Der Haken ist in uns. Jutta, denk an die tägliche Fahrt zur Arbeit; auch diese 15 Meilen werden dir eines Tages auf die Nerven gehen. Und nach einem anstrengenden Nachtdienst! 15 Meilen über kurvige, enge Landstraßen. Lass uns noch nicht zusagen! Warten wir noch ab, ob nicht doch noch in Truro...es wäre besser. Also warten wir.
Und da! Ja, was ist das? Ein Anruf von einem Maklerbüro! Jutta kommt angeflogen. Die haben was für uns! Genau das, was wir wollen, und ich wüsste Bescheid. Wüsste Bescheid? Ich krame im Gedächtnis, nichts zu finden, aber gut, ich habe mit vielen Maklern gesprochen. Also, nichts wie hin! Die Adresse. Wir nehmen den Stadtplan zur Hand und suchen. Wo soll das sein? Direkt am Truro College? Das muss eine schöne Gegend sein, rede ich mir ein, mit schönen Häusern und alten Bäumen. In der Stadt, zivilisierte Gegend, ich sehe mich schon im Pub sitzen, anregende Gespräche, akademische Kontakte, Künstler, Musiker, Literaten, meine Welt! Wo ist diese verflixte Straße? Im Stadtzentrum ist sie nicht zu finden, aber sie muss doch...muss sie nicht! Ich sehe sie. Ich kenne sie. Aus Höflichkeit fahren wir hin, sehen uns die Mörtelbottiche an, winken den drei Menschen zu, die sich immer noch was erzählen, zählen die Kabel, die aus der Wand hängen; es sind noch alle da.
Wir geben uns geschlagen, fahren zu des Maklers Domizil, werden lächelnd begrüßt und zu BBQ eingeladen. Wir haben ein Dach überm Kopf, wenn es denn fertig wird in vier Tagen. Ein klein wenig gibt es auch noch zu tun. Sieben kahle Zimmer wollen gerne möbliert werden. Also suchen wir geschwind die Gelben Seiten nach Second HandMöbeln durch. Kein Problem, wir brausen los, betreten einen Laden, schauen kurz auf die
Preisschilder und stützen uns an einem der wackeligen Tische ab. Für dieses Mobiliar ist der Ausdruck «second hand» nur eine mathematisch sehr vage Beschreibung. Wahrscheinlich sind die Hände und Hintern, die sich auf diesem Schrott breitgemacht haben, nicht zu zählen. Wenn man in Deutschland so etwas in den Sperrmüll gibt, erregt man öffentliches Ärgernis.
Wir überschlagen das von uns Benötigte, addieren die Preise und wundern uns, wie teuer es sein kann, einen Neubau in eine Müllhalde zu verwandeln.
Aber das war schließlich nur ein Laden, in einer einzigen Stadt! Was sagt das schon aus? Nach sieben Läden und vier Städten stellen wir diese Frage nicht mehr und trinken unseren Tee seufzend. Was sollen wir bloß machen?
Alles neu einrichten? Unsummen ausgeben? Wehmütig denken wir an unsere zerhackten Möbel daheim, und immer größer wird der Zorn auf die vollkommen verblödete Wohnungsmanagerin, die uns diesen teuren Zirkus eingebrockt hat. Was hätten wir für Möglichkeiten gehabt! Innerhalb eines halben Jahres hätten wir ein maßgeschneidertes Haus finden können.
Wie gut, dass die Kinder unseren Kummer nicht zu teilen brauchen. Sie sind den ganzen Tag im Pool und spüren nur, dass wir sehr beschäftigt sind, genießen aber ansonsten ihre Ferien.
Jutta und ich sitzen am Tisch und sehen uns plötzlich an. Ob sie nicht auch denkt, was ich gerade denke? Ob sie nicht auch denkt, Truro hin oder her, wir hätten dort ein sehr teures Haus mit teurem Schrott gefüllt, ob sie...? Ich spreche meine Überlegungen nicht ganz aus, da sind wir schon auf dem Weg, wir laufen, ob das Haus noch zu vermieten ist? Da soll noch eine andere Familie sein, die...wir laufen schneller, ob jemand zu Hause ist? Da sind wenigstens Schränke, wo wir unsere Sachen...und 200 Pfund weniger im Monat, wir rennen über die Straße, drücken den Klingelknopf.
Oh yes! Ja? Ja! Gail ist eine Seele von Mensch. Sie stellt uns Möbel ins Haus, wir können einziehen! Nur einen Tag später hätten wir unsere Ferienwohnung räumen müssen. Endlich sind wir gelandet. Am selben Tag ruft uns das Maklerbüro an: der Scheck ist geplatzt. Jetzt ist das Glück vollkommen.
Das Rätsel der Patrone (nicht von Chandler)
An diesem Abend wollte ich eigentlich mit der drallen Blondine von nebenan mal bei Smiley's Imbiss vorbei, 'n bisschen Hähnchen halten, Zucker reden, na Sie wissen schon, als so'n Typ mit nem vorgehaltenen 38er Füller meine Pläne änderte. Der Gorilla schubste mich in seine Limousine und machte ne kleine Stadtrundfahrt. Ich sah ihn genauer an. Das war 'n smarter Typ, der Leute wie mich gerne als Grundstein für'n Bürohaus nimmt, also schön ruhig bleiben, dachte ich.
Plötzlich stoppte er vor einem dieser Bürobedarfsläden, die diese Jungs gerne als Unterschlupf nehmen. So'n Typ mit gelben Zähnen und nem roten Pullover mit Firmenschild drauf war auch nicht schlecht auf Draht. Eh ich muh sagen konnte, entfernte er die Patrone aus meiner Hand und hielt sie gegens Licht.
«Gute Arbeit, Richter, 'n deutscher Gruß, was? Wer hat sie dir verpasst?»
Der Typ hielt mir seinen 45er Markenfüller direkt zwischen die Augen.
«Göbelhoff», sagte ich ziemlich flatterig, denn ich hatte ne Mordsangst vor nem Tintenspritzer.
«Red keinen Scheiß, Richter, sonst gibt's ne blaue Bohne auf deinen Maßanzug, geht schlecht raus, Richter!»
«Ich schwör's dir, Göbelhoff hat sie mir verpasst. Es war nach dem Krieg, alle war'n bisschen durcheinander.»
Er rief seinen Wachhund, und der schleppte meinen Gruß aus Old Germany ins Labor. Ganz schön clever, dachte ich noch. Kupfern deutsche Patronen ab und überschwemmen mit ihrer britischen Tinte den Weltmarkt. Zwanzig Minuten später kam so'n Weißkittel raus mit nem gar nicht so üblen Plagiat.
Sie hätten nicht Ringelreihen tanzen soll'n. Ich warf mich zur Seite und zog meinen MegaFüller, Spezialanfertigung, versaut in 10 Sekunden 20 Anzüge. Jetzt standen sie da in ihren 500 Pounds-Anzügen und zitterten um die Wette.
Rückwärts wie'n ängstlicher Köter schlich ich zum Ausgang. Draußen warteten schon die Bullen und Betsy, mein draller Schwarm stand da mit 'n paar Hähnchen und Chips. Noch mal gutgegangen, dachte ich.
Knappe Sache. Mit der Tintengang sollte man nicht zu lange im Clinch liegen, kann ne schmutzige Sache draus werden.
Sie sind da!
Als ich heute morgen das Labor betrat, sah ich sofort den Zettel. «Sie sind da!» hatte jemand hastig gekritzelt und den Zettel direkt vor die Tür gelegt. Es musste etwas Furchtbares passiert sein. Dr. Bremers Gesicht war zu einer Donald Duck-Grimasse erstarrt und schaute direkt aus einem Monitor heraus. Natürlich war er tot. Hatte er den Zettel geschrieben? Kurz vor seinem Tod? Und wer hatte ihn verunstaltet und durch den Monitor geschoben?
Ich öffnete den Tresor und überflog unsere letzten Aufzeichnungen. Wer sollte die gelesen haben? Die Tresorkombination «Maggiwürze» war top secret, nur Bremer und ich wussten davon. Irgend etwas ging hier vor. Aber was?
Ich durchsuchte Bremers Kittel. Nichts außer seinem Schuhspanner und dem Päckchen Zahnpflegekaugummi, Utensilien, die er immer bei sich trug. Es war gerade 6 Uhr. Warum war er heute so früh ins Labor gegangen?
Er kam sonst nie vor 8 Uhr.
Ich versuchte sein Gesicht zu richten, aber die Totenstarre hatte schon eingesetzt und plötzlich sah er aus wie Angela Merkel. Wie sollte ich das seiner Frau erklären? Ich musste die Polizei anrufen. «Sie sind da!» Was hatte er mir mitteilen wollen? Die Botschaft war für mich bestimmt. Er wusste, ich würde wie immer um viertel vor 6 kommen. Hatte es was mit unserem Forschungsprojekt zu tun?
«Wer tut so etwas Furchtbares?», fragte mich der Kommissar, «Angela Merkel! Woran haben Sie zuletzt gearbeitet? Hatte er Feinde?»
«Feinde? Nur seine Frau. Wir erforschten Paralleluniversen. Dr. Bremer war der Ansicht, dass Bewohner von Paralleluniversen zu uns kommen können. Direkt durch die Getränkeautomaten.»
«Gibt es in diesem Labor einen Getränkeautomaten?» Ich zeigte ihm die fünf Automaten. Bremer hatte sich auf die Fantaschacht-Hypothese versteift.
«Sie kommen durch den Fantaschacht», hatte er oft gesagt. Ich war nicht sicher.
«Woran wollen Sie einen Parallel-Menschen