Tauziehen am Myrtenkranz. Wilma Burk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wilma Burk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847684411
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      Wilma Burk

      Tauziehen am Myrtenkranz

      Roman. Erstes Buch von: Heute ist alles anders als gestern - besser?

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1. Kapitel

       2. Kapitel

       3. Kapitel

       4. Kapitel

       5. Kapitel

       6. Kapitel

       7. Kapitel

       8. Kapitel

       9. Kapitel

       10. Kapitel

       11. Kapitel

       12. Kapitel

       13. Kapitel

       14. Kapitel

       15. Kapitel

       16. Kapitel

       17. Kapitel

       18. Kapitel

       19. Kapitel

       20. Kapitel

       21. Kapitel

       22. Kapitel

       23. Kapitel

       24. Kapitel

       25. Kapitel

       26. Kapitel

       27. Kapitel

       28. Kapitel

       29. Kapitel

       Impressum neobooks

      1. Kapitel

      Wieder war ich in einer Situation, wie ich sie hasste. Ich fühlte mich allein und ratlos. Verdammt! Warum hatte mir Mama nicht beigebracht, meine Ellenbogen zu benutzen? Warum sollte ich ein anständiges Mädchen sein - wie sie es nannte -, das stets höflich zurücktrat und Verständnis für die Wünsche anderer hatte?

      Hilflos rannte ich mit meinen schweren Taschen auf dem Bahnhof eines Vororts von Berlin an einem Zug entlang, mit dem ich zur Stadt zurückfahren wollte. Doch völlig überfüllt war der bereits in den Bahnhof eingefahren. Dabei waren im März 1948 die „Hamsterzüge“ eigentlich nicht mehr so hoffnungslos überfüllt wie in den ersten Jahren nach dem Krieg. Ja, vor einem Jahr noch, nach dem strengen Winter, da hingen die Menschen wie Trauben an den Zügen, aber inzwischen war es nicht mehr so schlimm. Nur das, was man auf Lebensmittelkarten zugeteilt bekam, reichte nicht zum satt werden. So fuhren die Berliner weiter aufs Land und besorgten sich bei den Bauern, was sie bekommen konnten.

      *

      Der zweite Weltkrieg war erst drei Jahre her. Die Stadt wirkte mit ihren Ruinen und Schutt in den Straßen verloren. Aber tot war sie nicht, das Leben pulsierte dazwischen weiter. Als Folge des verlorenen Krieges war Berlin eine geteilte Stadt. Deutschland war unter den vier Siegermächten, Amerika, England, Frankreich und der Sowjetunion, in vier von ihnen besetzte Zonen aufgeteilt worden und Berlin zugleich in vier Sektoren. Als es mehr und mehr zu Spannungen zwischen der Sowjetunion und den Westmächten kam, wirkte sich das bald auch auf die Stadt aus. Die drei Westmächte schlossen sich mit ihren gemeinsamen Interessen in den drei Westsektoren zusammen und die Sowjetunion grenzte sich mit ihrem besetzten Ostsektor ab. Daraus entstanden bald West-Berlin und Ost-Berlin. Doch am Ende des Winters 1948 gab es noch keine Mauer und die Menschen strömten hinüber und herüber, wie sie wollten, auch in das Umland der Stadt.

      Hunger herrschte in den Westsektoren ebenso wie in dem Ostsektor. Die Bauern in der Umgebung Berlins, die zur Ostzone der Sowjetunion gehörte, konnten sich kaum retten vor den hungrigen Städtern, besonders, wenn der Winter zu Ende ging.

      Auch Mama hatte wieder geklagt, dass ihre Lebensmittelvorräte bedenklich zusammengeschrumpft waren. Was ja kein Wunder war, bei dem ständigen Appetit meines Bruders Bruno, meiner Schwester Traudel und sicher auch mir. Wie gut, dass wir zu den Glücklichen zählten, die eine Tante mit einem Bauernhof draußen im brandenburgischen Land hatten. Das ersparte uns, unseren Haushalt nach möglichen Dingen zu durchforschen, die man beim Bauern gegen Lebensmittel eintauschen könnte. Der Spruch: „Die Bauern würden ihre Kuhställe bald mit echten persischen Teppichen auslegen“, machte hinter vorgehaltener Hand bereits die Runde.

      Diesmal war ich mit einer Hamsterfahrt zu Tante Luise an der Reihe. Mein Bruder Bruno hatte vor Kurzem erst einen Sack Kartoffeln von ihr angeschleppt und einige Zeit davor Mama Eier, Speck und mehr. Was Tante Luise eben so geben konnte.

      Schon früh im Morgengrauen hatte ich mich an diesem Tag auf den Weg gemacht. Erst ging ich fast allein die verschlafenen Straßen entlang. Ich fand es gruselig, wie der Mond durch die Fensterhöhlen der Ruinen schien. Bald aber war es erst ein Mensch, dann noch einer, der vor mir oder hinter mir ging. Immer mehr strebten dem Bahnhof zu wie ich. Und alle hofften, am Abend mit ihren Rucksäcken oder Taschen, voll gefüllt mit Nahrungsmittel, wieder heimkehren zu können.

      Bereits vor der Abfahrt in Berlin wurde am Morgen auf dem Bahnsteig gedrängelt, geschoben und geschubst, um in den Zug hineinzukommen. Höflich, wie ich erzogen war, ließ ich diesem und jenem den Vortritt und war schließlich froh, überhaupt hineingekommen zu sein. Ich hatte nicht erwartet, schon mit einem fast überfüllten Zug aus Berlin loszufahren. Beklommen fragte ich mich da bereits, wie es wohl am Abend