Final Shutdown - Teil 2: Verfolgt. Fred Kruse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred Kruse
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847667872
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Man war verblendet. Man setzte sich etwas in den Kopf. Man war gewarnt und tat es trotzdem. Und dann musste man mit den Folgen leben, egal wie diese auch aussehen mochten. Immerhin trug sie die Konsequenzen ihrer Entscheidungen, zumindest soweit es in ihrer Macht stand.

      Der Fahrstuhl kam auf der Zieletage zum Stehen. Auf diesem Flur lagen die Labors der Spurensicherung. Wenn sie schon im Präsidium erscheinen musste, wollte sie wenigstens dort noch vorbeigehen. Mit Michael, dem leitenden Kriminaltechniker, war sie immer gut ausgekommen. Er würde ihr sicher erzählen können, was die Spurensicherung in den drei Fällen, für die sie sich interessierte, gefunden hatte. Sie klopfte an die Labortür und trat ein.

      »Hallo Michael, wie geht es denn so?«, begrüßte sie den ehemaligen Kollegen.

      Michael Bär überragte ihre gut ein Meter siebzig um etwa zehn Zentimeter. Die ersten grauen Strähnen durchzogen seine ursprünglich dunklen Haare. Seine vollen dunklen Augenbrauen gaben seinem Gesicht einen markanten Ausdruck. Sein Körper wirkte so durchtrainiert wie bei ihrer letzten Zusammenkunft. Er strahlte noch immer die Attraktivität auf sie aus wie zu dem Zeitpunkt, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Sie wusste, dass er um die vierzig war, ein gut erhaltener Vierziger.

      »Hallo Jana, lässt du dich auch mal blicken?«, fragte er freudig überrascht zurück. »Sag nicht, du hast in diesem Laden wieder angefangen.«

      Er saß an einem Rechner und sah sie strahlend und erwartungsfroh an.

      »Nein, nein, ich war nur an eurem letzten Fall beteiligt, als Zeugin sozusagen«, erwiderte Jana. »Da dachte ich, schau mal vorbei.«

      »Da muss ich mich wohl geehrt fühlen, wenn du ausgerechnet zu mir in mein abgelegenes Reich kommst. Oder klapperst du jetzt alle alten Kollegen ab?«, fragte er grinsend zurück.

      »Du kannst dich tatsächlich geehrt fühlen. Du bist der Erste und ich habe nicht vor, irgendjemand anderen hier zu besuchen«, sagte Jana müde lächelnd.

      »Und wie geht es so?«, fragte Michael.

      »Muss ja.« Jana lächelte gequält.

      »Ich hätte mich gerne noch mal mit dir getroffen, aber du hast dich auf keinen meiner Anrufe oder sonstige Nachrichten zurückgemeldet.« Michael lächelte zwar, es klang aber vorwurfsvoll.

      »Wie geht es deiner Frau?«, antwortete Jana bissig.

      »Wie immer schlecht. Wie immer ohne Grund«, erwiderte Michael spontan, sah Jana aber dann doch irritiert an. »Das habe ich nicht gemeint. Ich hätte einfach gerne mit dir ein Bier getrunken und ein wenig gequatscht.«

      »Ist schon gut. Ich bin etwas überarbeitet«, wiegelte Jana ab.

      »Hör mal, das ist doch kein Job für dich. Hier hättest du jede Menge Vorteile als Beamtin und so.« Bevor Jana etwas sagen konnte, redete Michael weiter. »Niemand hier kennt die Geschichte so gut wie ich. Es gab schließlich Zeiten, da hast du jemanden zum Ausheulen gebraucht. Glaub mir, die meisten sind weg, und die, die noch da sind, stehen auf deiner Seite. Es gibt absolut keinen Grund, warum du dir das weiterhin antust.«

      »Wenn du mir damals zugehört hast, dann weißt du, dass das alles nicht so einfach ist. Lass uns über etwas anderes reden, du bist heute schon der Zweite, der versucht, mich zu bequatschen.«

      »Werner?«

      Jana nickte, dann wechselte sie das Thema: »Kannst du mir ein paar Fragen zu euren letzten Fällen beantworten?«

      »Was meinst du, den Zuhälter und die Hure? Da gibt es nicht viel zu erzählen. Die sind eindeutig erschossen worden. Willst du das Kaliber der Waffen wissen oder den Typ?«

      »Warum seid ihr so sicher, dass es sich um organisierte Kriminalität handelte?«

      »Na ja, es geht um Prostitution, die verwendeten Waffen passen auch ins Bild. Mit so was ballern verschiedene Mafiagruppen rum. Was soll es sonst sein?« Michael sah sie fragend an. Jana zuckte mit den Schultern.

      »Was ist mit der Explosion in dem Mietshaus?«, fragte sie.

      »Also, wenn du schon alle möglichen Interna aus mir herausquetschen willst, musst du wenigstens einmal mit mir essen gehen!« Michael grinste sie frech an.

      »Mach ich ja. Sobald ich ein bisschen mehr Ruhe habe. Ich zahle dann aber selbst«, stellte Jana klar. Sie hielt es für klüger, dass Michael sich von vornherein keiner falschen Hoffnung hingab.

      »Ja, ja und ich verspreche, dass ich einem wehrlosen Mädchen wie dir nichts antue«, ergänzte Michael mit gespielter Entrüstung.

      Jana verzog das Gesicht zu einem kurzen Grinsen, hakte dann aber ernst nach: »Also nun erzähl schon: Was habt ihr gefunden?«

      »Nichts! Das war eine ganz normale Gasexplosion, ein bedauerlicher Unfall, kein Hinweis auf Fremdverschulden.«

      »Habt ihr den Rechner des Opfers sichergestellt?«

      »Was für einen Rechner?«

      »Na, so einen Laptop oder so ‘nen Kasten, wie du ihn unterm Schreibtisch stehen hast.«

      »In der Wohnung befand sich definitiv kein Rechner. Die Explosion war zwar stark und einige Dinge konnten wir kaum noch identifizieren, aber die Überreste eines Laptops oder eines Desktops hätten wir schon rekonstruieren können. Da war nichts.«

      »Findest du es nicht komisch, dass dort kein Rechner in der Wohnung stand? Das Opfer galt als Computer-Fachmann.«

      Michael verdrehte die Augen.

      »Oh Mann, Jana! Nur weil einer beruflich mit so etwas beschäftigt ist, muss er doch nicht auch noch seine Freizeit damit verbringen. Ich arbeite auch den ganzen Tag an irgendwelchen Kriminalfällen, deshalb lese ich noch lange keine Krimis oder sehe mir diesen Schwachsinn im Fernsehen an.«

      »Du weißt, dass es da aber auch andere Kollegen gibt. Einige sind richtige Fans von Krimiserien.«

      Michael schüttelte missbilligend den Kopf.

      »Wie dem auch sei«, sagte er. »Dein Opfer gehörte jedenfalls nicht zu denjenigen, die sich nach ihrem Job noch mit diesen Dingen beschäftigen. Da gab es definitiv keinen Rechner in der Wohnung. Den hätten wir gefunden oder zumindest das, was davon übrig geblieben wäre.«

      Jana legte ihre Stirn nachdenklich in Falten. »Das passt nicht. Sein Kollege erzählt ganz andere Dinge über die Gewohnheiten des Typen. Habt ihr auch keinen Bildschirm oder Drucker gefunden?«

      »Also hältst du uns jetzt auch für total verblödet?«, fragte Michael und das erste Mal während des Gesprächs sah er ehrlich verärgert aus. »Du fragst schon genauso überheblich wie diese Arschlöcher vom LKA. Wenn wir Computer-Equipment ohne einen Rechner gefunden hätten, hätten wir uns natürlich auch die Frage gestellt, wo das Gerät geblieben ist. Obwohl es auch für das Verschwinden eines PCs jede Menge Gründe geben kann. Er könnte ihn mit ins Büro genommen und dort stehen lassen haben. Vielleicht war das Gerät kaputt und das Opfer hat es zu Reparatur gebracht. Da gibt es tausend Möglichkeiten. Aber wie dem auch sei: In diesem Fall gab es keine Anzeichen dafür, dass jemals ein Rechner in der Wohnung gestanden hat.«

      »Warum interessiert sich das LKA für den Fall, wenn es sich doch nur um einen Unfall handelte?«

      »Die haben was von Amtshilfe genuschelt, aber nicht erklärt für wen. Wenn du mich fragst, wollten die unsere Arbeit überprüfen. Die trauen uns nicht übern Weg.«

      Jana sah ihn mit gerunzelter Stirn an. In ihren Gesichtszügen konnte man deutlich lesen, dass sie nicht seine Einschätzung teilte.

      »Ich weiß, das hört sich blöde an, aber weißt du, was die noch gebracht haben? Da gab’s so ’nen Autounfall in Süddeutschland. Auch so eine Sache, bei der es sich eindeutig um ein tragisches Unglück handelte. So etwas kommt eben vor im richtigen Leben. Als Einziges haben sie einen total verschmurgelten USB-Stick in dem ausgebrannten Wrack gefunden. Das Ding war so hin, wie irgendetwas nur hin sein kann.«

      Michael kam jetzt richtig in Fahrt. Vor Wut färbte sich sein Gesicht