Tödlicher Aufguss. Axel Birkmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Axel Birkmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847607953
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ich verstehe, Sie haben festgestellt, dass der Tote sich zu Lebzeiten mit zwei verschiedenen Salzen eingerieben hat, doch das führte sicher nicht zu seinem Tod. Es steckt doch mehr dahinter, Dr. Wahlmeier, oder?«

      »Ja, das stimmt. Und Sie haben Recht, das Salz allein, das hat ihn nicht weggerichtet, sondern ein gefährlicher Zusatz darin.«

      »Und was?« Melanie war neugierig.

      »Es ist sehr schwer festzustellen, aber es ist eine Art von Curare, ein pflanzliches Gift, das über den Blutkreislauf zu einem Atemstillstand führt. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Herzstillstand, bei näherem Hinsehen, eine Lähmung der Atemmuskulatur.«

      »Und wie hat der Tote es in seinen Körper bekommen?«

      »Wahrscheinlich mit dem Salz.«

      »Und ins Blut?«

      »Wir haben immer irgendwelche kleinen Wunden. Schauen Sie sich bitte seinen Rücken an. Wenn Sie mir kurz helfen wollen.«

      Melanie trat einen Schritt zurück. Das war auch für sie zu viel. Einen Leichnam betrachten, ihn untersuchen, aber anfassen, das stand nicht in ihrer Stellenbeschreibung.

      »Alois, kannst du bitte dem Herrn Doktor helfen, für mich ist der viel zu schwer«, zog sie sich elegant aus der Affäre.

      Alois knurrte böse, aber letztendlich half er, den Toten auf den Bauch zu rollen.

      »Hier sehen Sie! Der Rücken ist trotz der beginnenden Leichenstarre noch rot und hat kleine Irritationen. Die können vom Peeling stammen, aber auch von Fingernägeln oder etwas ähnlich Spitzem.«

      »Mir will etwas nicht in den Kopf hinein.« Melanie sah den Arzt forschend an. »Ihre Theorie, und ich nenne sie erst mal nur eine wage Spekulation, geht davon aus, dass der Giftstoff über die Haut, kleine Wunden und Irritationen, so haben Sie es doch genannt, in den Körper gelangt ist. Richtig?«

      »Ja!«

      »Ein pflanzliches Gift mit sehr schneller Wirkung«, fügte sie hinzu.

      »Ja!«

      »Er wird es sich ja nicht selbst auf den Rücken gepackt haben.«

      »Nein, davon gehe ich aus.«

      »Dann hat es jemand anders getan?« Melanie sah den Arzt fragend an.

      »Ja!«

      Melanie rief erstaunt auf: »Dann muss der Mörder das Opfer gekannt haben.«

      »Nein! Nicht unbedingt.«

      »Wieso nicht?« Melanie blickte erstaunt auf.

      »Weil bei dieser Art von Aufguss, sich immer wieder auch mal fremde Saunagäste gegenseitig einreiben.«

      Kreithmeier mischte sich wieder ein: »Sie kennen sich da wohl aus?«

      Doktor Wahlmeier nickte: »Ja, ich bin ab und zu in der Therme, ich weiß, wie es da zugeht.«

      »Na schön«, meldete sich Kreithmeier weiter zu Wort, »erstens, wie soll das funktionieren, wenn Ihr Unbekannter diese giftige Mixtur aus Salz und Curare auf Herrn Backhaus Körper schmiert, kann er sich denn da nicht selbst vergiften? Und zweitens wie kommt er an das Ganze heran?«

      Der Arzt runzelte die Stirn und dachte nach. Er schaute an den beiden Polizeibeamten vorbei, starrte an die kahle Wand und antwortete ihnen: »Nun, wie kann er sich selbst schützen? Mit einem Hygienehandschuh? Würde in der Sauna auffallen. Mit einer die Haut schützenden Creme? Das würde gehen. Neutrogena zum Beispiel, eine Creme, die die Haut vor Umwelteinflüssen schützen soll. Oder er hat sich zuvor ein Gegengift gegen Curare gespritzt.«

      »Und wie kommt man an so etwas heran?«, hakte Melanie neugierig nach. »So weit ich weiß, kommt das aus dem Amazonasgebiet, aus Südamerika. Wie soll jemand in Erding an so etwas herankommen. Es wird ja nicht bei Ebay versteigert.«

      »Das weiß ich nicht. Aber so viel weiß ich, gibt es Curare auf dem deutschen Markt. Es wird als biologisches Heilmittel verkauft, natürlich nur in einer sehr abgespeckten Version. In der Homöopathie werden im Allgemeinen solche Gifte verwendet. Sie werden mit Wasser verdünnt und sollen angeblich helfen.«

      »Dann könnte jemand in Deutschland, der zum Beispiel in so einem Unternehmen arbeitet, das homöopathische Mittel herstellt, ohne Weiteres an unverdünntes Curare herankommen.«

      »Frau Schütz, da bin ich überfragt, das weiß ich nicht. Ich kann nur noch mal betonen, Curare ist in Deutschland erhältlich, selbstverständlich in einer ungefährlichen, verdünnten Lösung.«

      Melanie wollte noch etwas sagen, doch Kreithmeier packte sanft ihren Arm.

      »Herr Dr. Wahlmeier, ich würde gerne noch einmal das zusammenfassen, was Sie uns Erstaunliches an den Kopf geworfen haben. Markus Backhaus ist in der Saunalandschaft ermordet worden, denn von einem Selbstmord gehen Sie ja zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus.«

      »Ja!«

      »Der mutmaßliche Täter muss ihn berührt, aber nicht unbedingt zwingend gekannt haben?«

      »Täterin, es könnte auch eine Täterin gewesen sein. Grundsätzlich ja.«

      »Gut auch eine Täterin. Weiter. Nach der Kontaktaufnahme des Giftes durch seine Haut ist der Mann gestorben, maximal 15 bis 20 Minuten später.« Kreithmeier sah den Arzt fragend an.

      »Ja! Kann sogar früher sein. Durch den erhöhten Puls in der Sauna gelangt das Gift schneller in den Körper.«

      »Dann war es ein vorsätzlicher Mord. Kein Versehen.«

      »Ja! Ein geplanter Mord«, bestätigte ihm der Arzt.

      »Und wie bekommt der Täter das Salz in die Therme?«

      »In einem Plastikbeutel, in einer Schachtel, das sollte kein Problem sein.«

      »Und wann hat er es eingesetzt?«, fragte Kreithmeier.

      »Nach der Salzausgabe des Bademeisters.«

      »Und wer macht so etwas?«, mischte sich Melanie wieder ein.

      »Das müssten bitte Sie herausfinden.«

      »Konnte der Täter oder die TÄTERIN«, Kommissar Kreithmeier betonte ausdrücklich noch einmal das Wort Täterin, »denn davon ausgehen, dass der Tod des Markus Backhaus als natürlicher Tod durchgehen würde?«

      »Ja! Auf jeden Fall.«

      »Warum haben Sie es dann entdeckt?«, wollte er wissen.

      »Vielleicht durch einen blöden Zufall. Sehen Sie, ich lebe in Erding und bin ein begeisterter Saunagänger. Ich weiß, dass ein Saunagang niemals für einen Herzinfarkt sorgen kann. Jeder normale Arzt würde das eventuell testieren: Herztod durch erhöhte Pulsfrequenz und außergewöhnliche Belastung. Der Mann war gesund. Warum sollte ihm etwas Wärme schaden? Zumal im Salzstollen eine Temperatur von nur maximal 65 Grad Celsius ist.«

      »Okay, das macht Sinn. Wo sollen wir nun ansetzen?«

      »Ich kann nicht Ihre Arbeit machen, aber mich würde an Ihrer Stellen interessieren, zu wem hatte der Verblichene während der Salzzeremonie Kontakt. Wer hat ihm den Rücken eingerieben? War er allein? Und wer hat etwas gesehen?«

      »Da bleibt uns nur der Bade- oder Saunameister«, sagte Melanie. »Die Gäste kommen aus ganz Süddeutschland. Die werden nicht registriert. Die sind längst alle zu Hause. Das wird schwierig.«

      Der Arzt bat den Kommissar den Leichnam schließlich wieder umzudrehen. Dann schoben sie die Wanne zurück auf den Wagen und rollten ihn zurück ins Kühlfach. Als der Arzt die schwere Türe schloss, fragte Melanie: »Wer weiß außer uns Dreien von Ihrer Theorie?«

      »Niemand!«

      »Staatsanwältin Lehner?«

      »Noch nicht.«

      »Und die Presse?«

      »Herztod im Saunaparadies. Ich denke,