Franz Kafka. Bernd Oei. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bernd Oei
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753174839
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      Bernd Oei

      Franz Kafka: Mein Leben ist Zögern vor der Geburt

      Grenzgänger zwischen Philosophie und Poesie

      Bernd Oei

      Franz Kafka

      Mein Leben ist Zögern vor der Geburt

      Literaturwissenschaft

      Impressum

      Texte: © 2021 Copyright by Bernd Helmert

      Umschlag: © 2021 Copyright by Belinda Helmert

      Verantwortlich

      für den Inhalt: Bernd Oei

      Malerstr. 63

      28207 Bremen

      [email protected]

      Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

      Inhalt

      Prolog 7

      I. Biografie oder Leben am Abgrund 10

      I. 1. Vor dem Ausbruch der Krankheit 10

      I. 2. Die gelöste Verlobung 15

      I. 3. Fieberträume oder die Agonie des Verstummens 19

      I. 4. Das Vater - Sohn Verhältnis 21

      I. 5. Die Frauen Kafkas 28

      I. 6. Das literarische Umfeld (Prager Kreis) 35

      I. 7. Die Rolle des Judentums 38

       I. 8. Gleichnischarakter von Tieren 43

      II. Tagebücher 46

      II. 1. Selbstinterpretation 46

      II. 1. 2. Schreiben als physischer Prozess und Reinigung 48

      II. 3. Der Kampf um Gott mit Pascal 52

      II. 4. Selbstgespräche 53

      II. 5. Träume 58

      II. 6. Verwandlung in Zeit-und Raum 60

      III. Komparatistik mit Zeitgenossen 64

      III. 1. Robert Walser, „Jakob von Gunten“ 64

      III. 2. Ernst Weiß, „Die Galeere“ 69

      III. 3. Franz Werfel, „Der Abituriententag“ 72

      IV. Komparatistik mit Vorläufern 76

      IV. 1. Heinrich von Kleist 76

      IV. 2. Sören Kierkegaard 83

      V. 3. Friedrich Nietzsche 94

      IV. 4. E. T. A. Hoffmann 101

      V. Philosophische Stimmen 116

      V. 1. Albert Camus 116

      V. 2. Dieter Leisegang 118

      V. 3. Walter Benjamin 122

      V. 4. Theodor Adorno 126

      V. 5. Hannah Arendt 131

      V. 6. Martin Heidegger 134

      V. 7. Jaques Derrida 138

      V. 8. Jean Francois Lyotard 140

      V. 9. Gilles Deleuze 142

      V. 10. Michel Foucault 143

      V. 11. Roland Barthes 144

      V. 12. Georges Bataille 148

      V. 13. Maurcie Blanchot 149

      VI. Romane 153

      VI. 1. Amerika 153

      VI. 2. Der Prozess 169

      VI. 3. Das Schloss 191

      VII. Erzählungen 212

      VII. 1. Das Urteil 212

      VII. 2. Ein Landarzt 218

      VII. 3. Die Verwandlung 225

      VII. 4. In der Strafkolonie 236

      VII. 5. Die Sängerin Josefine oder das Volk der Mäuse 245

      Epilog 252

      Literaturverzeichnis 255

      1 Prolog

      Ungeduld erschien ihm als größtes aller Laster und so erklärte er sein Zögern zu einer Tugend. Ihn verstehen zu wollen, hieße ihn vom Ende her denken zu können. „Was zuerst in Erinnerung kommt, wenn man darüber nachdenkt, was für Geschichten Kafka eigentlich erzählt, sind Geschichten vom Ende. Es ist der Untergang einer Welt, der da erzählt wird, das Verslöschen und Verschwinden des Menschlichen.“1

      Über Kafka ein Buch zu schreiben, scheint vermessen oder trivial; denn alles über ihn erscheint bereits gesagt. Die Motivation, es dennoch zu wagen, erfolgte aus drei Gründen: erstens gehört er in die Reihe der „Grenzgänger“ – sowohl aufgrund der selbstzerstörerischen Leidenschaft für das Schreiben und der Unmöglichkeit, einer bestimmten Epoche oder Weltanschauung zuzuordnen, als auch aufgrund seiner Vorliebe zu anderen Grenzgängern Kierkegaard, Nietzsche, Kleist, Dostojewski und Flaubert. Zweitens wird in folgender Monografie das Leben nicht als bestimmendes, sondern ergänzendes Erklärungsmodell herangezogen. Drittens spiegelt das Buch Kafka philosophische Reflexionen und philosophische Kommentare über den Autoren. Dabei tritt das Zusammenspiel von Form und Inhalt hervor.

      Vieles von ihm blieb Bruchstück und als Fragment erscheint nicht nur sein Leben, sondern die durch den Weltkrieg auseinanderfallende Epoche. Da Kafka keine für ihn tauglichen Vorbilder findet, schafft er sich auf künstlerische Weise eine eigene Sprache und damit Identität; er erfindet sich selbst. Reale Welt des Lebens und ideale Welt des Schreibens interagieren in Kafkas Fall wie Traum und Erwachen.

      Um die Jahrhundertwende bietet Prag ein einzigartiges Kaleidoskop diverser Ethnien und poetischen Nährboden. Zum Prager Kreis gehören so unvereinbare Poeten wie Rilke, Werfel, Winder, Meyerink, Kisch, Weiß. Brod und Janowitz. Symptomatisch für sein unstetes Wesen ist, dass es Kafka meist nur zu Kuraufenthalten verlässt und dabei neunmal innerhalb meist desselben Stadtviertels seine Wohnung wechselt.

      Bezeichnend erscheint auch der Tod Kafkas: erstens aufgrund seiner Krankheit in Unfähigkeit, sich zu artikulieren, zweitens außerhalb Prags. Kurt Krolop hält fest, dass er nach eignen Erfahrungen bei Kriegsende als Deutscher in der Tschechoslowakei seiner Ausweisung, hätte man ihn gefragt, sofort zugestimmt hätte, weil ihm eine eigene Identität, ein halbwegs eigenständiges, selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich schien.2

      Erst mit 30 Jahren bekennt er sich zu seinem künstlerischen Schaffen, dennoch bleibt Kafka übermäßig von Familie und seinen von Bindungsängsten geprägten Beziehungen zu Frauen geprägt. Der Wunsch nach einer Verwandlung und der Zwang, zu beobachten oder die eigene Handlungsweise zu rechtfertigen, stehen auch literarisch im Vordergrund.

      Das erste Kapitel beleuchtet perspektivisch das enigmatische Werk, teilweise aus analytischer Außenperspektive und partiell aus poetischer Introspektion. Die an seinen Tagebüchern orientierten Abschnitte zollen Kafkas Umfeld und seiner von Angst und Zögern geprägten Empfindungen Tribut.

      Im zweiten Teil der Studie rückt der Einfluss der von Kafka rezipierten Autoren in den Fokus. Dies stiftet Vergleichsmöglichkeiten zur zeitgenössischen Literatur und vier, von Kafka selbst hervorgehobenen, Einflussquellen und Lesegewohnhei-ten. Wer Kafkas Schriften wenig kennt, wird sich vielleicht verloren fühlen oder aber Anreiz finden, sie (neu) kennenzulernen. Um es mit Susan Sontag zu formulieren: Kafka erzeugt eine „Sackgasse des Glücks.“ Sich selbst finden heißt auch immer gegen sich denken zu lernen. Schreiben wohnt die Doppelexistenz des Konstruierens und Destruierens inne.

      Die anschließende Komparatistik mit Walser, Weiß und Werfel dokumentiert, dass Entfremdung, Identitätskrise und Gewalt die Epoche prägende Leitmotive für die Kunst sind, aber auch, welche disparaten Formen der Kritik, Ablösung aus den Ruinen des Denkens und Erneuerung – von Robert Musil