Weiße Rosen aus Névez. Jean-Pierre Kermanchec. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jean-Pierre Kermanchec
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748592204
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liegt nicht weit von Névez entfernt. Können die beiden Morde zusammenhängen?“, fragte Monique, während sie bereits die Treppe hinuntergingen.

      „Möglicherweise, lass uns den Toten ansehen, bevor wir darüber spekulieren.“

      Auch Dustin kam aus dem Gebäude und stieg mit seinem Kollegen in den Dienstwagen. Bestimmt würde sich Yannick auch bald auf den Weg machen. Die beiden Kommissarinnen fanden den Parkplatz in Pont-Aven auf Anhieb. Die Gendarmen hatten den Platz weiträumig abgesperrt und erwarteten die police judiciaire.

      „Marson, Marc Marson, mein Name. Sie sind Madame la Commissaire?“

      „Anaïk Bruel, Bonjour Monsieur Marson.“

      Marson sprach bereits weiter.

      „Madame Bruel, sind Sie die Nachfolgerin von Monsieur Kerber? Mit Monsieur Kerber haben wir einige Male zusammengearbeitet.“

      „Sehr richtig, Monsieur Kerber ist mein Vorgänger gewesen. Das ist übrigens Madame Monique Dupont, meine Kollegin. Können Sie uns bitte zur Leiche führen?“

      „Aber sicher, mein Kollege, Claude Ylian, bewacht die Leiche.“

      Marcel Marson führte die beiden Kommissarinnen zur hintersten Reihe des Parkplatzes. Die Leiche eines älteren Mannes lag auf dem Boden, neben einem Audi A8. Yannick Detru war noch nicht in Pont-Aven eingetroffen, so konnten sie den Toten nur ansehen. Anaïk hatte Latexhandschuhe übergestreift und einen Schutz über ihre Schuhe gezogen. Vorsichtig kniete sie sich zu dem Leichnam. Der Mann trug klassische Bootsschuhe, einen feinen Leinenanzug, ein weißes Hemd, an dem der oberste Kopf offenstand, und einen edlen blauen Pullover. Neben der Leiche lag eine weiße Rose. Das beantwortete Moniques Frage. Die Morde hingen zusammen.

      Anaïk erhob sich und trat neben Monique.

      „Eindeutig ein Segler, ich tippe, dass es sich um einen Engländer handelt. Neben dem Leichnam liegt wieder eine weiße Rose.“

      In diesem Augenblick trafen Yannick und Dustin am Tatort ein. Sie sahen Anaïk von der Leiche zurücktreten.

      „Du hast hoffentlich nicht die einzigen Spuren vernichtet“, frotzelte Dustin, auch Yannick fühlte sich berufen einen Kommentar hinzuzufügen.

      „Bin ich bereits unnötig hier, weil du die Todesursache schon kennst?“

      „Hört mit euren Spielchen auf. Seht lieber zu, dass ich bald einen brauchbaren Anhaltspunkt für meine Nachforschungen erhalte“, gab Anaïk lächelnd zurück.

      Yannick ging zur Leiche und sah sich den Mann genau an. Er brauchte nur wenige Minuten, dann stand die Todesursache fest. Er überprüfte noch die Körpertemperatur, um eine Aussage über den Todeszeitpunkt machen zu können, denn Anaïks erste Frage zielte meistens darauf ab. Er erhob sich und ging zu den Kommissarinnen.

      „Der Mann ist mit einem stumpfen Gegenstand niedergeschlagen worden, ich denke, dass es sich um einen Baseballschläger oder etwas Ähnliches handelt. Daran ist er allerdings nicht gestorben, die Todesursache ist ein Kondom gewesen.“

      „Ein Kondom? Wie kann man an einem Kondom sterben?“, fragte Monique.

      „Indem man es jemandem in den Hals steckt. Der Mann ist an einem Kondom erstickt. Ich kann es erst entfernen, wenn ich ihn auf dem Tisch liegen habe“, meinte Yannick.

      „Ein Toter, der mit einem Stein erschlagen wird, der an einem Ast befestigt war, ein zweiter Toter, der an einem Kondom erstickt ist, was sind das für Morde?“

      Monique sah Anaïk fragend an. Die zuckte mit den Schultern und war sich in diesem Moment sicher, dass sie nicht mehr nach Kerfany fahren mussten, um Monsieur Audic zu fragen, ob er Raucher war. Monsieur Audic hatte kein Motiv für den Mord an diesem Engländer. Und die weiße Rose neben der Leiche zeigte deutlich, dass der Mord an beiden Toten von derselben Person ausgeführt worden ist.

      „Wann ist der Tod eingetreten?“, fragte Anaïk. Yannick verzog seine Lippen zu einem leichten Lächeln.

      „Auf die Frage habe ich gewartet“, meinte er und fuhr fort: „Ich schätze vor höchstens ein bis zwei Stunden.“

      „Wir haben es mit einem Serienmörder zu tun!“, meinte Anaïk und sah mit Sorge in die Zukunft.

      Kapitel 7

      Mike Cornby trug seine Bootsschuhe, die er sonst nur beim Segeln anhatte. Seine lässige Bootskleidung tauschte er gleich mit seinem Leinenanzug, den er erst vor wenigen Wochen in London hatte anfertigen lassen. Sein Schneider war ein begnadeter Handwerker und fertigte ihm seine Kleidungsstücke auf Maß. Auch sein weißes Hemd war auf ihn zugeschnitten. Er ließ den obersten Kopf offen, das unterstrich sein lässiges Outfit. Über dem Hemd trug er einen feinen blauen Pullover. Sein Rendezvous konnte beginnen.

      Sein Haus, ein riesiges Anwesen, lag etwas außerhalb von Pont-Aven, hoch über dem Fluss, mit herrlichem Blick über den Hafen und den Aven. Er bestieg seinen Audi A8 und fuhr zur Chocolaterie. Leise fluchte er vor sich hin, alle Parkplätze im Zentrum waren belegt. Er musste zwangsläufig auf den großen Platz oberhalb der Innenstadt fahren. Auch der Parkplatz hier oben war heute gut belegt. In der hintersten Reihe fand er eine Lücke. Vom Parkplatz war es nicht weit bis zur Chocolaterie an der Rue des Abbès Tanguy. Ein Blick auf seine Rolex zeigte ihm, dass er sich jetzt beeilen musste, wollte er das Mädchen nicht warten lassen.

      Er hatte Yanice Lojou beim Besuch des neuen Museums von Pont-Aven kennengelernt. Sie hatte dort, zur Neueröffnung des komplett renovierten Gebäudes, eine Tätigkeit als Hostess angenommen. Er war zu nahe an ein Bild von Gauguin getreten, und sie hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er das Bild aus größerer Entfernung betrachten müsse, ansonsten löse er den Alarm aus. Das Mädchen war bildschön. Sie sei Studentin, hatte sie erklärt, als sie ins Gespräch gekommen waren. Er fragte sie, ob sie, als Entschuldigung für seinen faux pas, mit ihm eine Tasse Kaffee trinken würde. Das Mädchen lachte.

      „Wenn ich mit jedem Besucher, den ich um einen größeren Abstand zu den Bildern bitten muss, eine Tasse Kaffee trinken gehe, kann ich meinen Arbeitsort ins Café verlegen.“

      „Machen Sie eine Ausnahme und mir die Freude, Sie zu einer Tasse Kaffee einladen zu dürfen.“

      Yanice zögerte mit ihrer Antwort. Dann sagte sie dem freundlichen Engländer zu. Heute ging es nicht, da hatte sie bereits etwas geplant. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag in der Chocolaterie.

      Mike Cornby betrat die Chocolaterie und sah sich in dem Raum um. Von Yanice war nichts zu sehen. Mike ging auf die linke Seite zu einem freien Tisch am Fenster und setzte sich so, dass er auf die Brücke über den Aven sehen konnte. Da Yanice am Nachmittag noch im Museum arbeitete, so hatte sie ihm gesagt, käme sie von dort.

      Die Mauern des Hauses waren aus dickem Naturstein, das Gebäude hatte einige Jahrhunderte auf dem Buckel. Kleine runde Tische waren von halbrunden Ledersesseln umgeben und luden zum Verweilen ein. Sein Blick fiel auf die gegenüberliegende Wand. Auf einem Bord standen verschieden große Fläschchen mit diversen Schokoladepulvern für die Kakaozubereitung. Mike gefiel die Einrichtung, er fühlte sich an die eleganten Cafés in England erinnert. Die Bedienung trat zu ihm und fragte nach seinen Wünschen. Er bestellte eine Tasse Kaffee. Er blickte ungeduldig wartend durchs Fenster auf die Straße. Nach einer viertel Stunde sah er Yanice selbstsicher auf das Café zukommen. Sie war mit einem schwarzen T-Shirt und enganliegenden Jeans bekleidet. Ein Seidenschal war lässig um ihren Hals geschlungen. Ihre schulterlangen kastanienbraunen Haare wehten im Wind.

      Yanice betrat das Café, sah sich um und kam dann zielstrebig auf ihn zu.

      „Ich habe mich etwas verspätet, meine Chefin wollte mich unbedingt noch sprechen“, sagte sie entschuldigend und reichte Mike Cornby die Hand.

      Mike erhob sich gentlemanlike und begrüßte Yanice herzlich.

      „Bitte nehmen Sie doch Platz“, bat er und zeigte auf den freien Sessel neben sich.

      „Ich