»Ach, meine Süße …«, mehr brachte Violett nicht über die Lippen. Liebevoll zog sie ihre Auserwählte, der nun einzelne Tränen über das Gesicht liefen, in ihre Arme und strich ihr beruhigend übers Haar. »Tammy, meine Liebe, … du bist so zart und süß … Ich vergesse dabei so oft, wie stark und mutig du dein Leben angehst und meisterst. Du hast gar keine Ahnung, wie stolz ich auf dich bin.« Mit einem zärtlichen Lächeln legte sie ihr zwei Finger unter das Kinn und hob ihren Kopf so an, dass ihre Prinzessin sie direkt ansehen musste. Als sich ihre Augen trafen, beugte sie sich vor und küsste ihr das salzige Nass von den Wangen. »Du weißt, dass ich kein Mensch der großen Worte bin«, flüsterte sie ihrer Prinzessin, unhörbar für die anderen, zu, »um meine Gefühle so zum Ausdruck zu bringen. Aber ich versuche dir jeden Tag aufs Neue zu zeigen, dass du keine Selbstverständlichkeit in meinem Leben bist. Ich liebe dich abgöttisch und versuche dir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Du bist die Erfüllung meiner Träume und noch viel viel mehr. Ich hätte nie daran gedacht einmal eine solche Familie zu gründen … wenngleich eine recht unkonventionelle, aber so doch eine sehr glückliche. Du bist mein Juwel, so strahlend hell und doch so stark wie ein Diamant. Du bereicherst mein Leben in den unterschiedlichsten Facetten, und wenn du mal wieder grummelig bist oder dich sooo unheimlich dooof anstellst, dann liebe ich dich auch dafür inniglich.«
Bei Violetts letztem Satz, lachte Tamora auf und blickte ihre Geliebte selig an.
Ein bewegtes Räuspern war in der Stille der Stretchlimousine zu vernehmen.
Floré beugte sich ihrer Herrin zu und hielt ihr verstohlen eine Großpackung Taschentücher entgegen. »Ich war so frei, vorzusorgen, Maîtresse«, versuchte sie ihr zuzuflüstern, aber es war gerade so leise im Wagen, dass es die anderen doch mitbekamen.
»Ach, ›Chérie‹! Du bist einmalig ... einfach unbezahlbar!«, konnte Violett nicht an sich halten und prustete lachend los.
Ein Lachen, in das alle einstimmten – abgesehen von Tamora, die ihre Unterlippe leicht nach vorne schob und ihre Königin beleidigt anschaute. »Ich weiß selbst, dass ich nahe am Wasser gebaut und eine echte Heulsuse bin … Ihr müsst das nicht immer so hervorheben.«
Floré lief rot an, weil sie glaubte, dass ihre Herrin, die ihr schon lange eine gute Freundin geworden war, ihr die lieb gemeinte Geste übelgenommen hatte.
»Wenn schon Heulsuse, dann bist du aber meine, Tammy! … Du darfst so viel weinen wie du willst. Ich liebe dich so wie du bist.« Violett legte ihr sanft ihre Hände an die Wangen. Dann gab sie ihr einen sehr sachten, zarten Kuss auf die Lippen – kein lustvolles Versprechen, sondern ein liebendes.
Wie aus weiter Ferne drang Willows Stimme an ihre Ohren: »Eine Runde Taschentücher für alle!«
*
Die Stimmung war während der weiteren Fahrt gelöst und immer wieder war lautes Gekicher und Lachen im Inneren der Stretchlimousine zu vernehmen.
Tamora hatte ihren Kopf gegen die Schulter ihrer zukünftigen Frau gelehnt und schaute durch die getönten Fensterscheiben des Wagens hinaus. »Sagt mal, fahren wir etwa zu May?«, fragte sie plötzlich, als sie eine ihr gut vertraute Gegend erkannte, bekam darauf aber keine Antwort. Die war auch nicht mehr nötig, denn schon kam die Häuserfront von Mays Friseursalon und der Parkplatz in Sicht.
Gleich darauf stoppte der Chauffeur die Luxuskarosse unmittelbar vor dem Privateingang, der hinauf in die Wohnung von May und ihrer Familie führte. Nur wenige Augenblicke darauf, stieg der Fahrer aus, hielt die hintere Tür offen, um Tamoras langjährige Freundin einzulassen, die sich freudig zu den anderen gesellte und schloss den Verschlag wieder.
Wie selbstverständlich setzte sich die attraktive Rothaarige zwischen Floré und Willow, die ihr mit einem breiten Grinsen neben Tamoras Zofe Platz geschaffen hatte. May wusste genau, dass das eine deutliche Anspielung auf die vergangene Nacht gewesen war. Als sie es sich bequem gemacht hatte, wandte sie sich auch schon dem französischen Wuschelkopf zu. »Na, meine Hübsche, hast du die Nacht und den Morgen gut überstanden?« Um ihre freche Anzüglichkeit noch zu verschärfen, griff sie ihr ohne jede Scheu unter den kurzen Seidenmantel und tastete sich behände bis zu deren Lustzentrum vor.
»Wer ohne Durst trink, ohne Hunger isst und ohne Lust küsst, der stirbt sieben Jahre zu früh, sagen unsere holländischen Nachbarn«, grinste Floré. »Ich habe jedenfalls vor sehr sehr lange zu leben …«
»Dann will ich mal schnell sieben Jahre auf mein Lebenszeit aufschlagen«, lachte May und gab Floré einen sinnlichen Kuss auf die Lippen. »Ja, ich merke schon, es geht dir ausgesprochen gut … gleich drei paar feuchte Lippen … mehr kann eine Frau nicht verlangen, nicht wahr?«
»Welch eine Begierde!«, bemerkte Willow grinsend, die den intensiven Kuss genau beobachtet hatte.
»Nur ein blödes Pfaffenwort für fleischliche Gelüste!«, griente May zurück.
In dieser Sekunde war ein leises, aber dennoch deutliches Grummeln zu hören. »Vergiss nicht, dass sie meine Zofe ist, May!«, murmelte Tamora, in einem leichten Anflug von Eifersucht.
»Ach, was wird das denn?«, erwiderte May spöttisch. »Denk' immer dran, dass derjenige der nur an sein Eigentum denkt, eigentümlich wird!«
Jetzt war es an Violett sich einvernehmlich zu räuspern, die darauf wartete, dass ihre Verlobte sie ansah. »So so, sie ist also dein Eigentum? … Wirklich?«
Ihren aufwallenden Gefühlen für Floré folgend, hatte Tamora nicht an ihre Königin gedacht. Eine gewisse Röte breitete sich auf ihren Wangen aus.
»Seht ihr ihre süße Farbe? Ist doch niedlich. Da hat sie es faustdick hinter den Ohren, treibt es wie eine Verrückte, unersättlich und ohne jedes Maß … und kann noch richtig rot werden, nicht wahr?«, foppte sie ihre Prinzessin, während sie kurz in die Runde gesehen hatte. »Du hast dich sicher nur verplappert und wolltest ›Uns‹ sagen, stimmt's?«
»Wie sagte der französische Schriftsteller François de la Rochefoucauld so schön: Die Eifersucht ist in gewisser Hinsicht gerechtfertigt und verständlich, weil sie nichts anderes will als ein Gut bewahren, das uns gehört oder von dem wir annehmen, daß es uns gehöre; wohingegen der Neid eine Wut ist, welche die Güter anderer nicht ertragen kann.«
Demonstrativ zog Violett nun eine Braue nach oben. »Da kam nicht das Wort ›Uns‹ drin vor! Und glaubst du ernsthaft, dass mich diese, wenn zugegeben sehr gebildete, Antwort zufrieden stellt?«
»Nein, meine über Alles geliebte Königin. Ich weiß, dass wir dir alle untertan sind. Dass wir dir ergeben zu Füßen liegen, wenn du es nicht einmal von uns verlangst. Denn wir alle tun es von ganzem Herzen und mit Allem, was uns ausmacht. Aber ... meine … süße Floré ...« Sie holte tief Luft, atmete langsam aus und seufzte, die Schultern hängen lassend. »Ja, sie gehört uns beiden!«
»Gut, ... aber deine Pause und die Art und Weise, wie du es gesagt hast, lässt mich doch ein wenig nachdenklich werden. Ich denke, wir werden das in den nächsten Tagen noch einmal genauer besprechen ...« Dabei grinste sie ihre Geliebte teuflisch an.
Schon bei dem Gedanken daran bekam Tamora eine Gänsehaut. Sie spürte, wie sie ein erregter Schauer durchlief. »Wie meine Herrin wünscht!«
»Und unsere ›Chérie‹ wird dabei eine nicht gerade kleine Rolle spielen.« Violett blickte Floré direkt in die Augen und erkannte auch bei ihr die aufgekommene Vorfreude auf ein Spiel, dass interessant zu werden versprach.
»Oui, Maîtresse ...«
»Gut,