Krustenbraten-Casanova. Limbo Donut. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Limbo Donut
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748558545
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lag ein leuchtender Stofffetzen. Mit zusammengekniffenen Augen begutachtete ich den roten Stringtanga. Muss wohl im Eifer des Gefechts dort gelandet sein. Schnell verstaute ich ihn in meiner Hosentasche. Das wäre mein Beweisstück in Sachen Punkte für das grüne Trikot.

      Ich hatte am ersten Abend im Club Punta Arabi eine klargemacht – mit ein wenig Abstand schaffte ich es, mich auf das Positive dieses Ausfluges zu konzentrieren. Gut, Papageia war ganz gewiss kein Prachtexemplar mit ihrem pausbäckigen Gesicht. Und die Haare! Weiß Gott, über die Haare müsste ich mit mir selbst nach einer Mütze Schlaf ein ernsthaftes Wörtchen reden. Aber bekanntermaßen ist aller Anfang schwer. Und warum sollte das beim So-Richtig-Ausvögeln anders sein? Leichtfüßig bog ich auf den Weg durch die Anlage ein und tänzelte los in Richtung Bungalow 117.

      Nach fünf Minuten leuchtete mir Lukas' quietschgelbes Strandtuch entgegen. Er musste es vor dem Abendessen zum Trocknen auf die Vorgartenmauer unseres Bungalows gehängt haben.

      Dieses Handtuch ist eine Kriegserklärung an die Bademode. Auf dem grellen Frottee befindet sich ein in kackbraunem Ocker gehaltener, gestickter Fisch. Als ob das noch nicht reichen würde, hatte der wahrscheinlich dauerdichte Designer beim Entwerfen dieses Schmuckstücks unbedingt noch einen draufsetzen müssen. Denn der Fisch hat sogar noch eine Funktion. Er dient als Beutel, beispielsweise für Wertsachen. Hinter einem aufgenähten Reißverschluss, der gleichzeitig das Maul dieses Meerestieres darstellt, befindet sich ein Hohlraum, in dem man Handy, Geldbeutel, Zigaretten und so weiter verstauen kann.

      Stumm und vorwurfsvoll glotzte mich der Fisch an.

      „Ja, ich weiß. Sie war keine Schönheit. Aber es geht ja schließlich ums Prinzip“, rechtfertigte ich mich. „Außerdem war ich besoffen!“

      Dieses Argument zog leider nicht. Immer noch richtete er sein eines Auge unablässig auf mich. Entschlossen griff ich in meine Hosentasche, ertastete neben einer Packung Lucky Strike den Tanga von Papageia und – ritsch – stopfte ihm das Teil in den Mund und – ratsch – zog den Reißverschluss wieder zu. Lukas' Handtuchfisch sah mit einem Mal wesentlich friedlicher aus. Klar, das Tier hatte einfach nur Hunger. Deshalb hatte er mich so angestarrt. Aus seinem Maul baumelte das Unterwäschestück.

      Grinsend nahm ich die letzten Meter zur Tür. Lukas und Pablo lagen säuselnd in ihren Betten.

      Ich zog mich aus und legte mich ebenfalls hin. Da ich noch immer beschwingt von meinen ersten zehn Punkten in der Giro-Wertung war, beschloss ich, mein Handy einzuschalten. In Sekundenschnelle, um keine der mutmaßlich 70 Antwort-SMS auf meine schwachsinnige Flughafen-MMS zu erhalten, hackte ich „Schon dabei!“ in die Tasten. Zack, senden an Anasthasia. Das musste sie nun wirklich verstehen.

      Als das kleine Brieflein vom Display verschwand und mir mein Telefon damit signalisierte, dass die Nachricht unterwegs war, schaltete ich das Gerät fix aus. Ich fiel in einen komatösen Schlaf.

      Vier Tage zuvor, Tag zwei: Punktesammler

      „Cerrado“ – geschlossen. Das rote Schild am fensterlosen Essenssaal ließ keine Interpretation offen. Ein Frühstück würden Lukas, Pablo, Bert und ich hier definitiv nicht mehr bekommen. „So a Scheißdregg“, nörgelte Bert. „Um, um äh, um...“

      „20 nach zehn“, half Lukas endlich.

      „Um halber elfa gibds do nix mehr zum Essen. Des is fei a Witz!“ Bert wollte sich nicht beruhigen. Sein Zimmerkollege Hannes hatte ihn einfach weiterschnarchen lassen und sein Frühstück allein eingenommen.

      Das verriet eine SMS von ihm vor zehn Minuten: „Haben schon gefrühstückt und sind am Pool. Hannes, Pascal, Kerstin & Tina.“ Sieh an, schmunzelte ich. Pascal und Kerstin. Vertraute Zweisamkeit am Frühstückstisch? Oder gar Frühstück im Bett? Ich beschloss, ihn als „Sich-nicht-Ausvögler“ aufzuziehen, sobald ich ihn heute das erste Mal sehen würde. Geht ins Punta und bindet sich an eine einzige Frau. Versager! Zumal Bert auf dem Weg zum Essenssaal erwähnt hatte: „Also, ich hob na ned gsehn heut Nochd. Hod bestimmt bei der annern gschlofn.“

      „Und jetzt?“ wollte Lukas wissen. „Ich hab Hunger.“

      „Pool, oder?“ schlug ich mangels Alternativen vor. „Um 14 Uhr macht der Pool-Grill auf. Bis dahin halten wir's schon aus, würde ich sagen.“

      „Außerdem müssen wir die Giro-Wertung aufnehmen!“ Pablo schwang den grünen Schnellhefter.

      Das Bauchgeweih begrüßte uns schon von weitem: „Huhu, hiiieeeer!“ Hoppla, wer hatte denn da schon wieder einen im Tee? So gut gelaunt kannte ich Tina vom ersten Tag mit Ausnahme der alkohol-exzessiven Episode am Strand eigentlich nicht. Als wir bei Tina, Kerstin, Pascal und Hannes ankamen, fanden wir gerade noch drei freie Liegen. Bert ließ sich krachend auf die von Hannes fallen, was der gar nicht gut fand. Offenbar hatte er gerade ein Nickerchen gemacht. „Nicht mehr ganz frisch?“ empörte er sich.

      „Ach, bassd scho, oder?“ brummte Bert. Damit war die Diskussion zu Ende.

      Neckisch grinste ich Pascal an. „Na, warst du gestern auch weg?“

      „Klar“, jokerte er zurück. „Wahrscheinlich sogar länger als du.“

      „Naaaaa“, ich wackelte abschätzig mit der rechten Hand. „Werden wir gleich sehen, wir müssen die Wertung ….“

      „Spinnst du?“ zischte Pascal und deutete mit einer Kopfbewegung auf die schlafende Kerstin. „Die killt mich.“

      Ich zuckte die Schultern. „Trotzdem müssen wir.“

      „Nix müssen wir!“, schnitt mir Pascal das Wort ab. „Zumindest nicht jetzt, wenn die zwei da sind.“

      Oha. Da hatte ich wohl einen Nerv getroffen. Also beschloss ich, zur Feier des Tages eine Runde Bier zum Frühstück zu holen. Es schmeckte schon wieder erschreckend gut.

      Eine Stunde später ging Kerstin auf einen Kaffee an die Theke. Mit einem inhaltslosen Frauenmagazin dampfte sie ab.

      „Willst du nicht auch mit?“, fragte Pascal das Bauchgeweih.

      Diese unmissverständliche Aufforderung, zu gehen, bestärkte Tina nur in ihrem Willen, auf keinen Fall die Liege zu verlassen. „Nö. Ich will lieber wissen, was das für eine Wertung ist, von der ihr da gesprochen habt.“

      Verdammt. Sie hatte es also gehört. Pascal zuckte gleichgültig die Schultern: „Na dann.“

      Pablo klickte mit dem Kugelschreiber, klappte den Hefter auf und trug ein, was wir ihm als Zwischenstände durchgaben. Tina schüttelte zwischendrin immer wieder den Kopf. Es brauchte nicht viel Fantasie, um sich zusammenzureimen, was das für eine Liste war.

      Gelbes Trikot – Gesamtwertung Zeit (jeder Tag gerechnet ab 12 Uhr mittags, sofern wach):

      1. Pablo: 18:34 Stunden

      2. Bert: 17:46 Stunden

      3. Toni: 16:47 Stunden

      4. Lukas, Hannes: 15:01 Stunden

      6. Pascal: 14:39 Stunden

      Grünes Trikot – Sprintwertung:

      1. Pascal: 10 (Kerstin, 1. Mal) + 5 (Kerstin, 2. Mal) = 15

      2. Toni: 10 (Papageia)

      3. Pablo, Lukas, Hannes, Bert: 0

      Gepunktetes Trikot – Bergwertung:

      Alle 0.

      Während ich den Text verlas und meine Urlaubspartner unablässig glucksten, wurde ich immer zufriedener. In der Gesamtwertung lag ich auf einem ordentlichen Platz – und im grünen Trikot schien Pascal trotz seiner Spitzenposition aus dem Rennen, da sich fünf Minuten später schon wieder Kerstin an ihn schmiegte. Es sollte kein Problem sein, ihn heute zu überholen. Wenn ich in meinem gestrigen Zustand noch hatte punkten können, würde ich mit zwei, drei Schnäpsen weniger auch heute zuschlagen. Und vor allem Anasthasia zeigen, dass ich meine Mission bis zu ihrer Rückkehr erfüllen könnte. Dieser Erfolg roch förmlich nach einer weiteren Runde Bier. Ohne