Grüner Tee. Renate Amelung. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Renate Amelung
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738079166
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stritt er mit Mirjam! Wie viel Diskussionen nächtelang ohne, dass ihre Standpunkte sich näherten. Und doch fühlte er sich von ihr angezogen. Er musste es sich eingestehen, die letzten Wochen vor seiner Abreise begehrte er sie. Das kleine Biest ließ nichts aus, sie trieb ihr neckisches Spiel mit ihm. Mit ihm so viel älter, zurückhaltend und mitten im Leben. Auch hier kein Abschied. Mirjam verbrachte die Weihnachtferien in Italien mit Ihren Eltern. Sie liebte die Sonne, die milde Luft. Sie wusste nicht, dass er dieses Projekt plante und dankbar als Projektleiter annahm.

      Er sah auf seine letzte WhatsApp.

      Hi, Kay, du altes Fluchttier, wann bist du wieder im Land? Ich wollte dir eigentlich bei einem guten Roten das Ende der Story erzählen. Aber du stehst ja mehr auf Eis Füße.

      Ciao Phil

      2 Kay lehnte sich zurück,

      er schloss die Augen, bald wird die Maschine in Oslo landen, Anschluss nach Mo i Rana in wenigen Stunden, Ende Küstenstraße D 17. Unweigerlich dachte er an Mirjam, obwohl er sie sich so sehr aus dem Kopf wünschte. Hoffentlich trugen ihn die 3000 Kilometer weit genug weg. Asien, Südamerika, Südpol alles wäre ihm lieber gewesen, aber soweit operierte die Firmengruppe Noll & Laurenz GmbH nicht. Bis zum alten Laurenz musste er vordringen und ihm diesen Einsatz abschwatzen. Laurenz hätte es lieber gesehen, dass Kay mit seiner Auslandserfahrung im Haus geblieben wäre, wie vereinbart in der Entwicklung. In diesen Tagen beabsichtigte er Kay eine größere Verantwortung anzuvertrauen. Laurenz war fast etwas verstimmt. Auch dass er keine Begründung angab. Er unterstellte ihm mangelnde Anpassungsfähigkeit im Team. Die Vorzimmer Dame, eine Person die ihre Augen und Ohren überall hatte, schüttelte den Kopf als er von den cholerischen Sprüchen seines Chefs begleitet das Büro verließ.

      Er hört ihre Worte jetzt noch: „Herr Kayser, warum bringen sie sich um ihre Karriere? Sie sind ein Dummkopf.“

      „Danke, ist genau was ich hören wollte und auch nötig habe.“

      Im Gegenzug versprach sie ihm, niemals den Termin mit Laurenz gemacht zu haben, wenn sie gewusst hätte was er vorhatte.

      Kay hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, bedankte sich und ließ sie perplex stehen.

      Er verließ mit langen Schritten das Vorzimmer, in der Tür stieß er mit Noll zusammen. Die Entschuldigung schluckte er runter, denn heute war er nicht guterzogen.

      Zweifellos hatte er damals bei Philip gute Umgangsformen gelernt. Er führte ihn für einen Rheinländer, mit mehr als schlichten Wurzel durch eine harte Schule. Besteckfolge, Languste, Bäckchen der Forelle, richtige Blumen für die Gastgeberin, er schleppt ihn in die Tanzschule, das alles von Kay Kayser kaiserlich abgespeichert.

      Sein letzter Tanz lag lange her, denn seit seiner Hochzeit tanzte er nicht mehr.

      Die Hochzeit war ein Fiasko, er reduziert auf Geld verdien und Fortpflanzung. Letzteres stellt sich nicht ein.

      Verflixt, wie war das, er tanzte doch vor Kurzem. Er viel, gerade einer Lüge zu Ofer, wollte er es doch verdrängen. Er tanzte mit Mirjam. Verlor er nicht beinahe die Fassung und war es nicht der Grund, der letzte Anstoß, der den Keim wachsen ließ die Flucht zu ergreifen?

      Augenblicklich stürzte er noch tiefer in die Erinnerung und blieb geraume Zeit darin gefangen.

      3 Vor einem Jahr,

      als er aus China zurückkam, zum Umfallen müde. Der lange Flug, ein angeknackster Fuß, die Zeitverschiebung, die Jeep Tour zum Flughafen hatte in geschlaucht. Aus der tiefsten Ecke seines Seesacks kramte er nach dem Schlüssel und fand ihn nicht. Vielleicht hätte er jetzt stutzig sein müssen, als ihm einfiel, dass der Schlüssel unter dem Blumenkasten liegt. Dazu war er viel zu müde.

      So öffnete er ohne Argwohn die Tür seines Loft und erschrak. Chaos, ein einziges Chaos breitete sich vor ihm aus. Wenn er eins war, dann nicht chaotisch was seinen Hausstand betraf. Hier musste eine diesem taufrischen Morgen musste eine ordentliche Fete vorangegangen sein, Studentenfete. Schlagartig traf ihn die Erinnerung an Katrin, seine kleine Schwester, ihr hatte er die Wohnung überlassen, als sie nach Düsseldorf kam um Kunst zu studieren.

      Das war ihm in diesem Moment alles egal. Er stellte das Gepäck ab und schlurfte wie ein verwundetes Tier zum Bett auf der Empore.

      Es war besetzt.

      Also, schleppte er sich zurück zum Sessel, zog Schuhe und Socken aus und legte den verstauchten Fuß auf den Hocker davor und war binnen Sekunden im Land der Träume.

      4 Katrin

      „Mensch, Kay Tillmann, kannst du keine WhatsApp schicken, wenn du vor hast hier reinzuschneien!“, schnauzte Katrin. Freudig lief sie auf ihn zu, umarmte ihn herzlich, strich ihm die Haare aus dem Gesicht. „Na die ersten Grauen, alter Junge, kommt Licht in deine dunklen Haare, aber mit Glatze wie bei Papa wird das hoffentlich nichts bei dir.“

      Er stöhnte, sie war ungestüm, traf ihn empfindlich.

      Sie liebte ihn sehr, doch machte der Altersunterschied ihn eher zum Onkel, als zum großen Bruder. Zwanzig Jahre sind nicht wenig. Oft wunderte sie sich, dass ein erwachsener Mann von ihrer Mutter Befehle entgegennahm.

      Mit festen Griff packte er sie an der Schulter schob sie sanft aber bestimmt weg. „Kann ich nicht nach Hause kommen wann ich will?“ Er war noch immer nicht richtig im Wachzustand. „Du wusstest schon seit einem Monat, dass ich komme!“

      „Stimmt, aber.“

      „Was aber?“

      „Doch so Plötzlich!“

      Plötzlich – plötzlich ist, wenn du mich jetzt in Ruhe lässt.“ Er

      „Häää?“, machte sie.

      Er schloss wieder die Augen und war fest entschlossen den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Das würde jetzt nicht funktionieren. „Katrin, dein Bruder könnte jetzt einen guten Kaffeevertragen und ein europäisches Frühstück.“

      „Mm, du kannst gerne einen grünen Tee bekommen und ein Joghurt könnte auch noch im Kühlschrank sein.“

      „Was, ich glaube ich spinne!“ Verächtlich zog er eine Augenbraue empor. Grünen Tee trank er genug in diesem Leben. Jeden Tag in der kleinen Bambushütte, danach machte sie ihm Komplimente über seine europäische Statur. Danach liebte sie sich und das endete mit dem leidigen Thema, dass er sie mit nach Europa nimmt.

      „Na schön, wenn du willst gehe ich einkaufen. Hast du Geld?“

      Damit er sie noch ein paar Minuten los wurde zog er einen Schein aus der Hosentasche und gab ihn ihr. Statt Ruhe übermannten Kay die Gedanken, wieder in Deutschland zu sein. Er wusste, dass das Land sich verändert hatte-Zuwanderer, seltsame Parteien wie die AFD, das Zinsniveau, Hass, Angst. Wie würde er sich hier wieder zurechtfinden? Wenn Katrin nicht diesen Brief geschickt hätte, dann hätte er Asien nicht verlassen, sondern nur die Provinz verlassen.

       Lieber Kay,

       Mutter hat einen neuen Freund, jetzt hat sie öfter ein blaues Auge, weil sie die Treppe runtergefallen ist. Katja will sich scheidenlassen, und kümmert sich nicht um die Kinder. Ralf, Sohn der zweitgeborenen Kay-Luise steht eine Gerichtsverhandlung wegen Ladendiebstahl bevor. Oma müsste ins Pflegeheim, keiner will zuzahlen. Ich habe mein Studium abgebrochen …

      Du musst kommen

      Wieso er? Jetzt war er hier und benötigt zuerst einen Arbeitgeber.

      Plötzlich durchfuhr ihn ein eiskalter Schmerz. Warum zum Teufel bekommt er nicht seine verdiente Ruhe?

      „schon gut, muss sein, ist nur der erste Moment, dann wird es besser.“

      Diese weibliche