»Linda, wie wär’s, wenn du heute mal den Anfang machst?«
Sie wurde rot, stand dann aber doch auf, faltete die Hände, sagte: »Lieber Gott ...« und überlegte dann lange. »Lieber Gott«, fing sie schließlich noch einmal an, »ich bete für meine kranke Oma, für meine Mutti und für die Lehrer, für der Nicole ihre Katze – aber nicht für den Andre.« Sie stockte, wollte sich setzen, da fiel ihr noch was ein. »Und außerdem, dass es bald wieder regnet, weil der Weizen schon knickt und die Kartoffeln eintrocknen und weil das Gras für unsere Küh’ nicht mehr recht wachsen will. Amen.«
Wie gesagt, morgens ist meine Haut noch sehr dünn, viel zu dünn für einen Drittklasslehrer. Ich schluckte, damit mir nicht die Tränen kamen.
»Danke, Linda«, sagte ich dann, »das war ein schöner Anfang!«
Sie strahlte mich verliebt an.
In der Pause suchte ich nach einem Platz im Lehrerzimmer. Aber jeder Stuhl schien schon besetzt, auch wenn niemand darauf saß. Grüppchen bildeten sich, enge, abgekapselte Cliquen – ich stand ziemlich verloren da.
»Komm hier zu uns rüber, Karl-Dietrich!« rief Rainer schließlich. »Aber nimm dir den Stuhl dort hinten, alle anderen sind besetzt.«
Ich aß meine trockenen Stöllchen, trank viel zu starken Kaffee.
Ich hörte zu. Das Dorfkarussell war wieder in Betrieb: Der hat dies gemacht und der das, weißt du schon, und der erst, hast du schon gehört, die hab ich auch mal wieder gesehen ...
»Sag mal«, fragte mich Rainer plötzlich, »heute Nacht war bei euch Highlife, hab ich gehört?«
»Wie hört man so was?« fragte ich.
»Mach dir keine Illusionen, Karl-Dietrich, jeden Furz, den du hier lässt, hört sofort das ganze Dorf – was ist denn nun wieder los mit eurem Alten?«
»Er schreit«, sagte ich, »er schreit, dass einem das Blut gefriert.«
»Der wird schon seinen Grund haben«, sagte jemand am Tisch, und alle grinsten verlegen.
»Stimmt irgendwas mit dem nicht, oder wie?« wollte ich wissen.
»Mit dem ganzen Reustenhof stimmt so manches nicht«, sagte Rainer, ein paar nickten – und wechselten schnell das Thema.
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