„Mutter, der Mann von der Age ist da!“ rief das Kind und Gernot lächelte. Zwar besuchte er die Frau, welche in der Wohnung hauste, doch sein eigentliches Interesse galt ihrem zwölfjährigen Sohn, dem er immer Geschenke mitbrachte. Die Frau freute sich darüber, einen Freund zu haben, der für den Staat arbeitete, denn das bedeutete Sicherheit; sie wunderte sich nur darüber, daß Gernot nie mit ihr schlafen wollte, sondern auffällig oft über ihren Sohn sprach. Nichtsdestotrotz spielte sie das Spiel mit, denn als Alleinerziehende war es nicht so leicht auf dem Singlemarkt und so wußte sie wenigstens, daß sie im Falle der eigenen Arbeitslosigkeit jemanden hatte, der sie kompetent unterstützen konnte. Gernot selbst bekam immer einen Steifen, wenn er den Jungen sah, doch sobald er dessen Mutter erblickte, war es damit auch schon wieder vorbei. Viele Jahre lang hatte er versucht, mit Erwachsenen zu verkehren, aber so richtig glücklich war er dabei nicht geworden. Erst seit er sich zu seiner Pädophilie bekannte, natürlich nur innerlich, nicht öffentlich, fühlte er sich wohl und hatte seine innere Mitte gefunden. Seiner Freundin wäre es wesentlich lieber gewesen, wenn er ihre Titte gefunden hätte, aber sie wollte nicht zu aufdringlich erscheinen, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. „Na, wie war Dein Tag?“ wollte sie von Gernot wissen. „Ach, nichts Besonderes. Ich gebe mein Bestes und meistens gelingt es mir auch, für meine Kunden eine passable Lösung zu finden. Klar, es ist alles nicht so einfach, weil es sich bei ihnen häufig um ziemlich schräge Typen handelt, aber auch denen kann geholfen werden. Und bei Dir?“ „Es ging so. Immer wieder ein paar Leute, die mir echt auf den Wecker gingen, aber wenn man für ein Call Center arbeitet, dann muß man das wohl in Kauf nehmen.“ „Das sehe ich ähnlich. Jedenfalls habe ich mich heute mit einem Kollegen vom Außendienst getroffen und der hat mir von einer Arbeitsvermittlerin erzählt, die mit den ganzen Arbeitslosen in einem Haus wohnt. Kannst Du Dir so etwas vorstellen?“ „Das ist ja kraß! Irgendwie cool, aber eigentlich auch ziemlich abartig.“ „Ganz meine Meinung. Für ihn war es praktisch, denn er konnte ihr die Post für einen mitgeben, der mit ihr im Haus wohnt. Leute gibt es, über die kann man sich nur wundern.“ „Aber was ist mit dieser Krankenhausgeschichte? Die wollen ja jetzt die richtigen Pflegekräfte durch angelernte Hartzies ersetzen. Was ist denn davon zu halten?“ „Eigentlich eine Schweinerei, weil das alles der Steuerzahler mitbezahlen muß. Aus der Sicht der Verantwortlichen dort natürlich alles notwendig, für die Mitarbeiter selbstverständlich scheiße. Aber erzähl mir doch lieber was von Torben.“ „Der war heute nach der Schule ziemlich fertig, weil man ihn dort anscheinend gehänselt hat. Wieso erkundigst Du Dich eigentlich immer nur nach ihm, aber fast nie nach mir?“ „Äh, mit Dir rede ich ja gerade, aber den Torben bekomme ich nur selten zu Gesicht.“ „Manchmal habe ich das Gefühl, daß Du Dich mehr für ihn interessierst als für mich.“ Gernot stutzte. Hatte sie ihn tatsächlich durchschaut? Das gefiel ihm alles gar nicht, weshalb er beschloß, in den sauren Apfel zu beißen, sich auf sie zu bewegte und sie küßte. Sie freute sich darüber ungeheuer, er dagegen fand es ziemlich eklig. Danach verschwand er, bevor sie noch mehr von ihm wollte und dachte sich, als er im Auto saß: „Ich muß aufpassen, sonst geht das alles in die Binsen. Wenn ich Torben weiterhin sehen will, dann muß ich mir seine Mutter warm halten, aber auch mein Faß hat Grenzen. Ins Bett gehe ich jedenfalls nicht mit ihr, so tief werde ich niemals sinken.“ Danach fuhr er zu sich nach Hause, legte sich auf die Couch, trank ein Glas Bier und schaute sich erregt einen Kinderporno an. Dabei dachte er andauernd an den süßen Torben, den er zu gerne getröstet hätte. Wenn der in der Schule noch einmal gehänselt werden sollte, dann würde Gernot als Superheld eingreifen und ihn retten. Wenn nur dessen eifersüchtige Mutter nicht wäre, dann hätte er Gernot bestimmt schon längst zu seinem besten Freund gemacht, so aber blieb ihm nur das Warten.
Jessica erfreute sich an ihrer Attraktivität, doch in der Agentur für Arbeit half ihr ihr gutes Aussehen auch nicht weiter, eher das Gegenteil war der Fall, denn ihre Arbeitsvermittlerin bekam jedes Mal Minderwertigkeitskomplexe, wenn sie die tolle Jessica sah und warf ihr deshalb so viele Steine und Knüppel in den Weg, daß es schon fast nicht mehr feierlich war. Das Leben war nicht unbedingt leichter geworden für unsere Musikliebhaberin, doch sie hatte sich nun mal dafür entschieden, nicht länger von älteren Männern abhängig zu sein. Zugegeben, nun hing sie halt am Rockzipfel von Vater Staat, doch das taten viele Andere auch, von daher war es nicht weiter schlimm. Im Bewerbungstraining, zu dem man sie verdonnert hatte, langweilte sie sich ungemein, aber die Frau vom Amt wollte keine Beschwerden hören, sondern freute sich insgeheim darüber, daß das hübsche Gesicht von Jessica immer müder und ausdrucksloser wurde. Hin und wieder überlegte sich die ehemalige Plattenladeninhaberin, ob sie nicht zu ihrem Mann oder wenigstens zu ihrem Vater zurückkehren sollte, aber irgendwie machte das nicht wirklich Sinn, weshalb sie von solch gefährlichen Gedanken Abstand nahm. Jessica fühlte sich nicht wirklich frei, denn wieder einmal befand sie sich in einer Zwangsjacke und war abhängig, in dem Fall von der Gemeinschaft oder der Gesellschaft, aber so toll war das nun auch wieder nicht. Ihre Bewerbungen schrieb sie ohne Leidenschaft und da sie sich nicht wirklich vorstellen konnte, für welchen Beruf sie eigentlich geeignet war, beließ sie es bei Dienst nach Vorschrift und machte nur das Nötigste. „Frau Klappel, so geht das nicht weiter. Sie sind jetzt gerade mal seit sechs Wochen arbeitslos gemeldet und kommen mir jetzt schon vor wie eine Langzeitarbeitslose, die jegliche Hoffnung hat fahren lassen. Was ist los mit Ihnen?“ forschte ihre Arbeitsvermittlerin. „Ach, ich weiß auch nicht so recht. Ich bin unzufrieden und weiß nichts