Die äußeren Umstände
Unsichere Zeiten, instabile Arbeits- und Wirtschaftsverhältnisse, steigende Armut, häufige Veränderungsprozesse in Unternehmen, wenig wertschätzende Menschenführung, eine Hiobsbotschaft jagt die andere – all das sind Faktoren, denen sich der Einzelne nicht entziehen kann. Angst und Stress gewinnen bei immer mehr Menschen die Oberhand. Hier liegen die äußeren Ursachen, die Burnout fördern.
Das individuelle Verhalten
Geht ein Mensch mit mangelndem Selbstwertgefühl durch das Leben, dann ist er psychisch instabiler und gegenüber seelischen Belastungen nicht genügend resistent. Die Folge sind persönliche Irritationen, das Gefühl der Insuffizienz, ein schwacher Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit, mangelhafte Selbstkohärenz und unterentwickelte Resilienz.
Irritationen
Ich stelle fest, dass Menschen, wenn sie nicht ein gewisses seelisches Rüstzeug von zuhause mitbekommen haben, Unsicherheiten zeigen.
Nach Prof. Gerald Hüther besteht diese seelische Grundausrüstung aus drei Komponenten:
1 Ich verfüge über die Ressourcen, die ich benötige, um meine Probleme zu lösen.Diese Ressource bildet sich durch die Wertschätzung und die Liebe, die Eltern ihren Kindern geben. Eltern, die ihre Kinder ermutigen, sich etwas zuzutrauen, die die Probleme ihrer Kinder ernst nehmen und ihnen bei der Suche nach Lösungen behilflich sind, schaffen ein Gefühl gesunden Selbstbewusstseins.Kinder brauchen ihre Eltern. Sie brauchen die Gewissheit, dass sie erwünscht sind. Eltern, die mit sich selbst hadern, geben häufig an ihre Kinder ihre Ängste und Probleme weiter und verhindern u.a. dadurch die Ausbildung dieser Fähigkeit.
2 Sollte ich einmal nicht in der Lage sein, meine Probleme zu lösen, dann gibt es in meiner sozialen Umgebung Menschen, die mir helfen.Diese Ressource bildet sich nicht zuletzt durch die Zuwendung, die Eltern ihren Kindern angedeihen lassen, aus. Sie geben ihren Kindern das Gefühl der Geborgenheit und dass sie zuhause sicher sind. Eltern, die keine Zeit für ihre Kinder haben und die Kinder mit ihren Problemen alleine lassen, manifestieren in ihren Kindern das Gefühl, dass man sie im Stich lässt.Dieses Gefühl, im Stich gelassen zu werden und letztendlich allein auf weiter Flur zu stehen, ist für das Kind eine sehr bittere Erfahrung. Das Kind wird auch später mit Ängsten zu kämpfen haben, die ihm die Erkenntnis bescheren, dass niemand da sein wird, wenn es einmal jemanden braucht.
Sollte ich einmal nicht in der Lage sein, mein Problem selbst zu lösen und ist auch aus meinem sozialen Umfeld niemand da, der mir helfen kann, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, dass ein Wunder geschieht und irgendetwas passiert, das mir hilft und alles wieder gut wird.
Diese Funktion, den Glauben an überirdische gute Mächte, lernen wir durch Märchen. Märchen haben die Funktion, uns zu zeigen, dass auch in einer schier ausweglosen Lage Hilfe möglich ist. Wer Grimms Märchen kennt, hat unzählige Geschichten gehört oder sogar gelesen, wo genau dieses passiert. Hänsel und Gretel sind ein berühmtes Beispiel dafür, dass man auch im allerletzten Augenblick noch gerettet werden kann oder ein rettender Einfall plötzlich da ist.
Ein Mensch, der nur eine dieser Ressourcen nicht hat, ist stressgefährdet.
Insuffizienz
Dieses Gefühl kann auf dem Weg in den Burnout entstehen. Es stellt sich ein Gefühl ein, dass einem die eigene Leistungsfähigkeit abhanden gekommen ist. Man fühlt sich quasi unfähig. Ein eindeutiges Alarmsignal für eine fachärztliche Untersuchung.
Fehlende Selbstwirksamkeit
Die Selbstwirksamkeit ist ein Begriff aus der Psychologie, der beschreibt, wie sehr ein Mensch davon überzeugt ist, eigenständig Aufgaben bewältigen zu können. Die Kunst dabei ist, seine Kompetenzen und Fähigkeiten realistisch einzuschätzen. Bei einem mangelndem Selbstwertgefühl und andauernder Stressbelastung kann sich das Gefühl der Hilflosigkeit breit machen. Es gibt aber auch die andere Seite, wo Menschen mit überzogenen Allmachtsgefühlen in den Burnout rennen.
Mangelhafte Selbstkohärenz
Selbstkohärenz ist die Fähigkeit, Ruhe zu bewahren, vor allem in schwierigen Situationen. Wer über eine ausreichende Selbstkohärenz verfügt, der glaubt auch in der Regel an seine Selbstwirksamkeit und ist von seinen Wissensressourcen überzeugt. Wer bei Schwierigkeiten gleich die Nerven verliert, setzt sich unweigerlich unter Stress.
Unterentwickelte Resilienz
Mit Resilienz ist die innere Widerstandskraft gemeint, die Fähigkeit, die persönliche Stabilität auch in Krisenzeiten beizubehalten.
Wer hier schwach ist, dem fehlen Selbstvertrauen, souveräne Selbststeuerung und innere Festigkeit. Außerdem verfügt er über eine niedrige Stressresistenz, es fehlen ihm Flexibilität, einfühlsame Kommunikations- und Beziehungsfähigkeiten, Kreativität und er hat nur wenig Freude an Neuerungen, kein Vertrauen in den Wandel und keine klare Werteverankerung. Was das für den Betroffenen bedeutet, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht zu erläutern. Diese Mangelerscheinungen gehen mit dem Weg in den Burnout Hand in Hand.
Der Aufbau dieses Wegweisers - aus dem Burnout hinaus
Im ersten Kapitel gibt es kleine Selbsttests. Anhand dieser können Sie erkennen, inwieweit Sie ernsthaft belastet sind. Die häufigsten Ursachen, die in den Burnout führen, zeigt der zweite Abschnitt auf. Im dritten Kapitel lernen Sie die 7 Stufen in den Burnout kennen. Einen Einblick in biochemische Prozesse, die durch Stress-belastung in unserem Körper ausgelöst werden, gebe ich Ihnen im vierten Teil. Das fünfte Kapitel zeigt einfache Lösungen auf, die aus der Stressbelastung hinausführen. Einfache Übungen, die einen stressbelasteten Körper wieder entlasten können, finden Sie im sechsten Abschnitt. Im siebten Teil zeige ich Ihnen einen möglichen Weg aus dem Burnout, nach Klaus-Peter Kolbatz, und stelle Ihnen vor, welche Behandlungsalternativen prinzipiell zur Verfügung stehen, nach Dr. Jörg-Peter Schröder. Wie Sie Ihre Resilienz trainieren können, erfahren Sie im achten Kapitel. Abschließend führe ich Sie im neunten Abschnitt in eine Oase, in der ich Ihnen Energiequellen nenne, auf die Sie direkt zugreifen können.
Kapitel 1: Testen Sie Ihre Stressresistenz
Stress löst nicht nur Reaktionen im Körper aus, sondern auch im Gehirn. Dort werden ankommende Stressreize wahrgenommen und an das für Emotionsverarbeitung zuständige limbische System in der Zwischenhirnregion weitergeleitet und verarbeitet. Es entstehen fehlerhafte Nervenimpulse3, die an die Muskeln weitergegeben werden. Das Nervensystem reagiert bei Stressreizen folgendermaßen: Der Blutdruck erhöht sich und Muskelpartien verhärten sich. Das nehmen wir dann entweder als Verspannung oder schmerzhafte Blockade4 wahr. Schmerzimpulse werden über Nervenfasern ausgesendet, die den Zustand registrieren.
Daueralarmbereitschaft unseres Körpers
Stress empfinden wir dann, wenn wir das Gefühl haben, die Kontrolle über unsere beruflichen oder privaten Lebensprozesse zu verlieren. Dabei wird der Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Das Stresshormon Adrenalin wird erhöht ausgeschüttet. Unser Körper reagiert darauf mit Flucht oder Angriff. Die Herzfrequenz steigt, der Atem wird flacher und schneller, Muskeln verkürzen und (ver)spannen sich aufgrund der erlebten Extremsituation. Normalerweise schüttet unser Organismus in dieser Situation Cortisol aus, das die Schmerzen eindämmt. Doch bei einer Dauerbelastung geht die Cortisol-Produktion zunächst zurück. Wir empfinden das dann häufig als Rückenschmerz.
Bei einer Dauerstressbelastung passiert noch etwas – die Verdauung und das Immunsystem werden auf Sparflamme gesetzt. Das liegt daran, dass der Körper in Extremsituationen alle Energien benötigt, um fliehen oder angreifen zu können. Diese Stressbewältigungsprogramme werden von unserem Gehirn wie auf einer fixen CD gespeichert