      „Ich habe zu danken. Und du kannst stolz auf dich sein.“ Zärtlich strich sie Paul über die Wange. Bewegt grinste er und eilte durch den Garten zum Tor hinaus.

      So gechillt war es also Probleme zu lösen, freute er sich und rannte beschwingt nach Hause, ohne zu ahnen, dass es noch schlimmer kommen konnte.

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