Violet - Verfolgt / Vollendet - Buch 6-7. Sophie Lang. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sophie Lang
Издательство: Bookwire
Серия: Violet
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189727
Скачать книгу
den Maschinen saßen Typen mit Helmen. Der eine trug Jeans und Lederjacke, der andere kurze Hosen und ein schwarzes Shirt mit weißem Totenschädel aufgedruckt. Den mit dem Totenschädel nannten sie Thunder und den anderen Storm. Sie waren die einzigen Menschen, die unter den Symbionten lebten. Die einzigen Jungs.

      Die zwei Motorradhelden kamen direkt vor mir spektakulär zum Stehen. Oh mein Gott, ich kann mich nicht an eine zweite Szene in meinem Leben erinnern, in der ich so erschrocken bin. Sie wussten genau, dass ich da war. Und sie verhielten sich wie geschlechtsreife Kerle auf Brautschau. Ziemlich schnuckelige Kerle, was ich mir eingestehen musste, als sie ihre Helme abnahmen und mich neckisch angrinsten.« Ich muss lächeln, höre weiter wie gebannt zu.

      »Thunder hatte pechschwarze Haare, so wie ich, und seine Augen waren so schwarz, als würde er keine Pupillen besitzen. Mitten über seine rechte Wange verlief eine lange, ausgefranste Narbe, die ihm seinen Namen eingebrockt hatte. Die Narbe stieß mich aber nicht ab, sie, sein schmales Gesicht und sein langes Kinn machten ihn sogar ziemlich umwerfend. Er stieg von seiner Kiste ab und eine Aura von Kraft und Selbstsicherheit strahlte mich an.«

      Hope macht eine kurze Pause. Um sich zu erinnern oder in den Erinnerungen zu schwelgen. Ich kann nur raten.

      »Ich glaube, ich muss ihn ziemlich idiotisch angeglotzt haben, als er mir seine Hand zum Gruß hinstreckte. Ein winziges Lächeln spielte auf seinen Lippen, als er mir seinen Namen verriet. Ich bin Thunder und du siehst gut genug aus, um dich nicht hinter einem Schild, der scheinbar unsichtbar macht, verstecken zu müssen, sagte er.

      »Wie konnte er dich sehen?«, unterbreche ich Hope.

      »Seine Augen waren nicht wirklich pechschwarz. Er trug künstliche Linsen, die ihm das ermöglichten. Manche Symbionten verfügen auch über erstaunliche technische Fertigkeiten. Selbst Flavius könnte da noch so einiges lernen. Ich ließ meinen Schild verschwinden und Thunder sagte dann zu mir, dass ich sogar so hübsch wäre, dass er mich in seinem Fanclub aufnehmen würde, aber nur, wenn ich ihm meinen Namen verraten würde. Boah, das gab es ja wohl nicht, dachte ich. Was der sich einbildete. Als würde ich das wollen? Scheiße, ich wollte. Um alles in der Welt!«

      Ich muss lachen. Hope kann so witzig erzählen.

      »Hope, nannte ich ihm damals voll schüchtern meinen Namen. Dann trat der andere Junge aus Thunders Schatten und oh mein Gott Freija, ich erstarrte. Sein Name war Storm und seine Augen! Die waren irisierend, überwiegend blau und doch wechselten sie ständig ihre Farben wie ein Wetterleuchten. Okay, ich musste ruhig werden und ein vernünftiges Hallo zustande bringen, sagte ich mir immer wieder. Ich musste mich einfach normal benehmen und die Tatsache aus meinem Kopf verbannen, dass die zwei ultimativ atemberaubendsten Typen vor mir standen, denen ich jemals begegnet war. Nicht, dass ich bis damals vielen Jungs begegnet war, aber niemand in ganz Sektion 0 sah so gut aus. Alle nennen mich Storm, sagte er. Und mich Hope, gab ich zu verstehen, so als wäre er taub und hätte das nicht schon längst mitbekommen. Himmel, die Situation war so abgefahren. Da versteckst du dich monatelang im Wald und dann finden dich zwei süße Typen. Thunder und Storm grinsten mich an und ich grinste auch, stand da mit feuerrotem Gesicht und wollte vor Scham mit dem Boden verschmelzen.«

      »Du kannst rot werden?«, lache ich.

      »Damals war das meine natürliche Gesichtsfarbe, sobald mir einer der beiden über den Weg lief. Da war ich noch jung und unerfahren«, sagt Hope und zwinkert mit einem Auge.

      »Erzähl sofort weiter«, flehe ich sie an.

      »Nun, die zwei nahmen mich mit. Bis nahe an die Grenze zu Sektion 2. Einer der angeblichen Zuchtsektionen. Grausam. Keiner wagte sich über die Grenze. Alle fürchteten die Bestien. Schon verrückt. Wo wir doch alle, die dort lebten, Symbionten waren und jeder eines dieser Biester in sich trug. Ich hatte bis dahin noch nicht viele Symbionten gesehen. Nur meine Mutter, um genau zu sein. In der Siedlung gab es kleine Steinhäuser, die gerade mal ein Schlafzimmer und ein Badezimmer und eine kleine Küche hatten. Es gab weder Strom noch fließendes Wasser.

      Alle, die dort lebten, waren schon irgendwie Verrückte. Aber sind wir das nicht auch? Mich eingeschlossen, lebten dort 15 Menschen, 13 Symbionten und Storm und Thunder. 15 Menschen, die jünger als 18 waren und alle waren wir nicht normal.

      Alles war umsäumt und geschützt von den Bäumen, dem unfassbar großen Wald. Von dort aus konnten wir die Drohnen in der Ferne die Grenze bewachen sehen, aber wir passten auf, dass wir nicht gesehen wurden. Es war ein Zufluchtsort, von dem niemand etwas wusste außer denen, die dort lebten. Ich dachte, ich könnte ewig mit ihnen zusammen sein.

      Um uns zu waschen, gingen wir runter an den Fluss. Strom zum Kochen brauchten wir keinen, da wir nichts aßen. Wasser reinigte uns von außen und von innen und ließ die Energie in uns besser fließen.

      Darauf konnten wir nicht verzichten. Ich hatte mich damals schon daran gewöhnt, dass ich trotz des Fastens nicht abnehme und wahrscheinlich nie mehr feste Nahrung benötigen würde. Von ihnen habe ich gelernt, dass Nahrung eine Form der Energieaufnahme ist, die für Symbionten nicht besonders effizient ist. Um den Energiedurst, den ich damals empfand, zu stillen, hätte ich den ganzen Tag nichts anderes tun müssen als essen, essen, essen. Wie ein Brontosaurus oder etwas anderes Großes.

      Aber anstatt zu essen, bezog ich die Energie nun aus der Atemluft. Ich habe gelernt, den Sauerstoffgehalt in der Luft zu verbrennen, wie ein Motor, wie Adams schwarzer Sportwagen. Sie brachten mir bei zu tanzen und der Tanz mit der Natur erhöhte mein Energielevel von Tag zu Tag mehr. In mir loderte ein Feuer. Tag und Nacht.

      Den größten Teil der Tage verbrachte ich damit zu lernen und zu üben, wie ich meine symbiontischen Fähigkeiten besser kontrollieren konnte. Alle, die dort lebten, taten das. Jeden Tag. Außer Thunder und Storm. Sie spielten die Rolle der Beschützer, auch wenn das lächerlich war. Jedes der Mädchen konnte gut selbst auf sich aufpassen.

      Fast alle, die dort lebten, konnten schon den direkten Kontakt mit ihrer Energie herstellen. Viele waren einfach nur körperlich übermenschlich stark und schnell, aber manche hatten auch andere außergewöhnliche Fähigkeiten. Ich war eine davon. Meine Bestie legte einen Schleier der Unsichtbarkeit auf uns, sodass uns die Vollstrecker nicht sehen konnten. Ich war eine perfekte Ergänzung für alle. Niemand konnte sich so ungeschützt bewegen, bis zu dem Tag, als ich gekommen war und alles Tag und Nacht in Verborgenheit unter meinem Schild einhüllte. Mir war es ein Rätsel, wie es mir gelang, so einen starken und großen Schild aufrechtzuerhalten. Ich glaube, nein ich weiß, wenn wir uns in der Nähe anderer Symbionten befinden, dann verstärken sich unsere Kräfte. Und je mehr wir sind, desto größer ist dieser Effekt. Ich konnte danach nie mehr einen so mächtigen und großen Schild erschaffen.

      Viele Fähigkeiten der Symbionten, die dort lebten, waren mehr auf Schutz als auf Angriff ausgelegt. So wie meine heilenden Hände und meine beruhigende Stimme.

      Dort lebten Symbionten in Einklang mit der Natur der Dinge und wir hatten Zeit, uns alle gut kennenzulernen. Ich möchte dir von Dreien, die mir sehr nahe standen, erzählen. Ich zählte sie schon nach sehr kurzer Zeit zu meinen besten Freundinnen. Nicht nur, weil sie mich jeden Tag trainierten oder meine Fähigkeiten testeten oder weil ich sie so toll fand und unbedingt wollte, dass sie mich auch mochten.

      Nein, ich hatte bei ihnen tatsächlich das Gefühl, dass sie mich liebten, weil sie viel mehr wussten über die Wahrheit. Wie alle Dinge, alle Lebewesen miteinander verbunden waren. Sie gaben mir immer das Gefühl, dass ich kein abgekapselter Tropfen war, sondern ein Teil des Ozeans. Ich denke, du verstehst, was ich meine?«

      Ich nicke verständnisvoll.

      »Also, die drei, von denen ich dir erzählen möchte, sind: Floe, Syndra und Awokyn.

      Awokyn war das Irokesenmädchen. Von ihr kenne ich den Indian Summer. Sie war meine liebste Freundin, auch wenn sie nur sehr selten gesprochen hat, haben wir uns blind verstanden. Sie verwendete nur dann Worte, wenn es überaus wichtig war. Sonst verständigte sie sich nur durch Gebärden. Sie hat mir ihre Zeichensprache beigebracht und auch, wie ich mich und andere heilen konnte.«

      Hope malt etwas Wunderschönes vor meinem Gesicht in die Luft. Eine Art Kreis. »Der Kreis