Undercover - Auftrag. Jürgen H. Ruhr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jürgen H. Ruhr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738044966
Скачать книгу

      „Wollen wir eine Pause einschieben?“ Der Kleinere der beiden sah seinen Partner von unten treuherzig an. So schien es mir jedenfalls. Doch der ältere Polizist reagierte nicht. Jetzt blickte er stur in die Kamera. Hatte der Mann seinen Text vergessen? Erneut versuchte es der jüngere Beamte. „Es ist nicht viel los. Da können wir uns ruhig eine kleine Pause gönnen.“ - „Ja.“

      Aha, der zweite Mann konnte also doch sprechen.

      Dann quäkte es irgendwo in dem kleinen Bus, was durch die offenstehende Tür gut zu hören war. „Walter dreizehn von Walter Zentrale kommen.“ Der Jüngere zuckte die Schultern und nahm ein Mikrofon in die Hand. „Walter dreizehn an Walter Zentrale. Ich höre.“ - „Einsatz in der Grubenstraße. Dort scheint ein Betrunkener in sein Auto steigen zu wollen.“ - „Walter dreizehn verstanden. Wir fahren dort einmal hin.“ Der Polizist hängte das Mikrofon wieder in den Wagen und wandte sich an seinen Partner, der sich aber bisher noch nicht bewegte. „Ein Einsatz.“ - „Ja.“ - „In der Grubenstraße.“ - „Ja.“ - „Da müssen wir hin. Ein Betrunkener, der in sein Auto steigen will.“ - „Ja.“

      Ich fragte mich, warum der junge Polizist dem anderen das jetzt alles erzählte, denn der hatte doch unzweifelhaft das vorherige Funkgespräch mit anhören können. Und warum machten die beiden sich nicht endlich auf den Weg? Ein merkwürdiger Krimi!

      Jetzt sprach der Jüngere seinen anscheinend wortkargen Kollegen erneut an. „Wenn der mit seinem Wagen wegfährt und einen Unfall baut ...“ - „Ja.“ - „Dann los. Steig ein, Werner.“ - „Ja.“ - Ich fahre.“ - „Ja.“

      Die beiden stiegen in den Wagen und fuhren los. Jetzt zeigte die Kamera die Innenansicht und die Gesichter der beiden Männer. Ich war ein wenig verwirrt. Kriminalfilme kannte ich noch anders. Aber vielleicht spielten die neueren Filme nun einmal so. Ich war ja schon lange nicht mehr dazu gekommen, Fernsehen zu gucken.

      Der ältere Polizist popelte jetzt ungeniert in der Nase und betrachtete sich anschließend seinen Fund, während der Jüngere wieder munter drauflos plauderte: „Ein großer Fang.“ - „Ja.“ Der Popler besah sich das Ergebnis seiner Bohrtätigkeit genauer. Jetzt schien auch er etwas redseliger zu werden. „Recht haste.“ - „Ja, wenn wir den Besoffenen kriegen. Wenn der nicht schon weggefahren ist.“ - „Ja.“

      Irgendwie erschien mir dieser Krimi ziemlich blöde. So etwas schauten sich die Menschen vormittags an? Nun gut, das Wetter lud nicht zum Spazierengehen ein. Und die Innenstädte Rheydt oder Mönchengladbach konnten jetzt ja auch nicht unbedingt als Shoppinghighlight durchgehen.

      Ich konzentrierte mich wieder auf den Film: „Da steht er.“ - „Ja.“ - „Ist noch nicht weggefahren.“ - „Ja.“ - „Gut so.“ - „Ja.“ - Ich mach‘ dann mal Meldung.“ - „Ja.“ Der jüngere Beamte sprach in das Mikrofon, während er den Wagen am Straßenrand einparkte. Tat der ältere Mann eigentlich gar nichts? Außer vielleicht in der Nase zu bohren?

      „Die Zentrale ist informiert.“ Überflüssiger Weise kommentierte der Mann jetzt das, was sowieso jeder wusste. - „Ja.“ - „Dann wollen wir mal aussteigen.“ - „Ja.“ Die beiden stiegen aus. Jetzt wechselte die Kamera wieder in die Außenansicht. So einen schlecht gemachten Film musste ich mir noch nie ansehen. Und würde ich auch nie wieder, schwor ich mir.

      Die beiden Beamten stellten sich wieder vor den Bus. Das Bild ähnelte nun stark der ersten Szene, die ich schon kannte. Da der Streifenwagen nur halb zu sehen war, konnte man im Hintergrund einen kleinen, dürren Mann erkennen, der versuchte einen Schlüssel in das Türschloss eines Autos zu stecken. Offensichtlich ohne Erfolg. Ein paar Mal sackte der Betrunkene weg, kam torkelnd wieder hoch und begann das Spiel mit dem Schlüssel erneut. Die beiden Polizisten, die die Aktion hinter ihrem Rücken offensichtlich nicht störte, blickten jetzt stur in die Kamera.

      „Wir sollen den Verkehrsteilnehmer am Wegfahren hindern.“

      „Ja.“

      Ich antwortete mit dem Gesetzesmann nun im Chor. Es war auch nicht allzu schwer, zu erraten, was der Beamte sagen würde. „Dann sollten wir eine Blutprobe nehmen.“ - „Ja.“ - „Und mit aufs Revier nehmen.“ - „Ja.“ Während für den älteren Polizisten die Situation klar schien, fragte ich mich, was der Mann jetzt meinte. Die Blutprobe mit aufs Revier nehmen oder den Betrunkenen? Oder beide? Und wenn sie den Betrunkenen schon mitnahmen, warum konnte die Blutprobe denn nicht dort gemacht werden? Und: durften die Polizisten überhaupt hier eine Blutprobe nehmen? Wer schrieb für solch einen Film eigentlich das Drehbuch? Der Autor gehörte eindeutig erschossen! Aber meine Fragen wurden alsbald geklärt, denn der Jüngere besann sich jetzt: „Ich meinte Alkoholkontrolle.“ Der Mann lachte. „Da habe ich mich aber versprochen. Pusten muss er, pusten.“ - „Ja.“

      Der Betrunkene im Hintergrund verlor gerade die Schlüssel und als er sich danach bückte, schlug er lang hin. „Ich hole dann mal das Pusteröhrchen.“ - „Ja.“ Der junge Polizist drehte sich um und schaute verwirrt auf das dastehende Fahrzeug. Der am Boden liegende Trunkenbold war aus dieser Perspektive nicht zu sehen.

      „Er ist weg“, stellte der Beamte überrascht fest. - „Ja.“ - „Der Wagen steht aber noch da.“ - „Ja.“ - „Dann können wir auch wieder fahren. Wo kein Täter, da auch ...“, er suchte nach Worten, „da auch, da auch … kein Polizeieinsatz“, schloss er dann und grinste selig.

      „Ja.“

      „Jonathan, was schaust du dir denn da für einen Scheiß an?“ Christine stand hinter mir, ich hatte sie nicht bemerkt. „Irgend so ein Krimi“, brummte ich und stellte den Ton leiser.

      „Das soll eine Polizei Dokusoap sein“, klärte sie mich auf. „Der ganz große Renner zur Zeit. Authentische Polizeiarbeit.“

      „Ja.“

      Mehr fiel mir dazu nicht ein.

      „Du kannst übrigens Essen kommen, falls du dich von dem Schwachsinn da losreißen kannst.“ - „Ja.“ - „Aber wundere dich nicht, ich habe nur ein paar Spaghetti gemacht. Nichts Besonderes.“ - „Ja.“ - „Magst du Tomatenketchup?“

      „Ja.“

      Unser Rumäne meldete sich nicht. Chrissi und ich waren enttäuscht. Den ganzen Nachmittag verbrachten wir mit Warten und Mensch-ärgere-dich-nicht spielen. Ich gewann nicht einmal und fragte mich, ob Chrissi vielleicht fuschen würde. Aber mannhaft stand ich dann doch noch die nächste Runde durch.

      „Der meldet sich nicht mehr“, stellte ich schließlich frustriert fest und überprüfte zum x-ten Mal das Handy. Aber an dem Gerät lag es nicht. Aufgeladen, Empfang und der Klingelton an.

      „Pâgescu weiß doch auch, dass Heyer tot ist. Das stand ja groß und breit in den Zeitungen und wurde sogar in den Nachrichten erwähnt. Wenn dann plötzlich jemand anruft und Heyers Namen nennt, muss doch auch der Dümmste misstrauisch werden. Und Heyer hat nicht erwähnt, ob Pâgescu dumm ist ...“

      Ich musste Chrissis Ausführungen bestätigen. Aus jetziger Sicht war es nur logisch, dass unser Plan schiefgehen musste. „Tja und was nun?“, seufzte ich. Oberstaatsanwalt Eberson würde nicht erfreut über unseren Fehlschlag sein.

      „Ich spreche morgen mit Sam. Warten wir erst einmal ab, was Sam und Bernd dazu sagen. Bis dahin bleiben wir auf jeden Fall bei unserer Rolle.“ - „Ich könnte Pâgescu noch einmal anrufen und etwas mehr auf Anrufbeantworter sprechen. So, wer ich bin und so weiter“, schlug ich vor. Chrissi winkte ab. „Warte noch damit, Jonathan. Vielleicht ist das eine ganz gute Idee, vielleicht auch nicht. Ich spreche mit Sam, bis dahin halte die Füße still.“

      Ich nickte. „Gut, dann fahre ich jetzt nach Hause - also in Heyers Wohnung. Kommst du morgen zu mir, oder soll ich noch einmal hierhin kommen?“ - „Weder noch, Jonathan. Wir treffen uns morgen in Rheydt. Zum Mittagessen bei Chez Duedo. Da kannst du dich für meine Kochkunst bedanken. Einverstanden?“

      Ich nickte. Nun ja, Curry - Erwin wäre zwar als Ausgleich für ein paar Spaghetti eher angebracht, aber was tat man nicht alles für eine Kollegin … Außerdem