Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: T. von Held
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742763129
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an sich vorbeigehen. Der

       Affe schritt ganz gerade und ordentlich einher; aber

       das Chamäleon schwankte, wie es stets zu tun pflegt.

       »Siehst du nun, wer der Weintrinker war?« rief der

       boshafte Affe.

       Da ergriff der Mann das Chamäleon, schlug es und

       sagte dann:

       »Nun geh', aber wisse, ich würde dich töten, wenn

       ich nicht wüßte, daß ich damit dem braven Affen ein

       Leid täte!«

       Darauf setzten der Affe und das Chamäleon ihre

       Reise fort. Bald kamen sie an ein Feld, auf dem die

       Menschen Vorbereitungen zum Abbrennen des Grases

       getroffen hatten.

       »Laß uns das Feld in Brand stecken,« schlug das

       Chamäleon vor.

       »O nein!« wehrte der Affe.

       Da nahm das Chamäleon einen Feuerbrand und

       schleuderte ihn mitten in das Gras hinein; indessen erlosch

       die Flamme bald. Die Menschen, denen das

       Feld und das Gras gehörte, kamen alsbald herbeigelaufen

       und fragten das Chamäleon und den Affen, wer

       den Brand geworfen hatte. Beide beteuerten, sie wüßten

       nichts davon.

       »Schaut nach unseren Händen,« rief da das Chamäleon,

       »wessen Hände von Rauch schwarz gefärbt

       sind, der hat den Brand in das Feld geworfen.«

       Als nun die Leute sich die Hände der Reisenden

       zeigen ließen, fanden sie die des Chamäleons rein und

       rosig, während die des Affen schwarz waren, wie sie

       es stets sind.

       »Wer, meint ihr nun,« rief das Chamäleon schmunzelnd,

       »hat das Gras angezündet?« Da ergriffen die

       Leute den Affen und schlugen ihn halbtot, so daß er

       bewußtlos im nahen Gehölz liegen blieb.

       Hase und Affe.

       Wolossenfabel aus Baron Ragers Recherches

       philosophiques sur la langue Ouvlosse. Paris 1829.

       Der Affe warf dem Hasen vor, daß er die unangenehme

       Angewohnheit habe, sich fortwährend umzusehen.

       Darauf erwiderte der Hase, das ewige Jucken und

       Kratzen des Affen sei jedenfalls viel lästiger für andere

       mit anzusehen, und er könne nicht einsehen, was

       den Affen berechtige, ihm, dem Hasen Vorwürfe zu

       machen. Schließlich kamen beide überein, daß sie

       einen ganzen Tag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang,

       nebeneinander sitzen wollten, und der Affe

       sollte sich in der ganzen Zeit nicht kratzen, der Hase

       sich nicht umblicken. Der festgesetzte Tag hatte kaum

       gegraut, als beide sich an dem bestimmten Platz einfanden.

       Regungslos hielt der Hase seinen Blick auf

       die Erde geheftet; ruhig und unbeweglich ruhten die

       Hände des Affen in seinem Schoß. Stunde um Stunde

       verrann, und mit Überwindung nur war es beiden

       noch möglich stille zu sitzen. Es wurde Mittag. Da

       sagte der Affe, der es vor Pein kaum noch aushalten

       konnte:

       »Als ich im Kriege war, trafen mich die Pfeile der

       Feinde hier und hier und hier und da und dort,« und

       wohin er mit dem Finger wies, da kratzte er sich

       schnell. Auch der Hase konnte es schließlich nicht

       mehr über sich gewinnen, seine Augen auf dem

       Boden ruhen zu lassen, und so begann er eine Erzählung:

       »Als ich im Kriege war,« sagte er, »verfolgten

       mich eines Tages die Feinde. Vor Entsetzen sprang

       ich bald hierhin, bald dorthin, bald nach rechts, bald

       nach links.« Mit Blitzesschnelle folgten dabei seine

       Augen, die solange starr vor sich hingeblickt hatten,

       den Bewegungen seiner Glieder.

       Vom Vogel, der Milch gab.

       Kaffernsage, dem Jesuitenpater Torrend nacherzählt.

       Es sagte einmal ein Mann zu seinem Weibe:

       »Gehe zu hacken aufs Feld!«

       Sie ging, hackte und kehrte dann nach Hause zurück.

       Darauf kam ein Vogel zu dem Platze, der umgehackt

       war, und sang:

       »Schieß empor, Gras, auf diesem Felde!

       Schieß empor, Gras, von diesem Vogel!«

       Und das Gras kam hervor; es war, als wäre kein

       Fleckchen auf dem Felde umgehackt worden.

       Der Mann kam hin, sah das Gras und fragte darauf

       sein Weib:

       »Wo hast du gehackt?«

       Das Weib wies auf den Flecken Land, auf dem es

       gearbeitet hatte und sprach:

       »Hier habe ich gehackt.«

       Der Mann entgegnete:

       »Du lügst, du hast nicht umgehackt!« Und er

       schlug sie mit dem Hackenstiele, daß sie weinte. Sodann

       rief er:

       »Komm', wir wollen hacken!«

       Sie hackten und hackten und gingen endlich nach

       Hause.

       Wieder kam der Vogel und sang:

       »Schieß empor, Gras, auf diesem Felde!

       Schieß empor, Gras, von diesem Vogel!«

       Und ach! – es war, als wäre kein Fleckchen Land

       umgegraben worden.

       Des anderen Morgens kamen der Mann und die

       Frau und sahen nichts vom umgehackten Platze. Da

       sagte das Weib:

       »Wo ist nun die Arbeit, die wir gestern verrichtet

       haben?«

       Der Mann versetzte:

       »O, ich weiß, wie das zugeht, Frau; begrabe mich

       jetzt im Boden und laß nur allein meine Hand herausragen.

       «

       Das Weib tat es und ging heim. Der Vogel kam

       und pickte hier und dort herum, bis er auf die Hand

       des Mannes trat, der ihn nun festhielt.

       Der Vogel sprach:

       »Laß mich los; ich bin ein Vogel, der Milch gibt!«

       Der Mann antwortete:

       »So gib jetzt Milch, mein lieber Vogel, damit ich

       mich davon überzeugen kann!«

       Und wirklich gab der Vogel ihm saure Milch auf

       die Hand.

       Da nahm der Mann den Vogel