Tina Engel
Ab heute ohne mich
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Inhaltsverzeichnis
In der Höhle des Löwen…und der Löwin
Der Anfang
Es war ein Samstag Anfang September. Die Sonne strahlte im vorherbstlichen Gold vom wolkenlosen Himmel auf die Stadt nieder. Mitten in der City auf und rings um einen großen Parkplatz war an diesem Nachmittag der Teufel los.
Stadtfest - ein Fest für Groß und Klein. Über den gesamten Platz verstreut gab es Imbissbuden aller Art, Zuckerwatte- und Softeisbuden, Info- und Verkaufsstände, Schießbuden, Karussells - eigentlich war alles vorhanden, was so ein Fest ausmachte und was das Besucherherz begehrte.
Die 25-jährige Lisa befand sich mittendrin in dem Gewühl. Eigentlich hasste sie solche großen, unübersichtlichen Menschenansammlungen, bei denen man sich kaum drehen und wenden konnte und ständig in eine Richtung geschoben wurde, in die man gar nicht wollte.
Gut, heute wurde sie mal nicht geschoben. In ein adrettes Kostüm gehüllt, stand sie hinter einem der zahlreichen Stände. Ein Infostand, den Lisas Freund Dennis am frühen Morgen hier mit aufgebaut hatte. Er und einer seiner Kollegen präsentierten die Agentur, in der er seit ein paar Jahren arbeitete. Dennis war eine Art Allround-Berater - er vermittelte in Immobilien-Angelegenheiten, auch wenn es um Finanzen allgemein oder um eine maßgeschneiderte Geldanlage ging. Zum Thema Geld wusste er eine Menge zu erzählen – egal, worum es im Einzelnen ging.
In Schlips und Kragen verpackt und brav gestylt sprachen die beiden jungen Herren sehr redegewandt auf interessierte Passanten ein. Hin und wieder gewannen sie den einen oder anderen Unentschlossenen für ein Gespräch oder vereinbarten einen Beratungstermin in der Agentur. Für Dennis gehörte es auf seinem Weg nach oben dazu, auf solchen Veranstaltungen durch Präsenz zu glänzen. In den letzten Jahren war er dank seines konsequenten Einsatzes auf der Karriereleiter immer wieder ein Stückchen hinaufgeklettert. Sein Chef hielt große Stücke auf ihn. Und umgekehrt war es genauso.
Anfangs hatte Lisa es interessant und bewundernswert gefunden. Inzwischen jedoch langweilte es sie nur noch. Sie hatte schon vor einer ganzen Weile aufgehört, sich Gedanken um seine Karriere zu machen. Auch wenn sie ihn auf Geschäftsessen, Messen oder diverse Ausstellungen begleitete, war sie nur noch mechanisch anwesend, mit aufgesetztem Lächeln und geheucheltem Interesse.
Dennis allerdings war so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er davon noch nichts mitbekommen hatte.
Seit fünf Jahren waren sie ein Paar. Lisa war sich nicht ganz sicher, was genau sie bei Dennis hielt.
War es Liebe? Auf jeden Fall war es das bis vor einiger Zeit noch gewesen.
Damals, am Anfang ihrer Beziehung hatte sie ihn nur anzusehen brauchen, schon wusste sie: er war der Mann, mit dem sie einmal Kinder haben und mit dem sie alt werden wollte.
Leo kam anmarschiert und steuerte direkt auf Dennis zu. „Na, du alter Schwätzer!“ rief er gutgelaunt.
Dennis schlug in die gebotene Hand ein und grinste: „Na? Soll ich dir auch was Feines aufschwatzen?“
„ Nee, lass man, du hast mir schon genug angedreht“, lachte Leo, der ein paar Pfunde mehr auf den Rippen hatte und damit sehr gemütlich wirkte.
Er zwinkerte auch Lisa grüßend zu. Dann flachsten er und Dennis ein wenig herum. Dabei schaffte Leo es immer wieder, das letzte Wort zu haben, was Lisa mächtig amüsierte.
Später meinte er, an beide gewandt: „Habt ihr nächsten Samstag eigentlich schon was vor?“