Zwerge der Meere. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742749567
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auch wenn es mühsam ist. Aber die Gelbfrucht ist ein Mangel, den wir beheben müssen. Das weiß dein Handelsherr, Kapitän.“ Theon nickte zu seinen Worten. „Er wird dir einen Preis aufgetragen haben, nicht wahr?“

      „Es wäre leichter für euch, wenn ihr mehr mit Weißkristall handeln würdet, Freund Theon. Der ist nämlich bei uns eine Mangelware. Zumindest, seitdem die königliche Flotte ihn für den Bau der Lichtdruckkanonen benötigt.“

      „Guter Weißkristall ist schwer zu finden“, seufzte Theon. „Sicher, kleinere Kristallstrukturen finden wir häufig, aber ihr braucht Säulen von beachtlicher Größe.“

      „Zwei Meter und mehr, mein Freund.“ Herios-Lar kratzte sich im Nacken. „Sonst lässt sich nicht genug Lichtkraft darin speichern, um ein Schiff zu brennen.“

      Der kleine Handelsherr schüttelte melancholisch den Kopf. „Es ist seltsam, wie oft ihr Menschen von Krieg sprecht und ihn führt. Wir Zwerge sind da anders. Wir wollen in Frieden leben und gestehen dies auch Anderen zu.“

      „Aber das nützt nichts, wenn man euch den Frieden nicht lässt.“

      „Das Meer ist gewaltig, mein menschlicher Freund, und lässt Raum für jeden.“

      „Manchmal beneide ich dein kleines Volk, Theon Klugweil. Und ich glaube, mein Freund, dass die Welt nicht so friedlich ist, wie du es dir wünschen magst. Denk an die Kristallstädte deines Volkes. Sie stehen in ständigem Kampf gegen Orks und andere Feinde. Auch mein Volk muss kämpfen.“

      Theon nickte. „Vielleicht muss es das. Immerhin seid ihr ein Landvolk und Landmänner sind stets neidisch aufeinander. Die Clans der See hingegen sind nicht neidisch und niemand erhebt Anspruch auf die See. Dafür ist sie einfach zu gewaltig und erhaben. Zudem wäre es schwer für ein Landvolk, uns anzugreifen. Das Meer ist für uns wie ein riesiger Festungsgraben.“

      „Ich hoffe, es wird so bleiben und dein Volk kann weiter in Frieden leben“, wünschte Herios-Lar von ganzem Herzen. „Bislang ist kein Feind aufgetreten, der die Freiheit der Meere bedroht.“

      „Aber ich weiß, dass euer Reich Telan eine mächtige Kriegsflotte unterhält.“

      „Ja, das tun wir, mein Freund. Wir sind gerne vorbereitet, verstehst du?“

      „Schiffe kosten Geld und ihr Unterhalt ist aufwändig“, brummte der Zwerg. „Eine Kriegsflotte ist ein kostspieliges Vergnügen.“

      „Auch ihr habt Kriegsschiffe.“ Herios-Lar wies auf das Ruderschiff neben der Beovanaal.

      „Oh, man kann mit ihnen kämpfen“, bestätigte Theon und lächelte verschmitzt. „Sehr gut sogar. Aber eigentlich nutzen wir sie zum schleppen der Stadtflöße. Aber unsere Herren Axtschläger, welche die Rammboote bemannen, schätzen es gar nicht, wenn wir sie als Stadtschlepper bezeichnen. Sie haben ihren Stolz, die Freunde der Axt.“

      Herios-Lar nickte. „Lass uns auf den Grund meines Besuches zurückkommen. Je eher wir die Gelbfrüchte umgeladen haben, desto besser. Über den Preis werden wir uns schon einig.“ Er sah sich kurz um. „Bei meinem letzten Besuch sagtest du, ihr versucht, die Gelbfrüchte selbst zu ziehen.“

      „Natürlich. Wir wären dumm, wenn wir es nicht wenigstens versuchten. Aus etlichen Kernen haben wir Setzlinge gezogen, aber es ist schwer, sie am Leben zu erhalten. Nur wenige kommen durch. Man braucht gutes Wasser, guten Boden und gute Luft. Unsere Luft ist immer ein wenig feucht und auch salzhaltig. Das bekommt den Früchten nicht sonderlich gut. Vielleicht wachsen sie daher nur auf den größeren Inseln.“

      „Nun, mein Freund, jeder Kapitän eines Handelsschiffes darf auch ein wenig Handel auf seine eigene Rechnung treiben, wie du weißt.“

      „So ist es Brauch, auch bei uns.“ Theon sah den menschlichen Kapitän forschend an. „Aber ich entnehme deinen Worten eine besondere Bedeutung.“

      Herios-Lar lächelte. „Sorge dafür, dass meine Mannschaft am Abend gut beschäftigt ist, dann können wir einen privaten Handel schließen.“

      „Mit beschäftigt meinst du sicher, dass sie nicht bei Sinnen sein soll?“

      Herios-Lar zuckte harmlos die Schultern. Theon grinste. „Du machst mich neugierig, mein menschlicher Freund. Also, was hast du vor?“

      „Ich habe eine Kiste mit unseren Setzlingen in die Ladung geschmuggelt. Handelsherr Tar darf das natürlich nicht wissen und wenn er es erfährt, wird er glauben, ich wolle sein Geschäft schädigen. Es sind gute Setzlinge, Theon, mein Freund.“

      Der Blick des kleinen Handelsherren war mehr als interessiert. „Und was willst du dafür haben?“

      „Ich habe deine Freundschaft, Handelsherr Theon Klugweil, und die deines Clans, und das ist mir mehr als genug.“

      Der Zwerg nickte bedächtig und schwieg einen Moment. Was sollte man auf diese offenen und aus tiefstem Herzen kommenden Worte erwidern?

      Herios-Lar lächelte sanft. „Aber einen gewissen Gegenwert erwarte ich schon, mein Freund. Wenn wir später bei einem Becher Wein zusammensitzen, dann erwarte ich, eine gute Geschichte zu hören.“

      Theon lachte laut auf. „Du wirst sie hören, mein Freund, du wirst sie hören.“

      Sie traten ein wenig zur Seite, als einige Zwerge mit Tragegeschirren herankamen. Auf dem Deck des Schiffes hoben Matrosen die Lukendeckel von den Frachträumen. Dormos persönlich übernahm es, den Ladekran zu bedienen. Mit dem leisen Quietschen alter Zahnräder und dem Ächzen der Winde, bewegte sich der lange Lastarm. Männer hakten im Laderaum die Kisten ein, traten rasch zur Seite, weil sie der Tragfähigkeit des altersschwachen Krans nicht richtig trauten. Eine Kiste nach der anderen, wurde aus dem Bauch der Beovanaal gehoben und auf die Plattform gesenkt.

      Theon Klugweil hielt sein kleines Notizbuch in der Hand, sah aufmerksam zu, wie die Kisten rasch auf die Waage gestellt, gewogen und geöffnet wurden. Auch wenn er wusste, dass Herios-Lar die Ladung stets sorgfältig prüfte, musste er sichergehen, dass die kostbaren Gelbfrüchte keinen Schaden genommen hatten. Der menschliche Kapitän hätte sich auch gewundert, wenn der kleine Mann auf die Kontrolle verzichtet hätte. Auch wenn sie befreundet waren, so war Klugweil ein fähiger Handelsherr, der seine Verantwortung ernst nahm.

      Kiste auf Kiste wurde von den Trägern aufgenommen und rasch zu den beiden Flößen getragen, wo sich die Lager und Zuchtbeete der Früchte befanden. Sie lagen an entgegen gesetzten Orten der schwimmenden Stadt, damit ein Schaden nicht alle Vorräte vernichtete.

      Herios-Lar war zufrieden. Auch die beiden neuen Matrosen benahmen sich gut. Zwar warfen sie immer wieder verstohlene Blicke auf die Zwerge, aber sie versuchten, ihre Neugierde in Grenzen zu halten und behandelten die kleinen Herren mit Respekt.

      Schließlich war die Arbeit getan. Die Besatzung des Schiffes und die Zwerge legten eine wohlverdiente Ruhepause ein, denn bald würde die Gegenleistung des Zwergenclans im Rumpf der Beovanaal verschwinden. Barren aus Eisen und Gold, und Kristalle verschiedener Beschaffenheit und Größe. Nur zwei Kisten, eine geringe Fracht, nichtsdestoweniger würde sie dem Handelshaus Tar einen guten Gewinn bringen.

      Zwergenfrauen brachten Krüge mit Wasser, dem man etwas Wein beigefügt hatte sowie Körbe mit Brot und Fisch. Während die so unterschiedlichen Männer gemeinsam aßen, kamen sie rasch ins Gespräch. Auch wenn ihre Größe verschieden war, so verband sie das Meer, auf dem sie lebten und fuhren.

      Herios-Lar kannte die Zwerge nun seit vielen Jahren, aber er war noch immer vom Anblick ihrer Frauen überrascht. Sie hatten die Größe der Männer, waren aber deutlich zierlicher. Sie erinnerten an eine kräftig gebaute Menschenfrau und hatten in der Regel eine offene und liebenswerte Art. Eine manchmal raue Herzlichkeit, die auch Herios-Lars Seeleuten gefiel. Scherze zwischen Männern und Frauen waren wohl in allen Häfen der Welt gleich, wie der Kapitän bei sich dachte.

      „Lass Dormos als Ankerwache an Bord“, sagte Herios-Lar zu seinem Ersten Offizier. „Das reicht. Die Herren Zwerge bestreifen mit ihren Schiffen die Umgebung der Stadt und wir sind unter guten Freunden. Heute Abend werden wir die Gesellschaft