Pferdesoldaten 2 - Im Krieg gegen Mexiko. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Pferdesoldaten
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738087734
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Darüber lag das weiße Koppel. Die goldenen Epauletten auf den Schultern waren verschwunden und durch schmale Schulterstreifen ersetzt worden. Diese „Shoulder Straps“, deren spätere breite Ausführung man „Boxes“ nennen würde, waren dunkelblaue Rechtecke aus Stoff, mit goldener Einfassung, die so an der Schulternaht befestigt wurden, dass man sie gleich gut von vorne und hinten erkennen konnte. Dunhill´s Rang als Captain wurde durch zwei goldene Doppelbalken markiert.

      „Wenigstens brauchen wir keinen Wassermangel zu befürchten“, meinte Thomas Deggar. „Der Major will uns entlang des Rio Conchos führen. Zumindest, bis wir nach Westen einschwenken müssen, um Chihuahua zu erreichen.“

      „Der einfachste Weg, aber nicht unbedingt der sicherste“, hielt Matt Dunhill dagegen. „Wasser ist überlebenswichtig und das wissen auch die Mexikaner. Zudem werden wir entlang des Flusses auf Siedlungen treffen. Deren Bewohner sind nicht gerade unsere Freunde. Die werden sich beeilen, ihre Armee zu verständigen.“

      „Ich denke, du machst dir zu viele Sorgen.“ Deggar grinste breit. „Bislang haben wir die Mexikaner schön zum Laufen gebracht.“

      „Ich denke eher, du machst dir zu wenige Sorgen“, hielt sein Freund dagegen.

      Eine Gruppe von drei Reitern kam die Kolonne entlang und näherte sich den befreundeten Captains. Ein Sergeant führte die Regimentsstandarte der First U.S.-Dragoons. Die blaue Seide mit dem amerikanischen Adler und der orangegelben Einfassung flatterte im Reitwind. Eigentlich wurde die Standarte beim Regimentskommandeur geführt, doch dieser befand sich wegen einer Erkrankung in Fort Scott und hatte das Feldzeichen an den Major übergeben, der die fünf Kompanien nach Mexiko führte.

      John Holmes trug die goldenen Eichenblätter eines Majors in seinen Schulterstreifen. Sie schimmerten so makellos, wie die Uniform des Offiziers geschneidert war. Holmes hatte seine Fähigkeiten schon oft bewiesen, wenn es um die Verwaltung im Regiment ging, doch er besaß nur sehr wenig Felderfahrung. Dieser Feldzug war für ihn eine Bewährungsprobe und das mögliche Sprungbrett für eine weitere Beförderung. Er durfte und wollte sich kein Versagen erlauben. Glücklicherweise war er kein Narr und hörte sich für gewöhnlich die Meinung der im Kampf erfahrenen Captains an.

      „Mister Dunhill. Mister Deggar.“ Der Major nickte mit einem freundlichen Lächeln, als seine kleine Gruppe hielt. „Noch knapp vierhundert Kilometer bis Chihuahua.“ Das Lächeln vertiefte sich. „Trotz der schwer beladenen Wagen müssten wir das in acht Tagen schaffen. Ich hoffe, Taylor und Wool warten mit der Schlacht, bis wir eingetroffen sind.“

      „Rechnen Sie lieber mit der doppelten Zeit, Sir.“ Matt Dunhill deutete über die Kolonne. „Mit den schweren Wagen…“

      „Verdammt, Mister Dunhill, bislang sind wir gut vorangekommen und ich wüsste nicht, warum sich daran etwas ändern sollte.“ Die Verärgerung im Gesicht von Holmes war nicht zu übersehen. „Ich habe sehr exakte Berechnungen angestellt und bin mir sicher, dass wir unser Ziel genau nach Plan erreichen werden.“

      Dunhill verzichtete auf eine Erwiderung. Eigentlich war Holmes ein umgänglicher Mensch, aber sobald er sich eine Meinung gebildet hatte, rückte er nur ungern von ihr ab. Dunhill sagte sich, dass die Praxis wohl der beste Lehrmeister für den Major sein würde. Hoffentlich lernte er schnell genug, bevor eine falsche Entscheidungen fatale Folgen hatte.

      „Bewegung an der Furt, Sir“, meldete Corporal Kershaw. Er war der diensthabende Trompeter der B-Kompanie und hielt sich, ebenso wie der Wimpelträger, stets in der Nähe seines Captains auf. „Ich glaube, es sind Rivers und Santiago.“

      „Ah.“ Holmes sah in die angegebene Richtung, in der zwei Reiter erschienen, die ihre Pferde durch das aufspritzende Wasser trieben.

      Die Neuankömmlinge orientierten sich an der Position der Regimentsstandarte und zügelten kurz darauf ihre Pferde.

      Sam Rivers war ein schlanker und hochgewachsener Texaner. Sein gebräuntes Gesicht wurde von dichtem Bartwuchs eingerahmt. Rivers trug Lederkleidung, indianische Mokassins und eine Pelzkappe. Seine Bewaffnung bestand aus einem riesigen Jagdmesser, dessen Grundform man Colonel Bowie zuschrieb, einem fünfschüssigen Colt-Revolver und einer Kentucky-Flinte. Rivers war Zivilscout bei den Dragonern und ein Kenner der indianischen Stämme. Seine Erfahrungen mit mexikanischen Banditen prägten sein Bild der Mexikaner und sein Freund Juan Santiago bildete da sicherlich die einzige Ausnahme.

      Santiagos Alter war schwer zu schätzen. In jedem Fall hatte der Texaner mit mexikanischen Wurzeln schon auf der Seite von Sam Houston gegen die Truppen von Santa Anna gekämpft. Er trug einen ausgeblichenen und verschlissenen grünen Anzug mit kurzer Jacke, wie er bei den Vaqueros beleibt war, dazu eine braune Schärpe, die er sich um die Hüften geschlungen hatte. In ihr steckten zwei Perkussionspistolen. Das Messer steckte in einer Nackenscheide. Sein breitkrempiger Sombrero war aus bestem Wollstoff, hatte jedoch ebenfalls schon bessere Tage gesehen. Als erfahrener Scout verzichtete Juan auf jeden blinkenden Zierrat, der sonst bei Mexikanern sehr beliebt war.

      Die beiden Zivilscouts respektierten Dunhill und Deggar, mit denen sie schon oft ausgeritten waren, behandelten den Major jedoch nur mit einem Mindestmaß an Höflichkeit. Matt Dunhill wusste, dass es zwischen den Männern zu einigen Meinungsverschiedenheiten gekommen war, da Holmes den Rat der Scouts immer wieder in den Wind schlug.

      Auch diesmal grüßte Rivers den Major nur mit einem knappen Nicken. „Wir haben ein Stück des mexikanischen Ufers nach Süden und Norden erkundet“, berichtete er. „In Richtung auf die obere Furt gab es Spuren einer Kavalleriepatrouille.“

      „Wie stark?“, hakte Holmes sofort nach. „Von denen oder von uns?“

      „Sieben Reiter. Den Hinterlassenschaften der Pferde nach handelt es sich um Mexikaner. Das Futter ihrer Gäule unterscheidet sich von unserem. Die nehmen mehr Mais und wir mehr Hafer.“

      „Danke für diese wichtige Information“, sagte Holmes und es war nicht zu ergründen, ob er diese Bemerkung wirklich ernst meinte. „Also keine größeren Truppenteile. Das hätte mich auch gewundert.“

      „Kann man so nicht sagen“, erwiderte Rivers. „Ist wie bei den Indianern. Man sieht nur einen, wenn überhaupt, und dabei sind die Hügel voll von ihnen.“

      „Wir kämpfen hier nicht gegen die Roten, sondern gegen Greaser.“ Der Major benutzte ein Wort für die Mexikaner, welches noch neu im Sprachgebrauch war und immer mehr als Schimpfwort Verwendung fand. Das Wort „Schmierer“ bezog sich dabei auf den typischen Handkarren, der in Mexiko überall Verwendung fand und dessen quietschende Achsen immer wieder gefettet werden mussten.

      Matt Dunhill räusperte sich. „Nun, Sir, ich glaube nicht, dass sich eine kleine mexikanische Patrouille ohne Rückendeckung in dieses Gebiet wagen würde. Sie wissen, dass wir in der Nähe sind. Möglicherweise suchen sie nach uns, um eine größere Streitmacht gegen uns zu schicken, sobald sie unsere Position kennen.“

      Benjamin Holmes Blicke pendelten zwischen den Scouts und Dunhill, bevor er langsam den Kopf schüttelte. „Die Greaser haben alle Hände voll zu tun, um sich Scott, Taylor, Wool und Kearney entgegen zu stellen. Sie haben mehrfach eine Tracht Prügel bezogen und konzentrieren ihre Kräfte nun im Norden und Süden.“

      „An ihrer Stelle würden wir aber sicher versuchen, die Mitte des Landes zurückzuerobern und die Verbindung der Nachschubwege wieder zu sichern“, wandte Thomas Deggar ein.

      Holmes schüttelte erneut den Kopf. „Wir Amerikaner sind auch zu kühlem taktischen Denken befähigt“, behauptete er leichthin. „Mexikaner sind da anders. Sie sind… heißblütig, Gentlemen. Ihnen fehlt die Gabe der Vorausplanung.“

      Sam Rivers stieß ein bellendes Lachen aus, während sich Dunhill und Deggar kurz anblickten. Die Worte des Vorgesetzten machten sie betroffen. Sie ließen jeden Realitätssinn vermissen. Auch wenn die Mexikaner ein paar Niederlagen erlitten hatten, so kämpften sie doch keineswegs schlecht.

      „Sir! Reiter am anderen Ufer!“

      Die Worte eines Soldaten ließen die Männer nach Mexiko hinüber blicken.

      Dort waren drei Männer