Himmel, Arsch und Hölle!. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260120
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geht es gut, danke der Nachfrage. Wo ich war? Im Wald, mit Igeln kegeln«, meinte ich kurz angebunden.

      »Vergiss nicht die Untersuchung. Trotzdem, schön zu sehen, dass du aus deiner Lethargie wieder aufgetaucht bist«, nickte sie mir zu und fuhr an.

      »Wie könnte ich diese Untersuchung vergessen? Ja, war auch schön, dich zu sehen«, grinste ich ihr verlegen hinterher wie ein Erstklässler. Selbstverständlich in der Haltung eines Fußballers, der beim Freistoß das Tor deckte, versteht sich. Als das Gefährt außer Sichtweite war, grummelte ich verärgert meinem Ständer an.

      »Wenn du das noch mal machst, binde ich dich in Zukunft an meinem Bein fest! ... Nee, lieber nicht, sonst kriege ich nachher das scheiß Bein nicht mehr runter!«

      Zumindest wusste ich jetzt, welchen Wagen Amanda fuhr. Spontan beschloss ich in näherer Zukunft, meine Laufroute ein wenig abzuändern, und wenn ich wieder etwas Freizeit hätte, mal etwas zu basteln. Was meinte Amanda mit Lethargie? Unweigerlich musste mal wieder jemand gequatscht haben. Natürlich kam nur Trixie dafür in Betracht.

      Dann schlug ich die Richtung meiner Behausung ein, blickte mich aber immer wieder um, weil ich mich beobachtet fühlte. Kurz lachte ich auf und schüttelte den Kopf, weil ein Eichhörnchen durch die Bäume sprang. Scheiß Paranoia ... Aber wie lautet eine alte Kriegerweisheit? Nur weil mal paranoid ist, muss es noch lange nicht bedeuten, dass du nicht von jemanden verfolgt wirst ...

      ***

      Die Luft flimmerte, und von der Optik wirkte es, als würde ein Loch in die wunderschöne Landschaft gebrannt. Fast so, als liefe ein Film in einem Kino, der urplötzlich Feuer fängt, vor der Projektorlinse verschmurgelt und dabei ein imaginäres Brandloch auf die Leinwand zaubert. Heraus trat ein Eichhörnchen. Ja, es heißt ja immer: … und der Teufel ist ein Eichkätzchen. Nun, es gibt wahrscheinlich mehr als nur einen Teufel. Gefallene Engel galten im Allgemeinen als Höllendämonen, ihr Name war Legion und ihrer Zahl viele. Das rote Fell gab noch eine gewisse Resthitze ab, die als dampfende Schwaden den possierlichen Nager umwallte. Nach der Akklimatisierung erklomm Nelchael den nächsten Baum und sprang dem joggenden Vampir hinterher. Leider kam er ein paar Tage zu spät, so wie er dem Gespräch mit der Frau entnehmen konnte. Zu schade, dass Zaphiel sich nicht eher blicken ließ, um ihm diesen Auftrag zukommen zu lassen. Doch Zaphiel hatte neuerdings sehr viel zu tun. Noch immer suchte er nach einem würdigen Ersatz für seine ihm abhanden gekommene Nase. Tagelang wartete er auf die Rückkehr seines abspenstigen Organs, doch vergebens. Selbst als er eigenhändig in den Gewölben von Versailles danach suchte, fand er sie nicht. Sie blieb nach wie vor aushäusig. Der gefallene Engel in Nagergestalt, saß nun auf einem anderen Baum und beobachtete, wie der Große im Gebäude verschwand. Sollte er nur gehen, irgendwann würde er schon wieder herauskommen. Ja, und dann, dann würde er ihm den Garaus machen. Zwar riet Zaphiel davon ab, eine zu gewagte Aktion gegen den Vampir zu tätigen, doch damit wäre wenigstens der Verursacher von Zaphiels Unmut beseitigt. Sein Boss wäre entzückt, empfände sogar eine gewisse Genugtuung und wäre ein wenig von seinem Leid abgelenkt und er, Nelchael, würde mit Lob überschüttet werden. Vielleicht dürfte er sogar bei Lucifer vorsprechen, oder noch besser, von Satan persönlich empfangen, um für diese Tat eine Belobigung entgegenzunehmen. Und den depperten Barbiel könnten sie sich immer noch später holen. Weiß der Geier, wo sich dieser Bagalute herumtrieb. Geduldig saß der böse Nager auf seinem Beobachtungsposten und blickte konzentriert auf den Ausgang. Aber wer sagt denn, dass das Böse nicht auch ein wenig dumm sein konnte? Jedenfalls bemerkte Nelchael den Schatten nicht, der sich ihm von hinten näherte. Und da er nur die Gestalt eines überaus überraschten Eichhörnchens besaß, hatte er gegen die Raben, die ihn sich als Mahlzeit auserkoren hatten, nichts entgegenzusetzen. Schade! Dann wird es wohl nichts mehr mit der Belobigung!, dachte er noch flüchtig, ehe ihm der Schnabel des Raben den Schädel spaltete und das Hirn wegfraß. Tja, was soll man sagen? Die Moral von der Geschicht: Bosheit schützt vor Dummheit nicht ...

      ***

      Zuhause angekommen, empfing mich Ernestine wieder begeistert, nahezu euphorisch. Nach einer kühlen Dusche brachen wir gemeinsam auf. Großzügigerweise ließ ich das Socken-Monster von der Leine, damit sie auf dem Weg zum Hauptgebäude ein wenig im Unterholz nach okkulten Socken stöbern konnte. Um den Umstand zu verhindern, sie könne mir in irgendeiner Weise abhanden kommen, hatte ich ihrem Laufgeschirr einen GPS-Sender verpasst. Schließlich sollte mir Barbiel beim Verlust von Ernestine nicht die Ohren voll jammern. Heutzutage gibt es für alles Mögliche eine Smartphone App. Und mit diesem GPS-Sender konnte man jederzeit ermitteln, wo sich das geliebte Haustier befand. Aber nicht nur Haustiere; wenn man diesen Sender nur geschickt irgendwo verbarg, konnte alles wiedergefunden werden, selbst Amandas Auto. Als wir die Zentrale erreichten, sparte ich mir das Basteln, löste den Sender von Ernestines Geschirr und versteckte ihn im Motorraum des blauen Meriva. Zufrieden besuchte ich erst einmal die Kantine, wo Ernestine ausgiebig von vielen Händen getätschelt wurde, was ihren Motor zum Dauer-Schnurren anregte. Von allen Monstern war sie das eindeutig beliebteste. Nach dem Frühstück musste ich sie regelrecht von den vielen streichelnden Händen loseisen und zur Eile antreiben. Wo dieser komische Tai Chi Lehrgang stattfinden sollte wusste ich noch nicht, nur dass wir uns vor den Räumlichkeiten des Asiatischen Kampfsports einfinden sollten. Dort warteten elf weitere Leute aller Couleur auf den Beginn des Kurses. Darunter auch eine mir unbekannte Zwergin. Sie war recht hübsch; nie zuvor sah ich eine so attraktive Kleinwüchsige. Im Gegensatz zu anderen Zwergen, hatte sie fast perfekte Proportionen, was die Länge ihrer Gliedmaßen betraf. Obendrein war diese zierliche Blondine verdammt gut gebaut. Mit anderen Worten: Sie hatte mächtig Holz vor der Hütte. Sie nickte mir freundlich zu und schaute gebannt auf die Tür. Und schon schwante mir Übles. Kurz darauf öffnete sich die Wandluke. Meister Chen zuckte kurz zusammen und verzog ärgerlich die Brauen, als er mich unvermitteltbar wiedererkannte.

      … Wir beide waren uns nicht gerade grün. Als ich noch ein Neuling war, sollte ich von ihm in Asiatischer Kampfkunst unterrichtet werden. Chen drehte mächtig an der Orgel und meinte, er könne mir nichts beibringen, weil ich viel zu groß und klobig wäre. Und obendrein viel zu langsam. Diese Behauptung wollte er mit einer Demonstration seiner Schnelligkeit untermauern. Daraufhin sollte ich versuchen, ihn mit einem Stock zu schlagen, und er somit seine Überlegenheit beweisen. Mehrere Tage lag er mit einer Gehirnerschütterung in der Krankenstation. Dabei hatte ich noch nicht einmal fest zugeschlagen. Seit diesem denkwürdigen Tag, waren wir uns eigentlich immer taktisch geschickt aus dem Weg gegangen, bis heute ...

      »Was willst du mit diesem Socken-Monster?«, fragte Meister Chen und ließ missmutig seinen Blick die Leine hoch wandern, der darauf unruhig auf mir haften blieb.

      »Sie wollte so gern mitkommen, da habe ich es ihr versprochen.«

      »So, so. Gehen wir nach draußen«, meinte der Chinese und führte unsere Gruppe zum kleinen See. Doch ehe wir loslegen konnten, hielt uns Meister Chen noch ein kleines Referat.

      »Taijiquan wurde im Chinesischen Kaiserreich entwickelt und ist eigentlich eine Kampfkunst. Man nennt sie auch Schattenboxen. Sie wird von mehreren Millionen Menschen praktiziert und kann als eine der am häufigsten ausgeübten Kampftechniken benannt werden. Man bezeichnet Taijiquan auch als Innere Kampfkunst, anzuwenden beim taktischen Nahkampf mit und ohne Waffe. Die Bewegungsabläufe sind geschmeidig und dienen ebenfalls der Gesundheit, dem Wohlbefinden und zur Meditation. Und das wollen wir jetzt zelebrieren«, nickte der Meister und gab uns damit zu verstehen, dass er unsere volle Aufmerksamkeit erwartete. Im eigentlichen Sinne war es ganz einfach. Die Übungen bestehen aus Formen, zusammengesetzt aus Bildern, die seltsame Namen trugen wie: Der weiße Kranich breitet seine Flügel aus, usw. Nur konnte ich mir diese Bilder einfach nicht einprägen, um einen ordentlichen Film daraus zu frickeln. Wie eine schlechte - oder noch besser - falsche Revuetänzerin, hing ich der Gruppe immer ein wenig hinterher. Selbst durch schnellere Bewegungsabläufe, war dieses Defizit nicht aufzuholen, weil ich danach wieder ins Stocken geriet. Wenn das Gedächtnis wie ein Tisch ist, auf dem immer mehr angehäuft wird, muss unweigerlich irgendetwas herunterfallen. Im meinem Falle war der Tisch wohl eher ein Beistelltischchen. Am Ende der Tai Chi-Stunde war ich nicht nur frustriert, sondern einem Selbstmord nahe. Meister Chen benutzte diesen Moment meiner Schwäche dafür, um mir eine Retourkutsche zu verpassen.

      »Gut,